REVIEWS COMIC 11-2018

 


 

x mas 12 18 Event HauckBauer

 Betty Boob

Vero Cazot & Julie Rocheleau / Splitter
 

Comic 10 18 Betty Boob 1

Starke Frauen gefällig? No Body is perfect. Raus aus der Betroffenheitsecke. Elisabeth besiegt den Brustkrebs und wird zu Betty Boob. Hier das wunderbare Cover von Julie Rocheleau. www.splitter-verlag.de

 TIPP

Mastektomie. Schon das Wort ein Grauen - wie auch das für die Ursache: Brustkrebs. Was die Entfernung der linken Brust im Rahmen ihrer Krebs-Therapie mit Elisabeth macht und wie es das Kreativteam aus Autorin Véro(nique) Cazot und der kanadischen Zeichnerin Julie Rocheleau in dieser außerordentlich gelungenen Graphic Novel schildert, geht nicht nur direkt Betroffenen unter die Haut. Dabei wird auch mit surrealen Übertreibungen gegen das gesellschaftlich-konforme Mode-Diktat einer perfekten Symmetrie (`Big Sister is watching us.´) gearbeitet. Alpträume quälen die Verstümmelte, es geht um Verlust auf allen Ebenen. Mit dem Selbstwertgefühl gehen auch Job und Beziehung den Bach runter. Brustattrappe und Perücke werden als Vertuschungstherapie verordnet. Als ein Windstoß Elisabeth auch noch das Haarteil vom Kopf weht, landet die Verzweifelte in einer absurden Jagd nach ihrem letzten bisschen Schutz im (schwimmenden) Burlesque-Theater "L´Oiseau de Nuit" - und ein neues Leben beginnt für: Betty Boob. Aufgehoben in der Gemeinschaft der Theater-Compagnie findet Betty in ihrer an den 30er-Jahre-US-Cartoon Betty Boop angelehnten Tanzrolle den Mut, sich zu präsentieren, statt zu verstecken und gegen den Kult um den perfekten Körper anzuperformen. Sie wird zur Stilikone & Sensation der Szene - und findet auch wieder privates Glück. Das schreit geradezu nach Verfilmung. Surreal-gewagt, dynamisch & originell wird ein intimes, schwieriges, oft tabuisiertes Thema aufs Podest gehoben. Chapeau! 

Spirou In Berlin / berlin - flirrende stadt / Wolkenbügel - berlin im rausch

Flix / Carlsen * Jason Lutes / Carlsen * / Sebastian Strombach / Jovis

Comic 10 18 Spirou in Berlin

Überflieger: Im Kugelhagel mittels Trabi nächtens über die Berliner Mauer: Spirou (& Fantasio) als völlig losgelöste Actionhelden - so ginge es auch - im Comic tauchen S&F am Ende leider ab.

"Wenn Clowns regieren, muss man mit Zirkus rechnen." (S.34)

 

 TIPP
 

1 Dass sich ein deutscher Zeichner eines französischen Comic-Klassikers annehmen darf, ist nicht selbstverständlich. Der Wahlberliner Flix nimmt sich der Aufgabe mit Schwung an und versetzt für Spirou in Berlin den von André Franquin berühmt gemachten Hotelpagen nebst Schreiberling Fantasio in das Ostberlin der 1980er-Jahre - das dem 1976 geborenen Glückskind-Zeichner jedenfalls nicht aus erster Hand bekannt sein dürfte. Dafür reichert Flix den Band dann mit einem DDR-Geschichts-Tableau und einigen schön gezeichneten Originalschauplätzen von Alexanderplatz bis Brandenburger Tor an. Das Setting amtlich gemeistert, geht es auftragsgemäß auch um die respektvolle Modernisierung der klassischen Figuren. Das sieht bei Flix so aus: Eine Wundermaschine soll helfen, Braunkohle in Diamanten zu verwandeln, und die darbende DDR finanziell zu sanieren - Spirou & Co. mittenmang. Auch wenn es ein bisschen schade ist, dass Flix einen den sozialistischen Gruß beherrschenden Menschenaffen nur mit dem Fahrstuhl auf den Ostberliner Fernsehturm befördert und die Story gegen Ende beim Grenzübertritt in dunkle Katakomben abtaucht, statt sich heldenhaft über die Mauer zu schwingen, etwas Erwartungs-Verweigerungshaltung sollte offenbar auch in diesen Vita-Cola- Cocktail. https://www.carlsen.de

