Reviews World 8-9 - 2014

* soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world *
  * film * comic * book *
 Mali All Stars - Bogolan Music 
 Various Artists - Wrasse / Universal AUSSTATTUNGS-TIPP 
 
 
Hier meldet sich nicht das 2012 für "The World for Peace" verantwortliche gleichnamige Ensemble - die locker mit `Mali All Stars´ bezeichneten, auf dieser Doppel-CD plus DVD versammelten Musiker leisten Beiträge für eine Hommage an eines der bedeutendsten Studios von Malis Hauptstadt Bamako: Bogolan. Dort entstanden während der letzten zehn bis zwanzig Jahre viele Aufnahmen, die für den typischen, akustisch geprägten Mali-Sound aus dem Norden & Westen des Landes stehen. Veröffentlicht & vertrieben auf dem benachbarten Label & Vertrieb Mali K7, gelangten später viele der "Bogolan Music"-Titel auch an westliche Ohrenpaare - schließlich waren es zwei Franzosen, die maßgeblich an diesem Erfolg beteiligt waren: Philippe Berthier, der Mali K7 mit Ali Farka Touré gründete und der Toningenieur & Produzent Yves Wernert. Mit von der Partie u.a. malische Großkaliber wie Oumou Sangaré, Toumani Diabaté, Bassekou Kouyaté, Amadou & Mariam oder Boubacar Traoré. Aber auch viele internationale Stars nahmen im Bogolan Studio auf, etwa Björk, Dee Dee Bridgewater oder Damon Albarn (alle hier auf der zweiten CD versammelt). Die flankierende DVD bietet Interviews mit den Musikern und Yves Wernert über seine Studio-Arbeit, weiter liegt ein 36(!)-seitiges, englischsprachiges 4c-Booklet bei. www.studiobogolan.com/ 

 
 
 Studio One Dancehall  
 Various Artists - Soul Jazz / Indigo TIPP & VINYL-TIPP 
 
 

"Sir Coxsone in the Dance. The Foundation Sound" bietet Vintage-Dancehall aus dem hier schon öfter in den Fokus gerückten Studio One, rare Stücke von 12-Inch-Singles, insgesamt 18 Tracks. Als Produzent Clement "Sir Coxsone" Dodd sich in den 50er-Jahren zum Meister der Dancehalls von Kingston aufschwang, indem er sich gegen die Soundsystem-Konkurrenz von Duke Reid, King Edwards und anderen durchsetzte, wurde der Grundstein für eine jahrzehntelange Dominanz der Inselszene gelegt. Als Ende der 70er-Jahre junge `Dancehall´-Producer begannen, Sänger und Deejays auf Riddims bekannter (Studio One-)Hits toasten zu lassen, war Dodd flink genug, den Trend zu vereinnahmen. Die vorliegende Kopplung bietet die Paradebeispiele dieser Entwicklung wie "Rebel Disco" der Hausband Brentford Disco Set oder Sugar Minotts "Peace Treaty Style" (dessen Poiniertrack "I Need A Roof" fehlt allerdings). Das parallel erhältliche Dreifachvinyl erscheint mit einem Downloadcode als Bonus - Soul Jazz-Dienst am Kunden. www.souljazzrecords.co.uk/

 


 
 
 Calypso  
 Various Artists - Soul Jazz / Indigo TIPP & VINYL-TIPP 
 
 

