Reviews Comic 12-2015

Asterix - Der Papyrus des Cäsar / Asterix redt Wienerisch / Asterix babbelt Hessisch

alle: Ehapa
 
Dem neuen Asterix-Band war ein gar traumhaftes Echo in der deutschen Öffentlichkeit sicher, sämtliche Leitmedien berichteten - höchst wohlwollend. Der Ansatz der zum zweiten Mal im Einsatz befindlichen neuen Macher, Zeichner Didier Conrad und Texter Jean-Yves Ferri, auf 48 Seiten neuer Abenteuer aus dem fast gänzlich besetzten Gallien 50 v. Chr. eine hübsche Medienkomödie mit mannigfaltigen Anspielungen auf Internet & Co. mitzuliefern, kam bei den anspruchsvollen Fans hervorragend an. Und es tut sich da wahrlich Einiges: Lautmalerisches `Wlan´, Twitter-Vögelchen & Brieftauben als drahtlose Netzwerke, ein leakender Palastwärter namens `Antivirus´ oder PR-Berater, die Cäsar raten, ein unvorteilhaftes Kapitel aus seinem De Bello Gallico besser zu streichen. Dieser `Bonus Promoplus´ karikiert den französischen Polit-Einflüsterer Jacques Séguéla und Julian Assange ist als hellblonder Kolporteur Polemix` mit von der Partie. Und die Entstehung des Mythos der bei Cäsar unterschlagenen unbesiegbaren Gallier wird abschließend auch noch erklärt: "Wir Gallier vertrauen der mündlichen Überlieferung" sagt Miraculix zu Beginn des Abenteuers."Zwei talentierte Autoren" hören dies im modernen Paris im vorletzten Bild mit großem Interesse von einem sehr druidenähnlichen alten Herrn. Der Rest ist dann Comic-Geschichte. Eine runde Sache. Weltkulturerbe, gallisch-römisch. Pflichtprogramm.  




 

Eine ganz spezielle Erfolgsstory sind auch die Asterix-Mundart-Ausgaben, deren Sammelbände nicht zuletzt Möglichkeiten für attraktive neue Cover-Varianten bieten. Auf Hessisch gebabbelt gibt es bereits 10 einzelne Bände zuletzt. Die Trabanten..pardon Die Klaabankestadt im letzten Frühjahr sowie ein Jahr später das noch aktuelle Sammel-Büchelsche. Hier werden - `"übertrage vom Jürgen Leber"- die beiden (reinen Uderzo-) Einzelbände Hibbe Un Dribbe (ehemals Der Große Graben) und Ruff Un Runner (Obelix Auf Kreuzfahrt) zusammengefasst, die im Original sicher nicht zu den Top-Titeln der Serie gehören. Doch wer Hessisch etwa mit der Muttermilch aufgesogen hat oder es aus anderen, schwerer nachzuvollziehenden Gründen in Wort & Schrift zu verstehen bemüht oder in der Lage ist, dürfte seinen Spaß haben, wenn "de Asterix un de Obelix de Römer uffmische". Ein veritabler Spaß für `Hesse´ und familiären Anhang.

 

 

Noch einmal jüngeren Datums ist der ebenfalls mit einem recht schönen neuen Cover versehene Austria-Mundart-Sammelband Asterix redt wienerisch, natürlich übatrogn von Dr. a.D. Kurt Ostbahn aka Ostbahn-Kurti www.ostbahn.at.

Zusammengeheftet sind innen die beiden hauptstädtischen Einzelbände Da grosse Grobn & Da Woasoga. Und - `multidialektisch´ Begabte ahnen es - dies eröffnet wunderbare Vergleichsmöglichkeiten sich dem Großen Graben gleich zweimal oder überkreuz zu widmen (s.o.) - idealerweise mit hessischen und/oder weanerischen Muttersprachlern in Reichweite.