 

2 An den 1920ern & 30ern in Berlin führt derzeit medial kaum ein Weg vorbei. Dass der US-amerikanische, vom Werk Zilles & Döblins beeinflusste Autor & Zeichner Jason Lutes sich mit seiner Berlin-Trilogie in Zeiten von Babylon Berlin einerseits auf erhöhte Aufmerksamkeit verlassen kann, sich andererseits aber auch gegenüber ähnlich gelagerten Geschichten behaupten muss, hat er sich vor allem selbst zuzuschreiben. Die Arbeit an seinem Zyklus hat 22 Jahre in Anspruch genommen, immerhin zehn Jahre länger als geplant. Insgesamt fast 600 Seiten harren damit der für das nächste Jahr avisierten Veröffentlichung in einer Gesamtausgabe. Zunächst aber erscheint Berlin - Flirrende Stadt als dritter Band, den mit Steinerne Stadt und Bleierne Stadt gezogenen Kreis schließend. In Lutes Berlin-Panorama der Jahre 1928 bis 33 tummeln sich Kommunisten, Nazis, Adlige, Künstler und Proletarier. Anhand der Arbeitertochter Silvia, der ein Kunststudium planenden Marthe Müller und des Journalisten Kurt Sieverding werden auch historische Figuren wie Carl von Ossietzky oder Joachim Ringelnatz eingeführt. Nicht ohne Längen und nicht immer auf leicht verdauliche Weise - Sieverding etwa versinkt im dritten Band im Suff und immer tieferen Depressionen angesichts der heraufziehenden Nazi-Herrschaft - kein Happy End, am Ende blickt man, den bekannten Kriegs-Abgrund vorweggenommen, auf einen zerstörten Potsdamer Platz - die vielen herauszulesenden Parallelen des Buches zu heutigen Entwicklungen mögen als Warnung dienen.

 

 

Comic 10 18 Berlin Flirrende Stadt

www.carlsen.de

3 Und noch einmal ins Berlin der 1920er Jahre: "eine Stadt im Rausch von Revolution, Politik, Aufbruch, Geschwindigkeit und Licht." Steilvorlage für die überbordende Fantasie des Architekten, Stadtführers und immer-mal-wieder-Comic-Zeichners Sebastian Strombach. In Wolkenbügel - Berlin im Rausch lässt der Autor historische, im einordnenden vorderen Buchteil per Kurz-Bio vorgestellte Avantgarde-Figuren wie George Grosz, Erich Mendelsohn, El Lissitzky oder Fritz Lang sich mit Zeppelin, Dampfer, U-Bahn oder Auto nach & durch Berlin und darüberhinaus bewegen. Auch die Kunstfigur Mari mischt mit (Reminiszenz an die Roboter-Maria aus Fritz Langs Metropolis). Wie sein Wolkenbügel-Konstrukt holt dieser schnelle, strudelnde Comic aus Kunst-, Architektur- und Film-Versatzstücken von den assoziativen Sprüngen zwischen Handlungssträngen & Szenarien überforderte Leser schon thematisch teilweise nicht ab. "Er macht schwindelig, er flasht." Soweit mag der Waschzettel stimmen. Dass das Ganze aber "dicht, präzise und dynamisch gezeichnet" wäre, kann an dieser Stelle nicht unterschrieben werden. Im Gegenteil - zeichnerisch ist hier leider an zu vielen Stellen eindeutig zuviel Luft nach oben. Comic-Lesung mit Sebastian Strombach: Wolkenbügel in der Bibliothek am Luisenbad Berlin im Rausch im Berlin Berlin - Mittwoch 28.11.2018 - Anfangszeit: 19.30 Uhr www.jovis.de

LESUNG

Comic 10 18 Wolkenbuegel

Chaos - Band 1

JD Morvan / Walter / Macotay nach dem Roman von Barjavel / Spiltter

Comic 10 18 Chaos

  