Ganz ohne den Spatzenmann geht es dann doch nicht. Zwar stammt keiner der im Booklet feinsäuberlich mit Original-Singlecover & Linernotes en detail vorgestellten Tracks von Slinger Francisco aka Mighty Sparrow. Der wohl bekannteste Genre-Protagonist wird aber im überformatigen 32-Seiten-Extra-Foto-Heft dieser feinen Soul Jazz-Calypso-Compilation gewürdigt. "Musical poetry in the Caribbean 1955-69" vermittelt einen appetitanregenden Eindruck vom weltweiten Siegeszug des Calypso, einer der für die Karibik typischsten Musikformen des 20. Jahrhunderts. Mit Lord Growler, Cyril Diaz, Mighty Dougla, Viper oder Lord Hummingbird sind nicht nur reine Trinidad- & Tobago-Acts vertreten. Auch Lord Kitchener alias Aldwyn Roberts, der Ende der 40er den Calypso nach England brachte, sowie Vertreter anderer Karibikanrainer wie Lord Cobra oder Lord Byron (aus Panama), Irving "Brownie" Brown von den Bahamas oder Lord Flea, der mit seinen Calypsonians von Jamaika aus viel für den Durchbruch des Stils in den US-Nachtclubs tat, werden gewürdigt. Die starke Stellung Jamaikas wird auch durch den panamaischen Sohn jamaikanischer Eltern, Carlos Malcolm, betont, der u.a. Tracks für den auf `one likkle island´ gedrehten ersten James Bond-Streifen "Dr. No" schrieb. Selbst eine obskure jamaikanische one-off-Mento-Single findet hier noch Platz. Es lohnt, in die swingenden Rhythmen hineinzulauschen - die meisten Texte nehmen mit Humor zu aktuellen Themen Stellung. Auch als Doppel-Vinyl-Version erhältlich. www.souljazzrecords.co.uk

 


 
 William White - Open Country  
 Galileo MC VINYL-TIPP , LIVE-TIPP
 
 
 
Zum zehnjährigen Solo-Jubiläum gönnt der in Barbados geborene, in der Schweiz lebende William White sich und seinen Fans mit seinem vierten Studiowerk "Open Country" nicht nur zehn neue Songs, sondern auch ein Bonus-Live-Album, das 2012 im Rahmen von 'Das ZELT Winterthur' aufgenommen wurde. Whites reggaebasierte Songs werden oft mit Soul-, Funk-, Pop- und Mento-Elementen versetzt. Da war es geradezu zwingend, einmal gemeinsam etwas mit den legendären Toots and The Maytals einzuspielen, wie es jetzt für den Track "Rub A Dub" in Kingston geklappt hat. Der Rest des Studioalbums wurde ebenfalls in Jamaica, im AXX Studio, Portland sowie im Schweizer "The Wagon' aufgenommen. William White ist in der zweiten Jahreshälfte teils mit Band, teils solo im deutschsprachigen Raum unterwegs.
www.williamwhite.ch/web/index.php
 

 
 
 Toco - Memoria 
 Schema / Groove Attack VINYL-TIPP
 
 
 
Auf den TV-erfahrenen brasilianischen Songwriter Tomaz di Cunto aka Toco konnte man über den Umweg Italien aufmerksam werden, wo er u.a. mit Rosalia de Souza und Stefano Tirone aka S-Tone Inc zusammenarbeitete, der nun auch "Memoria" für Schema produzierte: "Ein Album über meine Erinnerungen, meine Heimatstadt, den Duft und Geschmack meiner Kindheit, Sachen die ich gelesen habe, Filme die ich im Kino gesehen habe und meine Liebe zur Musik". Der Nord-Osten Brasiliens, Sao Paulo und Rio De Janeiro spielen eine Rolle, ebenso Tocos Vorliebe für Bossa und Samba Jazz der 60er Jahre. Wie der Vorgänger "Outro Lugar” dürfte das ohrenschmeichelnde Ergebnis, mit zwei Gesangseinlagen von Nina Miranda, weniger für den brasilianischen als für den europäischen oder japanischen Markt interessant sein. https://myspace.com/tocobr  

 
 
 Liloba - Tango Ekoki 
 Kick The Flame / Broken Silence LIVE-TIPP
 
 
 
