Reviews World 03-12

* soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

 Sly & Robbie - 2011: Blackwood Dub
 
 Groove Attack
 
 
 
"Shabby Attack" - mit dem zweiten Track der neuen CD mit Dub-Instrumentals spielt sich das notorische Real Drum & Bass-Duo zumindest warm. Dann bleibt es - bei wie erwartet makellos-messerscharfem Sound - solide, eine durchweg zündende Granate ist leider nicht unter den 10 Tracks. Innerhalb der jamaikanischen Szene gibt es wohl kaum Künstler, mit denen Dunbar & Shakespeare nicht im Laufe der jahrzehntelangen Karriere kollaboriert hätten - von Ihrem Standing künden in Kingston immer wieder Transparente zu den neuesten Aktivitäten der Riddim Twins, die sich trotz weltweit verzweigter Kontakte eigentlich stets dezent im Hintergrund gehalten haben. „Blackwood Dub“ nahmen die Zwei mit langjährigen Weggefährten wie Gitarrist Mikey 'Mao' Chung oder Percussionist Uziah 'Sticky' Thompson auf, im legendären Harry J Studio (u.a. 'Catch A Fire', 'Burnin' & 'Natty Dread' (Vinyl upcoming...)). Mit den 50 Jahren sogenannter Unabhängigkeit Jamaikas können nicht alle Künstler der Insel viel anfangen, das langerwartete erste reine Dub-Album seit Jahren von Dunbar & Shakespeare, das als 6-Fold Digipak, LP-Vinyl mit Poster & limitierte Picture-Disc erhältlich sein wird, ist gleichwohl willkommen. Play 2,3.

Rodrigo Y Gabriela - "Area 52"
PIAS - Rough Trade


Mexiko vs. Kuba - für das energiegeladene vierte Studioalbum des Gitarrenduos Rodrigo y Gabriela kam das 13-köpfige Orchester C.U.B.A. von der größten Karibikinsel zum Einsatz. Für das von Peter Asher (Bandbreite von James Taylor über 10.000 Maniacs bis hin zu Diana Ross) und Rodrigo co-produzierte Werk haben die beiden Gitarrenwizzards neun ihrer Lieblingssongs mit Alex Wilson (u.a. Courtney Pine und Ernest Ranglin) neu arrangiert und überarbeitet. Die Aufnahmen fanden während des Sommers 2011 in den Abdala Studios in Havanna und später im Rod & Gab-Atelier im heimischen Ixtapa, Mexiko statt. Als Gäste schauten Anoushka Shankar, natürlich an der Sitar, Rock-Drummer John Tempesta (The Cult), Jazz-Bassist Carles Benavent (Miles Davis, Chick Corea) und die palästinensischen Oud-Virtuosen Le Trio Joubran vorbei. Als CD sowie CD/Making of-DVD im Regal. www.rodgab.com
 












 
 
 Giulia Y Los Tellarini - L`Arrabbiata 
 Maik Maier / Harmonia Mundi
 
 

Gerade waren sie im Rahmen einer Europatournee in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs: Giulia y Los Tellarini. Nach dem Einsatz von Barcelona" in Woody Allens "Vicky Cristina Barcelona" 2008 glaubt man kaum, dass "L´Arrabbiata" erst das zweite reguläre Album der Band aus Barcelona ist. Die Spielfreude der Spanier um die italienische Sängerin Giulia Tellarini (die ihren Job auch auf Französisch und Englisch versieht) hat sich jedenfalls gehalten und dringt sozusagen aus jeder Rille (hätten wir noch Vinyl zur Beurteilung). „L’Arrabbiata” bedient sich einer Vielfalt scharfer Zutaten wie Bossa, Gypsy Swing, Bolero, Vaudeville, Flamenco, Folkpop und Theatermusik. Ein mediterraner Latin-Cocktail, bunt instrumentiert mit einem Instrumenten-Arsenal von Gitarren & Akkordeon über Charango bis Trompete & Saxophon. www.giuliaylostellarini.com

 


 
 
 Jewrhythmics
 
  Essay / Indigo
 
 
 