1 So ganz kommen wir nicht hinein in diese auf drei Bände angelegte Comic-Adaption des René-Barjavel Romans Ravage durch das Kreativ-Trio JD Morvan (Text)/Walter(Zeichnungen) & Walter (Farben). Zunächst sind sowohl das Chaos-Cover als auch viele Innenseiten Genre-Musterbeispiele, geradezu berstend vor Dynamik. Insbesondere der gesamte, in einer zerstörten Winter-Welt ohne moderne Maschinen geführte Einstiegs-Kampf des `Patriarchen´ bis incl. S.15 & das Ende (mit einer veritablen Cliffhanger-Totalen auf der letzten Seite) sind bestechend inszeniert. Dennoch kann auch der zeichnerischen Seite an dieser Stelle nicht nur Beifall gezollt werden. Rätselhafterweise fallen die Figuren-Darstellungen mit dem Zeit-Sprung in das bunte Marseille des Jahres 2052 auf einmal deutlich ab, als ob andere, weniger versierte Zeichner übernommen hätten. Besonders deutlich wird das ausgerechnet an der weiblichen Hauptfigur der Blanche Rouget, deren Physiognomie teils unfertig bis schlicht misslungen wirkt - handwerkliche Fragezeichen, für die auch Band 2 wohl keine Erklärung liefern dürfte. Ob das Sequel aber durchgängig ausgefeilter ausfallen und die beiden farblich voneinander abgesetzten Erzählstränge besser verknüpfen wird?  

www.splitter-verlag.de

Lady MechaniKa - No.4

Joe Benitez u.a. / Splitter
 

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Ausnehmend prächtige Cover- & Seitengestaltung, inspiriert vom mexikanischen Tag der Toten in La Dama de la Muerte.

TIPP
 

Dies vorneweg: Hier schreibt kein ausgesprochener Cyberpunk-Fan. Auch die handwerklich sauber gefertigte Lady Mechanika-Serie von Joe Benitez & Co., wie auch die erste im vorliegenden Band No. 4 enthaltene Folge Die verlorenen Jungen von West Abbey hätten den Autoren dieser Zeilen kaum hinterm Ofen hervorgelockt. Die junge Frau mit den mechanischen Wunderarmen wird auf der Suche nach ihrer Herkunft in der zweiten Episode La Dama de la Muerte allerdings aus dem spätviktorianischen Ambiente der Hauptserie in ein mexikanisches Dorf verfrachtet. wo man sich anschickt, den Dia de los Muertos zu feiern. Der mit bekannten Motiven aus Die Glorreichen Sieben versetzte Kampf gegen die grausame Höllenreiter-Söldnertruppe der Jinetes del Inferno wird ebenfalls zur Nebensache. Die wunderbaren, vor Details berstenden, kunstvollen Einseiter, mit `Mechanika meets Muertos´-Kostüm-Variationen aber, mit denen die Story geradezu gespickt ist, machen das Ganze zu einem Erlebnis! Ein gelungenes Benitez-Teamwork mit Beiträgen des Co-Autoren M. M. Chen & der Zeichner/Koloristen Martin Montiel, Beth Sotelo/Mike Garcia & Peter Steigerwald. www.splitter-verlag.de

 Asterix der Gallier jubiläumsausgabe

René Goscinny & Albert Uderzo / Egmont Comic Collection

1 Asterix - auch ein deutsches Phänomen. Der Text- & Zeichenfeder der französischen Altmeister René Goscinny & Albert Uderzo entsprungene "listige kleine Krieger" ist laut Umfragen 99% der Bevölkerung ein Begriff - rechts des Rheins wohlgemerkt. Vor fast 50 Jahren erschien der erste Band in deutscher Sprache (ganz genau am 18.12.1968). Seither entfällt immerhin ein Drittel der weltweiten Gesamtauflage (an die 400 Millionen Alben) auf die Leser hierzulande. Der im Vorfeld des Jubiläums veröffentlichte, gülden gerahmte Sonderband des ersten, nun handgeletterten Abenteuers Asterix der Gallier ist auch für Käufer einer ersten Jubiläumsausgabe von 1988 interessant - wegen der acht neuen Zusatzseiten mit Skizzen, Fotos und Coverabbildungen. Deren erste fünf mit einem Thesaurus Astericus zur Entstehung der Serie entsprechen dem französischen Original (in deutscher Übersetzung), auf drei exklusiven Extraseiten widmet sich Edition Alfons- & Reddition-Chef Volker Hamann speziell dem Start in Deutschland: "Aller Anfang ist schwer". 2 Und manchmal ergeben sich Schwierigkeiten mit dem deutschen Verlag auch unvermittelt - nach lange guter Zusammenarbeit: Der zum Oktoberfest erschienene München-Mundart-Band Neihausn fia Zuagroasde konnte seitens des Hauses Egmont leider nicht für eine Rezension zur Verfügung gestellt werden. Zefix, wos is jetzt des?