 

www.asterix.com/die-buecher/die-asterix-mundart-reihe

 

 http://bilder.buecher.de/produkte/42/42538/42538294z.jpg
 

Moby Dick

Chabouté - Herman Melville / Egmont Ehapa
 

Herman Melvilles literarischer Klassiker Moby Dick von 1851 wurde seit schon mehrfach seit den 1940er Jahren als Comic bzw. Graphic Novel angegangen und die jüngsten Versionen liegen noch nicht allzu weit zurück, etwa Will Eisners knappe Version von 1998 oder die erst im letzten Jahr bei Splitter erschienene beachtliche Fassung von Jouvray & Alary. Im Strich nicht unähnlich, aber strikt in düsterer wirkendem schwarz-weiß, ohne Schattierungen und Graustufen gehalten, geht der Elsässer Jugendbuch-Illustrator & Comic-Autor Christophe Chabouté jetzt auf über 250 Seiten bis zum dramatischen Finale auf hoher See angemessen in die Vollen. Der weiße Pottwal Moby Dick hat Kapitän Ahab einst ein Bein - und die Seele - herausgerissen. Die schicksalhafte Fahrt des Walfängers Pequod unter dem Kommando des charismatischen Irren, der seinem persönlichen Dämon mit blindem Hass über die Weltmeere nachjagt, weiss auch in der vorliegenden Variante mit dem herausragenden Cover und diversen Zitaten aus der deutschen Übersetzung (Matthias Jendis) des Melville-Originals zu fesseln (die Übersetzung der Sprechblasen aus dem Französischen erledigte Ulrich Pröfrock). www.youtube.com/watch?v=wdoELElM0KI
www.egmont-graphic-novel.de

 

 

Der Realist

Asaf Hanuka / Cross Cult
 

Asaf Hanuka ist verheirateter Familienvater, Comiczeichner und er lebt als `Mizrachim´ mit sowohl jüdischen als auch arabischen Wurzeln in Tel Aviv, der `sin city´, die niemals schläft. Hanuka arbeitet mit seinem Zwillingsbrider Tomer an Comics wie Bipolar und trug zeichnerisch zum international erfolgreichen Film Waltz With Bashir bei. Sein tägliches Leben bietet nach jahrelangem Bloggen längst genügend Stoff für einen über 190-seitigen Graphic Novel-Band, den es jetzt, nach koreanischen und englischen Ausgaben auch auf Deutsch gibt. Der Realist kommentiert die explodierenden Wohnungspreise in Tel Aviv, die allgegenwärtigen kriegerischen Handlungen rings um Israel, permanente Terrorgefahr, Demonstrationen aber auch Alltägliches, Existenzängste, Kreativkrisen, Vatergefühle und auch gelegentlich schief hängenden Haussegen incl. Paartherapie. Gedanken & Visionen des Zeichners gehen ruckzuck und geradezu psychedelisch in die Momentaufnahmen Hanukas ein.

www.cross-cult.de

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Buddy Longway Gesamtausgabe - 1 - Chinook

Dérib / Egmont Ehapa
 

Claude de Ribeaupierre alias Derib entwickelte seine Westernserien zunächst in Karl-May-Manier, ohne die Staaten selbst bereist zu haben, mit seiner Schweizer Heimat als Vorlage für den Wilden Westen. Der ab 1965 bei Peyo beschäftigte Zeichner & Autor zeichnete lange für die maßgeblichen Magazine wie "Tintin" und "Pilote". Neben "Yakari" (ab 1973) und Red Road (1994 Max & Moritz-Preis) ist Buddy Longway (ab 1974) seine langlebigstes Western-Thema. Sein Trapper, der sich im ersten (vier Alben umfassenden) Band in die Indianerin Chinook verliebt und mit ihr eine kross-kulturelle Familie gründet, ist ein politisch korrektes Genre-Piece, lange vor Der mit dem Wolf tanzt. Zeichnerisch ist bemerkenswert wie sich die Funny-Knopfaugen der Figuren schon bis zum dritten Album weiten und eine ernsthafte Abenteuerserie ihren Lauf nimmt. Hierzulande mögen einige Buddy Longway aus dem Mittsiebziger Gimmick-Magazin Yps erinnern, bei diversen Verlagen kamen einzelne Teile, nie aber die gesamte Reihe heraus - der späte Verdienst der jetzt bei Egmont erscheinenden Gesamtausgabe. Auf allein 30 Seiten
mit Skizzen und Schilderungen von Derib-Schüler Cosey und dem Meister selbst, wird in die Serie eingeführt - vorbildliche Ausstattung.