Yiddish-Disco und Synthie-Pop aus der Szene Tel Avivs. Diese gar nicht so abseitige Kombination hat nicht nur unbestreitbar einen gewissen Unterhaltungswert, sondern birgt darüberhinaus Überraschungen: Das für Surf- und Popkenner stets mit Dick Dale in Verbindung stehende, tatsächlich aber aus Griechenland stammende "Misirlou" hat bereits seit 1943 auch einen jiddischen Text und wird quasi zu Recht "heimgeholt". Das "Jewrhythmics"-Duo Vladimir Lomberg & Ilya Dmiriew schickt sich auch auf den restlichen 8 Tracks an, mit diversen Gastvokalisten und einem Arsenal von analogen Sythesizern und Keyboards die Bar Mitzwas von Jaffa bis Moskau aufzumischen. `Serving the chosen´ ist das Motto - ein Album lang ganz amüsant. www.jewrhythmics.com
 


 
 
 Dotschy Reinhardt - Pai Sindhu
 
 Galileo MC
 
 
 
In ihre beiden ersten Alben "Sprinkled Eyes" und "Suni" ließ die Django- Nachfahrin Dotschy Reinhardt immer wieder typische Gypsy-Jazz Elemente einfließen, während sie parallel die Sinti-Sprache Romanes für sich (wieder) entdeckte. Die Suche nach den eigenen Wurzeln dokumentierte die junge Frau in einem Buch über die Geschichte ihrer großen Familie. "Pani Sindhu" führt diesen Quest über sprachliche Querverbindungen zwischen Romanes & Urdu weiter nach Indien. Vor etwa 1000 Jahren verließen die Sinti ihre Heimat im alten Nordindien, hier beginnt ihre Geschichte als fahrendes Volk mit einer eigenen alten Kultur, aber ohne Heimat. Gemeinsam mit Pianist und Arrangeur Christian von der Goltz, Begleitmusikern wie Alexey Wagner und Lancy Falta sowie Indischen Musikern widmet sich Dotschy Reinhardt einer Mischung aus indischen Rhythmen & Klängen mit Jazz und Gypsy Swing. Das klingt nach wackeligem Beginn stellenweise durchaus interessant, auch wenn aus Dotschy wohl keine große Sängerin mehr wird.

 

 
 
 Studio One Records / Mighty Sparrow - Sparrowmania / Rangarang /
Daribu Afrobeat Arkestra / Original Sound of Cumbia / Lee-Perry - High Plains Drifter
 
 Various Artists - Soul Jazz / Indigo * Strut / Alive * Vampisoul * Tramp / beide: Groove Attack *
Soundway / Indigo * Pressure Sounds / Groove Attack CATALOG-HIGHLIGHTS IM SCHNELLDURCHLAUF...
 
 
 
1- "The Legendary Studio One Records" flankierte im Herbst letztes Jahres das Erscheinen des 200-seitigen Bildbands "Cover Art Of Studio One Records" bei Soul Jazz. Die kompakte Werkschau (naturgemäß nur eine Stichprobe) von Clement `Sir Coxsone´ Dodds Studio One, dem sicherlich wichtigsten schwarzen Label der jamaikanischen Musikgeschichte. Ska und Rocksteady, Roots und Dub von Größen wie iThe Skatalites, The Maytals, Horace Andy, Marcia Griffiths, Ernest Ranglin und The Heptones. Coxsone sound, number one sound. TIPP! & VINYLTIPP!
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2 - Wer sich außerhalb von Jamaika in der Karibik umtut, wird alsbald mit dem Stellenwert von Superstar Slinger Francisco aka Mighty Sparrow konfrontiert. Der `King of Calypso´ aus Trinidad veröffentlichte in über 40 Jahren mehr als 300 Alben. Die hier dokumentierte Phase zwischen 1962 und ’74 ist dabei besonders schmissig und interessant. Mit Big Band- und Latin-Sounds, Funk-, Soul- und Boogaloo-Infusionen peppte der innovative Sparrow das Genre merklich auf. Seine Texte und die Vocal Performances zwischen politischem & gesellschaftlichem Anspruch, Anzüglichem und lautmalerischem Wahnsinn sind legendär. Become a sparrowmaniac & play "Bongo", "Congo Man", "The Slave", "Kennedy & Krushchev", "Oriental Touch" oder "Big Bamboo" - wit, wisdom & soul indeed. TIPP! & VINYLTIPP!
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3 - Ausstattungs-Heavyweight aus dem Hause Vampisoul. Aus einer im Westen so wenig repräsentierten Ecke der Welt saugt mder interessierte Hörer hier vorgestellte Pop-Juwelen aus vorrevolutionären Zeiten geradezu begierig auf. "Rangarang" versammelt 28 Songs aus der goldenen Ära des persischen Pop - bis 1979. Hierzulande außerhalb der exiliranischen Community wohl kaum bekannte Künstler wie Googoosh, Aref, Leila Forouhar, Mehrpouya oder Kourosh Yaghmaei wurden großteils ins Exil gezwungen. Schon das (im ausführlichen Booklet illustrierte) Styling der Musiker lässt auf das breite Spektrum schließen. Sehr verdienstvolle hispanische Grabungsarbeiten im Nahen (und doch fernen) Osten. TIPP! & VINYLTIPP!