 

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Valentina - My Funny Valentine

Guido Crepax / Avant Verlag

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Jahrelang zeichnete Designer Guido Crepax bevorzugt Plattencover - dann schuf er sein Hybridwesen aus Bubikopf-Schauspielerin Louise Brooks & Guido Crepax´ Ehefrau Luisa - für unser Empfinden mit einem Schuss Claudia Cardinale bei der Augenpartie. * http://avant-verlag.de

 

 

 

Einzig das Cover leuchtet rot. Zwei Jahre nach dem Underground-Sequel und drei nach seinem ersten Wurf mit Valentina legt der Avant-Verlag mit weiteren kunstvollen Sixties-Fantasien von deren Schöpfer Guido Crepax nach. Der opulente Band My Funny Valentine enthält 224 Seiten mit den hingeträumten Abenteuern der zwischen Objekt- und Betrachterrolle wechselnden Mode(l)-Fotografin & Kunstfigur Valentina (Rosselli). Crepax´ erwachsenes Publikum delektierte sich nicht nur an der langgestreckten Physiognomie der mal stylish bekleideten, mal in Bondage-Verrenkungen gezwungenen, mal nackten Heldin. Kühne Sprünge in der Erzählung (im titelgebenden ersten Abenteuer ruckzuck auf den Eifelturm), eine variable Seitenarchitektur, surreale Elemente, die Nähe zur Nouvelle Vague und ungezählte weitere Zitate aus Kino, Mode, Innenarchitektur, Kunst, Comic und Musik bis hin zur Traumdeutung boten auch intellektuelle Herausforderungen für kulturell Interessierte. Der dritte Band der Valentina-Gesamtausgabe mit acht teils zusammenhängenden Kurzgeschichten der Jahre 1967-71 fordert auch informierte Leser, die das detaillierte Vorwort Das Konzert eines Solisten von Johann Ulrich durchgearbeitet haben.

Die Erektion - Buch 2

Jim & Lounis Chabane / Splitter

Wir steigen ein direkt nach den Turbulenzen des ersten Bandes – Das verschneite Paris in der Vorweihnachtszeit, 3 Uhr morgens. Die Erektion bei Florent ist weiterhin präsent. Seine Frau Lea ist weniger erbaut als er, dass die eben abgedüste Alexandra schon wieder in der Tür steht, völlig aufgelöst durch die frische Trennung vom bald unten vor der Wohnung randalierenden Jean-Fab. Die kampfeslustige Lea gibt nicht nur ihrem Viagra-Gatten, sondern auch dem Betrunkenen unten auf der Straße Saures und schleppt einen jugendlichen Stecher auf die Party ein Stockwerk über der eigenen Wohnung. Währenddessen kommen sich dort die zurückgelassenen Alexandra und Florent näher... Unser Eindruck zum Band 1 hat weiter Bestand - die nicht allzu böse, leichte Boulevardkomödie ist von Autor Jim & Zeichner Lounis Chabane technisch sehr sauber inszeniert, meist wortreich und insbesondere im vorliegenden zweiten Teil auch mit einigen Längen. Vorrangig yoyeuristisch motivierte Leser mögen bedauern, dass die durchnässte, attraktive Alexandra (wie ihr Pendant Lea eine um 20 Jahre verjüngte `48-Jährige´) über weite Teile der Geschichte in einen Ganzkörperbärenkostüm-Pyjama gesteckt wird - von der eifersüchtigen Lea. Vielleicht wollte das versierte Kreativ-Duo hier mit etwas Schalk im Nacken die Erwartungshaltung einer ggf. vom Titel angezogenen Leserschaft durchkreuzen, die hier auf `mehr´ spekuliert: subtile Erotik mit viel Text: ja, zu expliziter Sex: nein, nicht auf diesem Kanal. www.splitter-verlag.de