www.egmont-comic-collection.de

 
 

Wo sind die großen Tage geblieben?

Jim / Splitter
 

Der Selbstmord ihres Freundes Fred und dessen kryptische Hinterlassenschaften reißen Etienne, Jean-Marc und insbesondere den Familienvater Hugo, alle um die 40, aus ihrem Normaltrott und in unterschiedlich ausgeprägte Sinnkrisen um unerfüllte Jugendträume und unerreichte Ziele, die sich teils in Rückblenden erschließen. Autor Jim (u.a. Helena) und Zeichner Alex Tefenkgi, der den Band offenbar seinem verstorbenen Bruder widmet,
legen mit Wo sind die großen Tage geblieben? eine stimmige 150-Seiten-Graphic Novel zum Thema Midlife-Crisis vor, an deren Ende sich anfangs nicht gleich verständliche Handlungsstränge doch plausibel zusammenfügen - auch wenn man dem zwischen zwei jungen Müttern irrlichternden Protagonisten Hugo frühere Einsichten gewünscht hätte. Als Bonus gibt es einmal mehr den für Jim typischen Anhang, in dem die Zeichner einiges zur Entwicklung der Haupt-Figuren, den Hintergrund-Zeichnungen und verschiedene Coverentwürfe bis zur finalen Version erläutern.

www.splitter-verlag.eu

 

 

Ice Ice Baby - One Hit Wonders 1955-2015

Carolin Löbbert - Marcus Lucas / Avant
 

One-Hit-Wonder - Eintagsfliegen, die es eher durch glückliche Zufälle als tief wurzelndes Talent in die Musik-Charts schaffen, sollen das Thema des vorliegenden Bandes mit dem Titel Ice Ice Baby sein. Für Vanilla Ice aka Robert Matthew Van Winkle, den zugehörigen weißen Rapper, mag eine solche Definition hinkommen. Dass in der hier getroffenen Auswahl der Autoren Marcus Lucas (stellvertretender Chefredakteur bei GQ) und Carolin Löbbert (studierte Grafikerin) von 80 Einhitwundern auch ganz unterschiedliche Künstler wie wie Screamin´ Jay Hawkins oder Carl Perkins, Julie London, Jane Birkin & Serge Gainsbourg, Mark Wahlberg oder Bobby Mc Ferrin auftauchen, die zumindest eint, durchaus veritable Karrieren hingelegt zu haben. Was von weniger Wohlmeinenden gegen das Projekt verwendet werden könnte. Doch nur mit Joan Weber, Bruce Channel , Jody Reynolds, den Impalas oder Teddy Bears, Maurice Williams & The Zodiacs, Marc Dinning, Harry Chapin, Aqua oder OMC wäre der deutsch-englisch betextete, in Pastell gehaltene Band voller mehr oder weniger einmaliger Ohrwürmer vielleicht in der Tat weniger unterhaltsam ausgefallen. www.avant-verlag.de
www.carolinloebbert.de

 

 