4 - Zwischen die hier versammelten Katalog-Highlights haben sich erfolgreich die Afro-Beat-Streiter des JariBu Afrobeat Arkestra fgemogelt. Ihr gepflegter Retro-Sound würde neben den zahlreichen Reissues originaler Afro Beat-Aufnahmen aus den 60er und 70er Jahren der letzen Zeit kaum auffallen. Insbesondere beeinflusst durch Ikone Fela Kuti, neben dem immer noch schwer aktiven Tony Allen die wichtigste Figur der Bewegung in den 70ern, schrauben die JariBus an der Perfektion des eigenen "Neo Afrobeat-MIx" mit viel Funk & Jazz. Und wo sollten solche Gralshüter afrikanischer Popkultur auch anders herkommen als aus - Japan! video www.tramprecords.com
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5 - Soundway einmal mehr mit einer Reise in die Geschichte kolumbianischer Musik. Auf gleich 55 Tracks geht bis ins Jahr 1948 zurück, zu den ersten dokumentierten Anfängen der Cumbia und der Porro als Subgenre. CD1 beinhaltet Tracks vom Entstehungsort an der karibischen Küste bis nach Zentralkolumbien und Bogota. Die zweite CD dokumentiert die Entwicklung des Stils mittels neuer Instrumente und Einflüsse. Kompiliert wurde von Cumbia-Fan Nr. 1 vor Ort, Will `Quantic´ Holland, dessen neues Album mit dem Quantic Soul Orchestra ansteht, der vorher aber für diese Compilation noch pflichtschuldigst Hunderte alter Schellacks und Vinylplatten durchhörte. Vinyl-Schmankerl: auf 1500 Exemplare limitiert, incl. mit Download-Gutschein und Bonus-Tracks. VINYLTIPP!
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6 - Früher Lee Perry Style mit "High Plains Drifter", der neuesten Pressure Sounds-Ausgrabung. Von 1968 bis 1973 tragen die Produktionen Perrys noch nicht durchgängig den Stempel des manisch-genialen Studio- Spinners. Die 20 Tracks sind gleichwohl bemerkenswerte Fingerübungen, von Upsetter Instrumentals über rumpelnde Trio-Produktionen wie The Bleechers und den Mellotones. Obskure jamaikanische Singles und gar ein Dub-Plate mit einem gänzlich unbekannten Sänger sind hiermit dankenswerterweise endlich für die Nachwelt erhalten.
 
 
Bebe - Un Pocito De Rocanrol / Gianmaria Testa - Vitamia LIVE-TIPP!
 
