Reviews World 10-12

* soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

 
The SoulJazz Orchestra - Solidarity
Strut - Alive
 
 

Exploitation ya basta - Solidarität für diesen Souljazz-Afro- & Latinbeat-Hammer ist den Kanadiern auch hierzulande sicher. Die Energie dieses Bühnenkollektivs könnte manchem Gewerkschaftsfunktionär wieder etwas Feuer links unterm Hintern machen. (Dass das wunderbare Retro-Cover sogar schwarz-rot-gold daherkommt, ist wohl eher ein zufälliger Twist). Zum zehnten Geburtstag ihres Bestehens lassen die Kanadier den beiden Studioalben “Freedom No Go Die Manifesto” (2008) und ‘Rising Sun’ (2010) nun "Solidarity" folgen, das bei den bläserverstärkten Grooves noch eine Schippe drauflegt. Großartiger Wall of Sound. Nach einer furiosen CD-Release Show im heimatlichen Ottawa kommt die Band auch nach Europa – bzgl. Deutschland leider nur einmal in den Kölner Stadtgarten - am 31.10. - Heraus zum SoulJazz! www.souljazzorchestra.com
 
TIPP! & LIVE-TIPP!

 
 
 Sofrito International Soundclash / DJ Farrapo & Yanez - Alien Na Favela  
 Various Artists - Strut / Alive * Various Artists - Agogo / Indigo
 
 

Auch nicht von schlechten Eltern. Die Globetrotter vom Pariser/Londoner Soundkollektiv Sofrito, Macher der "Sofrito Super Singles"-Serie, haben bei Strut ein adäquates Tonträger-Äquivalent zu ihren schweißtreibenden Warehouse-Partys vorgelegt. Hugo Mendez & Frankie Francis setzen auf 70´s-Vintage-Grooves aus der Karibik, Lateinamerika und Afrika, die sie auf ihren Reisen aus verstaubten Archiven und den letzten verbliebenen Plattenläden der sogenannten dritten Welt ziehen. "Sofrito International Soundclash" wirft einen Die von Lewis Heriz gestaltete Verpackung im internationalistischen Recycle-Look incl. World-Foldout-Poster rundet das Ganze ab. t. Und Käufer der CD erwartet noch ein Sampler-Download als Bonus. www.lewisheriz.com www.sofrito.co.uk

Und auch die Favela tanzt ab. Singer/Songwriter Yanez Servadei und DJ Giorgio Cencetti (u.a. Remixer für Roy Paci & Ojos De Brujo) a.k.a. DJ Farrapo & Yanez rotieren mit ihren World-Beats seit 2005 auf diversen Compilations, ausgehend von ihrer Homebase in Italien. Für das Hannoveraner Label Agogo Records präsentieren sie auf dem Doppelalbum "Alien Na Favela" moderne Klänge mit starkem Lateinamerika- und Electronica-Touch. CD 1 präsentiert 15 Originale aus eigener Produktion, mit Gästen wie dem angolanischen MC Ikonoklasta beim Titeltrack, auf CD 2 dürfen internationale Remixer-Kollegen wie Drumagick aus Brasilien oder Suonho aus Italien ran. Drum & Bass, Bossa, Breaks & Beats funzen, jetzt müssen die Beiden nur noch Ihr Myspace-Portal sanieren.
 
TIPP


 
 
 Ondatrópica
 
 Soundway / Indigo
 
 

Und auch Will "Quantic" Holland legte ja vor nicht allzulanger Zeit eine veritable Bomba Latino mit "Ondatropica". Die gleichnamige kolumbianische All-Star-Band wird von Quantic und Mario Galeano, Mastermind von Frente Cumberio, als Ensemble für klassische und moderne Spielarten kolumbianischer Musik verstanden, das sich aus Mitgliedern von Frente Cumberio und Quantics Combo Barbaro, sowie regionalen Ikonen wie Akkordeonspieler Anibal Velasquez oder Pianist Juancho Vargas zusammensetzt. Latineskes wie Cumbia, Porro, Gaita und Champeta trifft hier auf schon westlich-infiltriertes Teufelszeug wie Boogaloo, Ska, Hip-Hop, Dub und Funk-Elemente und verschmilzt in der sorgfältigen analogen Produktion zu einem heissen Cocktail. Extrapunkt fürs Cover. Auch als Vinyl-Fassung. www.soundwayrecords.com www.ondatropica.com
 VINYL-TIPP
 
 
 Jewdyssee - 5773 / The Touré-Raichel Collective - The Tel Aviv Session
 
 Panshot / Galileo MC * Cumbancha - Exil / Indigo
 
 