Troja Band 2 - Das Geheimnis des Talos

Nicolas Jarry / Splitter
 

Auch in zweiten Troja- Band Das Geheimnis des Talos ist das gleiche Team am Werk wie bei Das Volk des Meeres : Autor Nicolas Jarry, der die klassische Ilias weiter sehr frei interpretiert, Zeichner Erion Campanella Ardisha und Cover-Spezialist John McCambridge, der Mann mit dem Faible für antike griechische Helme, lediglich die Colorierung, diesmal vorwiegend in Brauntönen, wird von der neu hinzugestoßenen Andrea Scoppetta übernommen. In Band II weitet sich die Handlung auf das alte Ägypten, nach Theben, aus - der Pharao Ramses kommt als einer der Haupt-Protagonisten ins Spiel. Parallel gibt es kriegerische Handlungen auf Kreta, Achilles schifft sich ein, die Brüder Agamemnon und Menelaos konspirieren, es kommt zum amourösen Zusammentreffen von Helena & Paris und ihrer Flucht aus Griechenland. Zentauren, halb-mechanische Zyklopen, Minotauren und Orakel tummeln sich unterhalb der Götterebene, die sich noch dezent zurückhält, auch wenn gegen Ende des Bandes die Kriegergöttin Neith eingeführt wird. Doch Troja selbst ist als Schauplatz noch nicht erschlossen. Wer nun erst recht angefixt ist, muss nicht allzulange warten - im Januar steht bei Splitter schon der nächste, dritte Band der Saga in den Startlöchern.
www.splitter-verlag.eu

 

 

Peanuts - Band 6 - Klotzkopf

Charles M. Schulz - Vicki Scott / Cross Cult
 
Der zu Weihnachten startende Peanuts Animations-Kinofilm schafft ein gutes Umfeld für alle laufenden `Lil´ Folks-Produkte, ob klassisch-retro oder neu interpretierend. Auch im mittlerweile sechsten Band der Cross-Cult-Reihe, dessen Cover ganz `Klotzkopf´ Charlie Brown und seinem Kampf mit dem Leben gewidmet ist, versucht das Team um Vicki Scott eine Kombination von beidem: einseitige Original-Strips von Peanuts-Schöpfer Charles M. Schulz werden mit längeren Episoden einer ganzen Reihe von Zeichner(inne)n außer Scott kombiniert. Zusätzlich gibt es aufbereitete Einschübe von Schulz´ Zeichenbrett, die Details aus dessen Arbeit beleuchten. Der Respekt für dessen Vermächtnis ist zwar spürbar, doch ebenso offenkundig kommt keine der neuen Stories der Leichtigkeit & dem Charme der Originale auch nur ansatzweise nahe.

www.cross-cult.de
www.peanuts.com

 

Happy Parents 1 & 2

Zep - Splitter
 

Viele in Frankreich sehr erfolgreiche Comic-Künstler backen diesseits des Rheins wesentlich kleinere Brötchen, da ist der Schweizer Philippe Chappuis (u.a. Titeuf) aka Zep keine Ausnahme. Seine Happy-Books mit Cartoons für ein erwachsenes Publikum werden in Deutschland bei toonfish veröffentlicht, wo gerade in schneller Folge zwei Bände mit Eltern-affinen Strips erscheinen. Die haben es ja auch nicht gerade einfach mit dem über ihr Leben hereingebrochenen Nachwuchs. Schon pränatal, beim Frauenarzt etwa, konnte man sich kaum einen Reim auf die Ultraschallbilder aus dem ballonartig mutierten Mutterbauch machen - und später wird es im täglichen Leben zu dritt oder zu viert auch nicht viel pflegeleichter, Stichwort Windelwahnsinn oder Durchschlaf-Desaster. Auch die Freude an geliebten Freizeitaktivitäten kann zuweilen unter den kleinen Bratzen leiden, die nun mal ihren eigenen Kopf haben. Meist fein beobachtet, kommen die bunten"Happy Parents" für den einen oder anderen irren Lacher beim Sich-Wiedererkennen in der Still- oder Wickelpause durchaus in Frage.
www.toonfish-verlag.eu

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