 Various Artists - EMI Espana * Le Chant du Monde / Harmonia Mundi
 
 
 

Bebe ist eine Rocksängerin aus der autonomen Region Extremadura im Südwesten Spaniens, an der Grenze zu Portugal. Ihr drittes, von Renaud Létang (Manu Chao, Sergent Garcia) im Ferber Studio, Paris produziertes Album bietet mehr als nur ein bisschen Rock'n'Roll, sondern auch die Energie von Clandestino-Punk & Straßenmusik. Das Ganze hat offenbar aufgrund von Top-Chartplatzierungen in Spanien Fürsprecher bei der deutschen EMI gefunden, die die CD nun auch hierzulande veröffentlichen. Ohne Änderungen wohlgemerkt - des Spanischen weniger Kundige werden Übersetzungen der Texte (von denen es eine Menge gibt) im Booklet vermissen.

Play Tracks 3, 5, 7, 9. http://labebeblog.blogspot.com/

Cantautori-Fans aufgepasst, nach der Stippvisite im Münchner Prinzregententheater kommt mit Gianmaria Testa einer der profiliertesten Vertreter des Genres im Februar erneut, diesmal zu einer ganzen Reihe von Konzerten nach Deutschland. Die Vita des Barden bietet in der Tat genügend Stoff für einen veritablen Liederabend: einen Werdegang vom Bahnhofsvorsteher, der nebenbei Gedichte und Lieder schreibt, zum "Leonard Cohen Italiens" haben wohl wenige Songwriter zu bieten. Das von der einschlägigen Presse freudig begrüßte "Vitamia" wurde in nur einer Woche quasi live eingespielt und hat auch für den des Italienischen Unkundigen dreisprachiges Booklet) genügend musikalische Nuancen von zarten Balladen bis hin zu Rockausbrüchen zu bieten. www.gianmariatesta.com Auf Deutschland-Tour vom 11. bis zum 20.2.2012.

 



 
 
 ZdobSiZdub - Basta Mafia! / Lepisto & Lehti - Radio Moskova LIVE-TIPP!
 
 

Various Artists - Record Kicks / Asphalt Tango / Indigo * Pinorrek/ Edel

 
 
 
Wofür der Grand Prix nicht alles taugen kann. Für 160 Millionen Zuschauerkontakte zum Beispiel. Die Moldawier Zdob si Zdub bauten auf der zweimaligen Teilnahme, zunächst 2005 & erneut im letzten Jahr, eine die Landesgrenzen überschreiitende Karriere auf. Ihre energetische Mixtur aus Ska, Rock, Funk, Polka und Balkan Folk mischte zunächst die Grand Prix Audience und dann ein wachsendes Konzertpublikum beispielsweise in Rumänien, Ungarn, Bulgarien oder Österreich. Zdob si Zdub kollaborierten bereits mit Hubert von Goisern und Shantel, den sie für einen exklusiven Remix gewinnen konnten. Mit dem neuen Album „Basta Mafia!“ geht es für Zdob si Zdub weiter in Richtung Alternative Rock - durchaus melodisch. Gesungen wird mehr englisch als moldawisch (die Songtexte sind im Booklet abgedruckt, aber nicht übersetzt). Play Tracks 1- 4, 6, 12 Ab 23.2. bzw. 1.3. sind Zdob Si Zdub auf Tour in Deutschland, am 11.3. im Münchner Feierwerk.
Die beiden Mitglieder der finnischen „Värttinä“, dem Einen oder Anderen vielleicht vom Westpark-Label bekannt, mit ihrem zweiten Duo-Album, nach "Helsinki" von 2009. Akkordeonist Markku Lepistö und Bassist Pekka Lehti zählen seit langem schon zu den Top-Protagonisten der finnischen Weltmusikszene. Auf dem in ein hübsches Akkordeon-Digipak gesteckten Instrumentalalbum „Radio Moskova“ kann man nun erneut die spielerische Virtuosität und das traumwandlerische Zusammenspiel der beiden bewundern, das zwischen Folk & Jazz herumwandert und bis in meditativere, introvertierte Passagen führt. In den letzten Jahren haben L & L in allen Ecken der Welt in den berühmtesten Konzertsälen gespielt – in Deutschland sind sie wieder im April, zur "Jazzahead in Bremen. www.lepistolehti.com
 



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