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Die Erektion 1 Rezension *

www.splitter-verlag.de

Esthers Tagebücher - Mein Leben als Zehnjährige / ...als Elfjährige

beide: Riad Sattouf / Reprodukt

1 Neben der Aufarbeitung der eigenen Kindheit mit Der Araber von morgen (die mit einem vierten Band 2019 weitergeführt wird) bleibt der syrisch-französische Autor, Zeichner & Filmemacher Riad Sattouff dem Thema mit Esthers Tagebücher gewissermaßen treu - und erzählt hier noch konsequneter aus der Perspektive Heranwachsender: Die Erlebnisse und Gedanken eines weiblichen Teenagers - in Frankreich wöchentlich im Nachrichtenmagazin L´Obs publiziert - im Rahmen von Sattoufs auf zehn Jahre angelegtem, von französischen Ministerien geförderten Langzeitprojekt sind bislang die ersten beiden Bände mit je 52 Einseitern erschienen. Ein mit Ihrer (derzeit 5-köpfigen) Familie im 17. Arondissement von Paris lebendes Mädchen aus Sattoufs Bekanntenkreis schildert dem Comiczeichner & Filmemacher regelmäßig alles, was sie so erlebt & bewegt. Die sehr wortreich mit Sprech- & Gedankenblasen, Anmerkungen & Geräuschen gefüllten (und teils überfüllten), meist eher kleinteiligen Panels aus Esthers Grundschul-Welt beschäftigen den Leser erst einmal über die reine Textmenge, während der reduzierte Zeichenstil hier schon eher als Schmiermittel bei der Lektüre taugt. Die Episoden sind mal lustig, mal berührend oder auch mal voll unangenehmer Wahrheiten, aber allesamt nachvollziehbar - und eine Fundgrube für Eltern der rätselhaften Spezies Teenager. www.reprodukt.com

 

1 slide Comics 10 18 Attaf Girlie

Lincoln 1 - Auf Teufel Komm Raus / Marshal Bass 2 - familienmorde

Olivier, Anne-Claire & Jerôme Jouvray / schreiber & leser * Marcan, Kordev & Vitkovic / Spiltter

Zwei Westerncomics mit neuen Erzählansätzen.

1 Nachhaltige Wut auf alles ihm Bekannte ist so ziemlich das Einzige, was Strauchdieb Lincoln aus seiner verschwendeten Jugend im Hurenhaus mitnimmt - ein Leben Auf Teufel komm raus. Dieser nihilistische Cowboy will eigentlich nur in Ruhe weiter Leute herein- und Frauen flachlegen, als er Gott begegnet. Sein Kommentar: "Zisch ab." Der unscheinbare bärtige Alte, der sich schonmal beim Teufel Geld leihen muss, schlägt Lincoln dennoch einen unwahrscheinlichen Deal vor: Ewiges Leben, bis der Unverbesserliche einsieht, dass es auch Gutes in der Welt gibt. Nach einem ersten, am Galgen endenden Rückschlag lässt sich der wiederauferstandene Lincoln widerwillig zu einer Art Rächer der Witwen & Waisen ausbilden und versieht den neuen Job mit beachtlichem Erfolg, aber ohne innere Begeisterung. Aus dem interessanten Ansatz machen Autor Olivier Jouvray und (u.a. arte-)Grafiker Jérôme Jouvray (dessen Frau Anne-Claire Jouvray das Kolorieren der eher reduzierten Bilder übernommen hat) im ersten Band dieses lakonischen, gegen Ende aber unzureichend verdichteten Genrecomics noch zu wenig. "Wo soll das bloß hinführen?" fragt sich der Leser mit Antiheld Lincoln im letzten Bild. Ob die (kurz ironisch angerissene) Namensgleichheit mit dem 16. Präsidenten der USA noch eine Rolle spielt? Der zweite Band mit dem Titel Der in den Wind spricht ist vom Verlag schon für Januar 2019 angekündigt.  www.schreiberundleser.de

 

  
 

 

Comic 10 18 Lincoln

1 "Hat man schonmal einen barfüßigen Marshal gesehen?" Wie schon das Sequel-Cover und der Titel Familienmorde andeuten - sich Respekt zu verschaffen, ist für River Bass weiter kein Honigschlecken. Dass das Leben im Wilden Westen gegen Ende des 19. Jahrhunderts für den ehemaligen Sklaven im zweiten Marshal Bass-Band einfacher werden würde, war nicht zu erwarten. Auch wenn der Serienkiller, dem der exotische Gesetzeshüter auf der Spur ist, zu Beginn der Story anderweitig aus dem Weg geräumt wird, heftet sich das Schicksal einmal mehr missgünstig an Bass´ Stiefelsporen. Zunächst in Gestalt des Unbillmagneten Turtle. Dass Bass den stinkenden Möchtegernkopfgeldjäger nicht nachhaltig abzuschütteln vermag, rettet ihm zwischenzeitlich, in den Fängen eines so inzestuösen wie mörderischen Siedler-Doppelpärchens, allerdings auch das Leben. Während auch ohne die allzu exzessiven Gewaltexzesse des ersten Bandes die Geschichte hier durchaus spannend fortgeführt wird, bleibt der zentrale Charakter weiter ambivalent. Am Ende von Band 2 kehrt Bass zwar erst einmal zu seiner vielköpfigen Familie inklusive Gattin Bathsheba zurück, seine Motive sind jedoch immer noch nebulös. Da das Autoren- & Zeichner-Team Darko Macan & Igor Kordey einen dritten Band vorgesehen hat (als neuer Kolorist ersetzt Nikola Vitkovic den Kollegen Desko) darf man auf weitere Antworten um den historisch belegten, einsamen (Anti-)Helden hoffen.