Beim diesjährigen Nürnberger Bardentreffen konnte man das Leipziger Sextett live erleben, das im letzten Jahr den Sieg beim Weltmusik-Wettbewerb „Creole“ (für Mitteldeutschland) sowie den Förderpreis des Weltmusikpreises RUTH einheimste - laut Jury für die „spannende Mischung aus Elektronika, Tribal Beats & Chanson“. Der Bandname Liloba kommt aus der im Kongo gängigen Sprache Lingála und bedeutet „die Stimme, das Wort“. Die kommen bei Liloba von dem aus der sogenannten Demokratischen Republik Kongo geflohenen Pierre Kalonji Tumba und der Belgierin Elsa Grégoire. Beide singen in Lingála, Tshiluba, Kisuahili und Französisch. Rafael Klitzing steuert als musikalischer Kopf die Songs & vielseitigen Arrangements bei. Das aufwendige Albumdesign des CD-Packages stammt vom deutschen Fotokünstler Olaf Martens. Rundum ambitioniert. http://lilobamusic.de
Liloba live: z.B. am 29.8. im Magdeburger Moritzhof.
 

 
 
 Jewish Monkeys - Mania Regressia 
 Greedy For Best Music / Indigo LIVE-TIPP
 
 
 
Aus dem Underground und Jewtube aufgetauchter Tel Aviver Klezmer-Rock. Balkan-, Surf- und Zirkusmusik sind die nicht mehr allzu neuen musikalischen Zutaten des Anfang September erscheinenden Debütalbums der Band von Ronni Boiko und Jossi Reich, die bereits im Knabenchor der Frankfurter Synagoge zusammen sangen, sowie dem Psychologen Gael Zaidner. Das respektlose Gesangstrio wappnet sich vorsätzlich mit dem fragwürdigen Namen Jewish Monkeys, nebst politisch komplett inkorrekten Texten sowie einem ausgeprägten Sinn für Unsinn & Marx-Brothers-mäßigem Chaos. Kein Wunder also, dass man für Mania Regressia" erst einmal einen neun(!)jährige Aufnahmeanlauf nehmen musste. (Galgen-)Humor aus einer derzeit mal wieder wenig spassigen Weltregion. Aktuell sind auch Konzerte für den deutschsprachigen Raum in Vorbereitung. Jetzt steht u.a. der Gig am 11.9. im Münchner Atomic Cafe! Check out:
www.facebook.com/pages/JEWISH-MONKEYS/75647383544
 

 
 