"Jewdyssee crafts cultural history with party-rocking beats in a way that has never ben attempted before" kündigt man sich gleich mal selbstbewusst im Booklet an. Aber war da nicht was? Den kürzlichen Discosynthiepop-Wurf der Tel Aviver Konkurrenz Jewrhythmics zählt das Ensemble um die deutsch-israelische Sängerin Maya Saban wohl bewußt nicht. Der eigene Ansatz ist in der Tat breiter angelegt, auch wenn hier wie dort die Party geschmissen werden soll. Nichts weniger als "jiddische Kultur im 21. Jahrhundert" wird bei Jewdyssee postuliert. En Vogue-Elektroswing-Beats, Trompeten Klarinetten & Geige reichern meist deutlich beschleunigtes jiddisches Liedgut an, das mal als gepresste Andrews Sisters-Kopie, mal mit schräger Girlie-Attitude gesungen wird. Bei Schlager & Deutschrap wirds zu bunt, aber bitte urteilen Sie selbst: Im November & Dezember spielt Jewdyssey sieben Konzerte in Deutschland, u.a. am 24.11. in München. www.jewdyssee.com
Und nochmal Tel Aviv, wo sich der israelische Rastamann Idan Raichel und Desert-Blueser Vieux Farka Touré kürzlich begegnet sind. Resultat: elf Akustik-Tracks, die schnell den Vergleich mit der Zusammenarbeit von Tourés Vater Ali Farka und Ry Cooder provozieren. Das Touré-Raichel Collective belässt es aber nicht bei einer einmaligen Studio-Symbiose zwischen Sahel-Saitenakrobatik und nahöstlicher Piano-Melodieverliebtheit. Gastauftritte der äthiopischen Sängerin Cabra Casey, des Lautenspielers Yankele Segal und Bluesharpspieler Frédéric Yonnet wurden von Produzent Yossi Fine zusätzlich eingebaut. Und: Anfang November spielt man in Deutschland, u.a. am 7.11. im Bayrischen, auf Schloss Elmau.
 
LIVE-TIPP

LIVE-TIPP

 
 
 Layori - Rebirth
 
 Afrojam / Groove Attack
 
 

Die aus Nigeria stammende Layori fällt gleich im ersten Track von ihrer Muttersprache Yoruba ins Englische, was Puristen weniger gefallen wird. Doch die mit einem muslimischen Vater und einer christlichen Mutter aufgewachsene nigerianische Sängerin macht Musik mit Global-Pop-Attitude - Pop, Soul, Traditionelles, Bossa Nova und Jazz sollen nebeneinander bestehen und sich gelegentlich verbinden. Mit "Rebirth", eigentlich bereits ihrem zweiten Album (jedoch das erste auch in Deutschland erhältliche) und Musikern aus Deutschland, Basilien und Aruba im Rücken, muß Layori nun die Erwartungen erfüllen, die ihre moderaten Chartplatzierungen im Ausland und der Auftritt beim Afrika Festival in Würzburg Anno 2010 geweckt haben. Die meisten Songs sind Eigenkompositionen, drei entstanden mit Gitarrist AdrianReiter, ein weiterer als Kooperation mit Wally Warning. www.layori.com
 


 
 
 Habib Koité / Eric Bibb - Brothers In Bamako
 
 Contre Jour / Broken Silence
LIVE-TIPP
 
 
"It´s my first trip to West Africa and I´m pretty sure... it´s gonna feel like coming home", singt der New Yorker Eric Bibb im Opener "On My Way To Bamako" und vergisst auch nicht seinen guten Freund Habib Koité gleich im Text unterzubringen. Der antwortet dreisprachig mit "L.A...Tequila Time". Fast unbedarft wirkt die afroamerikanisch - malische Verbrüderung der Blues- & World-Stars vor dem Hintergrund der Mali derzeit erschütternden Unruhen. Im dritten Track der Kollaboration der "Brothers In Bamako" musiziert man dann nur noch nach Strophen getrennt. Schon aufgrund der kulturhistorischen Nähe von Blues und traditioneller afrikanischer Musik wirkt das Roots-Zusammentreffen von Fingerpicking & kora-ähnlicher Spieltechnik natürlicher als die sozialkritisch angehauchten Texte, die sich die geistesverwandten Barden dann doch noch zuwerfen. Im November stehen vier Live-Termine in Deutschland an.