 Reggae Gold 2014 / Total Reggae - One Drop * Summer Vibes BUDGET-TIPP
 
 alle: Various Artists - Vp / Groove Attack  
 
 
Summertime - Reggaetime... 1- Diesmal in Poolside-Optik. Die stets mit erhoehten Schauwerten aufgemachte Reggae Gold-Serie aus dem Hause Vp- bringt allsommerlich die aktuellen (zunehmend gesichtslosere, in Richtung EuroSocaDancehall abdriftende Genre-Chartserfolge unters nach den 'freshest sounds of the season' hungernde Partyvolk - diesmal angefuehrt von Major Lazers Video-Hymne “Watch Out For This (Bumaye)”- feat. Busy Signal, The Flexican & FS Green. Weiter am Start: Sean Paul’s feat. Konshens, Bunji Garlin, Jah Cure (mit dem John Legend-Cover “All of Me”, Gyptian oder Maxi Priest. 2 - Zwei neue Folgen aus der "Total Reggae" Nice Price Serie mit jeweils 40 wichtigen Tracks - bei den "Summer Vibes" sind das besonders viele mit Hilfe der Radiostationen im UK auch ueber Jamaicas Grenzen hinaus bekannt gewordene Evergreens, wie etwa die 1971er Originalversion von "Cherry Oh Baby" von Eric Donaldson (u.a. 1976 von den Rolling Stones auf "Black And Blue" gecovert), Dennis Browns "Money in my Pocket" oder auch Ueberraschungen wie das kommerzielle "Electric Boogie" von den Roots Säulenheiligen Marcia Griffiths & Bunny Wailer (als Producer). Aus den kenntnisreichen Linernotes von Harry Wise erfaehrt der Kaeufer u.a. die lange Answer-Vorgeschichte des einst durch John Peel ins Programm gehievten, gar nicht so unschuldigen Klassikers "Uptown Top Ranking" von Althea & Donna. 3 - Ebenfalls im Sommer, des besonders gewalttätigen Jahres 2005 naemlich, gingen einst die Sound System Events stark zurück, die Jamaicaner bleiben daheim und schwenkten auf radiofreundlichere Klänge um. Gleichzeitig forderten viele Künstler angesichts der stetig steigenden Verbrechensraten neue spirituelle Werte ein. Ursprünglich bezeichnete "One Drop" einen vertrackten, u.a. durch Carlton Barrett (Wailers) bekanntgewordenen 'drumming pattern' - jetzt passte der Begriff auch für diese 'songs of love & religion' moderner Roots-Machart, oft aus der Schmiede von Produzenten wie Bobby 'Digital' Dixon, Donovan Germain, Philip 'Fatis' Burrell, Donovan 'Vendetta' Bennett, King Jammy oder Dean 'Cannon' Fraser. Neben Tracks von Queen Ifrica, Tarrus Riley, Anthony B oder Glen Washington findet sich uebrigens auch Gentlemans "Dem Gone". Schade nur, dass bei den discographischen Angaben die Jahreszahlen fehlen. www.vpreggae.com
 



 
 
 Rough Guides: Palestine / Sahara / Arabic Jazz 
 alle: Various Artists - World Music Network/ Harmonia Mundi  
 
 1- Während der musikalische Rough Guide für Palästina erscheint, versinkt der Gaza-Streifen in Schutt und Asche. Aufgrund der Verhältnissse in der "Heimat" der Palästinenser kommen die auf der CD zusammengestellten Beiträge vornehmlich aus der offenkundig kreativen Diaspora, etwa von den bereits im Westen bekannten drei Brüdern des Le Trio Joubran, der jungen vierköpfigen Gruppe Awan (Geige, Percussion, Oud & Klavier) oder der Sängerin Amal Murkus, aber auch von Toot Ard, einer Roots-Reggae-Band von den Golanhöhen. Für ausführlichere Linernotes muss man die Webadresse worldmusic.net/palestine bemühen. Das Doppel-CD-Set enthält jedoch ein Bonus-Album von Ramzi Aburedwan: "Reflections on Palestine". 2- Auch, nicht erst seit den Unruhen im Norden Malis, keine friedliche Region: die Sahara. Etwa so groß wie die USA, erstreckt sie sich über den Norden Afrikas, vom Atlantik bis zum Roten Meer. Beispiele der hier heimischen unterschiedlichen Kulturen und Traditionen stellt die vorliegende Rough Guide-CD vor. Einige Namen sind im Westen bereits ein Begriff, wie der Aegypter Ali Hassan Kuban, der malische Gitarrist Samba Toure oder die Wüstenrocker Etra Finatawa. Bonus-Album des Biram-Lautenvirtuosen Mamane Barka. www.worldmusic.net/sahara 3 - Jazz-Improvisation hat in der arabischen Welt überraschenderweise schon seit dem frühen zwanzigsten Jahrhundert ihren Platz. Auf dem Rough Guide "Arabic Jazz"-Sampler sind Künstler aus dem Libanon besonders stark vertreten - etwa der in München wirkende Rabih Abou-Khalil, die Sängerin Rima Khcheich, der Trompeter & Komponist Ibrahim Malouf oder Ahmaad Kaabour. Die Bonus-CD von Hijaz - "Chemsi" featured den tunesischen Oud-Virtuosen Moufadhel Adhoum & Pianist Niko Deman. www.worldmusic.net/arabicjazz 
 
  

 
 
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