Bob Marley & The Wailers - In Dub Vol.1
Universal
Lee Perry - The Sound Doctor & other stuff
alle: Pressure Sounds / Groove Attack

2010, zum 65. Geburtstag, war zwar der geplante Doku-Film über Bob Marley noch nicht fertig, doch wurden aus diesem Anlaß die jetzt auf zunächst einer CD (& parallel auf LP) vorliegenden, posthum eingespielten Dub-Versionen digital veröffentlicht. Immerhin sind 6 der 11 Tracks vorher nicht physisch erschienen, weiter gibt es hier den von Hopeton Brown alias Scientist exklusiv für das Album produzierten Track “Lively Up You Dub“. Anhand von Versions von “Is This Love“, “Waiting In Vain“, “Crazy Baldhead“ oder “Three Little Birds“ muß man aber konstatieren, dass Marleys in sich runde Songs weniger für das Dubgenre geeignet sind. Zudem fallen die zum Einsatz gebrachten Echos und Sound-Effekte hier eher einfallslos aus, leider. Möglicherweise hätte es da eher einer kompletten Dekonstruktion durch nicht in Ehrfurcht erstarrten Nachwuchs bedurft - oder eines verrückten Genre-Genies wie Lee Perry in Bestform. Perrys Taten nimmt sich bekanntermaßen in schöner Regelmäßigkeit das britische Pressuer Sounds Label an, wie aktuell mit "Sound Doctor", das auch für die eine oder andere Ausgrabung aus dem Oeuvre anderer Dubspezialisten wie Dennis Bovel („Mek It Run“) und Compilations wie "Listen To The Music" verantwortlich ist. Pressure Sounds
 





 
 
 Aziz Sahmaoui & University of Gnawa  
 Naive / Indigo
 
 

Der aus Marrakesch stammende Marokkaner Aziz Sahmaoui findet seit den 90er Jahren, seiner Zeit mit dem von ihm gegründeten Orchestre National Barbes, von Paris öfter deutliche Worte für die Mißstände im Maghreb. Seine deutlich mit modernen Elementen versetzte Gnawa-Musik hat schon viele aufstrebende Musiker der Region beeinflusst. Das 2011 mit Star-Produzent Martin Meissonier (u.a. Fela Kuti, Khaled, Page/Plant) aufgenommene Solo-Debüt mit University of Gnawa mischt afrikanische, arabische und westliche Einflüsse, betont im Vergleich mit dem Orchestre National Barbes die marokkanischen Gnawa-Trance-Rhythmen aber stärker, was außerhalb des Maghreb besonders in Frankreich und England bei der Kritik bereits positiv aufgenommen wurde. www.azizsahmaoui.com
 

 
 
 Urna - Portrait
 
 Network / Membran
 
 
 
Vier Oktaven zwischen Kopf- und Bruststimme - Network Medien waren hin & weg - und brachten den vorliegenden Sampler mit Aufnahmen der letzten Cds der ''magischen Stimme aus der Mongolei'' auf den Weg, ergänzt durch das exklusiv für "Portrait" in Krakau aufgenommene "Haram Gui". Mit der dort beheimateten Gruppe Kroke tourte die in China klassisch ausgebildete Urna Chahar-Tugchi bereits in Europa. Die sich in ihrer Heimat für die den Erhalt der traditionellen nomadischen Kultur einsetzende Künstlerin spielte kürzlich auch die Hauptrolle in Byambasuren Davaas ("Die Geschichte vom weinenden Kamel") neuen Film "Das Lied von den zwei Pferden". Deutsche Übersetzungen der mongolischen Texte im Booklet. Zusammenstellung und Liner Notes von Christiam Scholze.
www.urna.com
 

 
 
 Tango Crash - Accidente De Tango
 
 Various Artists - Galileo MC
 
 

Tango Crash muten manchem eher auf Gotan Project geeichten Ohr mit ihrem Mix aus Tango, Jazz und elektronischer Musik mitunter Einiges zu. Das macht aus dem aktuellen vierten, nicht ohne Ironie "Accidente de Tango" betitelten Album nicht gleich einen Electrotango-Unfall, im Gegenteil - die Bemühungen des Ensembles um die Argentinier David Almada und Martin Iannoccone um Entwicklungsmöglichkeiten des Genres sind allgemein anerkannt. Oft werden sie als Pioniere des elektronischen Tango bezeichnet, der Vorgänger "Baila Querida" wurde sogar mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Auf Albumlänge dennoch nur für Freunde von experimentellem Jazzrock ein reines Vergnügen.
www.tangocrash.com
 

 
 
 African Roots Revival / Undiscovered World / New Orleans
 
 Rough Guide - Various Artists - World Music Network
 
 
 Abschließend der traditionelle Rough Guide-Schnelldurchlauf. 1 Der recht bunten Mischung eines behaupteten, über den ganzen Kontinent gestreuten "Roots Revivals" ist als Bonus eine CD der kenianischen Luo-Truppe Kenge Kenge beigegeben. 2 Schon näher an einem Konzept: "Undiscovered World" - die "wilden" Beiträge entstammen einem World Music Network-Contest, bei dem sich naturgemäß eher unbekannte Acts beteiligten. Die "Battle of the Bands läuft noch: www.worldmusic.net/battle 3 Soul, Rhythm and Blues, Hip-Hop-, Old School New Orleans - alles am Start bei diesem Swampride - als Zugabe eine CD mit 7 Tracks von den lokalen Funk-Heroes, Dumpstaphunk.
 
 
   

 
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