 

Comic 10 18 Marshal Bass 2

Marshal Bass 1 Rezension *

www.splitter-verlag.de

Herbst In Der Hose

Ralf König / Rowohlt

Späte, aber jahreszeitlich schließlich noch angemessene Würdigung dieses in der Redaktion seit dem Comicsalon Erlangen vorliegenden Reifewerkes. Bei Ralf König, dem zu Recht vielfach preisgekrönten Meister des schwulen deutschen Comics, herrscht im 30.(!) Jubiläumsjahr seines Durchbruchs mit Der bewegte Mann nun Herbst in der Hose. Ein opulentes Sylvesterfeuerwerk zum Einsteig - das Leben eine lange, stetige Party. Doch auch beim ungleichen Kölner Schwulenpärchen Konrad Stubenburg & Paul Niemöser (sic) hat - schon vor `50´! - die `Andropause' zugeschlagen. Das Haar lichtet sich oder wird an den unpassendsten Stellen grau, die Libido ist im Sinkflug begriffen und die Gay- bzw. PlanetRomeo-Kontakte auch nicht mehr das, was sie mal waren. Auch Schwuletten werden eben älter... Das liest sich einmal mehr vergnüglich, wenn König in den Dialogen seiner knollennasigen Charaktere virtuos die bei sich und anderen abgepausten Wahr- & Begebenheiten des Alltags abarbeitet - die des zwischenmenschlichen im Allgemeinen wie des homosexuellen im Besonderen. Der eine oder andere Tropfen Humor schmeckt naturgemäß bittersüß, schließlich segelt ja auch der Leser - gleich welcher sexuellen Präferenz - auf dem `river of no return´. Die Kapitelseiten zoomen in den bei König gern genutzten antiken Chor, der sich bereits auf dem Cover (hinter dem Sofa) formiert hat - die Dramatik steigert sich. Bis - `plop´ & `zisch´ in den abschließenden Bildern zwei letzte Sylvester-Raketen verglühen und sich der Autor & Zeichner stilvoll verabschiedet, mit zart-schattiger Note im Abgang. www.rowohlt.de


TIPP

Comic 10 18 HerbstHose

Ist das noch Entspannung oder schon Langeweile?

Hauck & Bauer / Kunstmann LIVE-TIPP

Ist das noch Entspannung oder schon Langeweile fragen (sich) die erfolgsverwöhnten Zeichner Elias Hauck (Berlin) und Texter Dominik Bauer (Frankfurt a.M.) mit jeweils gerade 40 Lenzen auf dem (von Michael Sowa nachempfundenen) Cover ihres aktuellen Cartoon-Bandes. Die beiden Könner sind quasi nur im Doppelpack zu haben. Auch F.A.Z.-Ressortleiter Bertram Eisenhauer, hier zur Laudatio...pardon, zum Vorwort gebeten, konnte die beiden lange nicht auseinanderhalten und bediente sich wohl auch deshalb bei einer Steve Martin-Eloge auf Paul Simon (unter lobender Erwähnung auch von Art Garfunkel) als Eselsbrücke. Im immerhin über 220 Seiten starken `Prachtband´ zum 15-jährigen Jubiläum werden neue Anworten auf laut Schirmherrin Anke (`Hat Zeit´) Engelke zuvor "nie rästselhafte" Lebensfragen gegeben, etwa zu Grußaufträgen, Traumberufen, zu Kunst & Schriftstellerei, zur Gelassenheit im Alter oder zum perfekten Mord. Und da sich Hauck & Bauer hier einmal mehr pointiert "am Rande der Gesellschaft" verlustieren, bekommen auch die rechtsaußen steil Gehenden mitsamt der sogenannten `Alternative für Deutschland´ ihr Fett weg. Viel komisch Zugespitztes - über die Langstrecke in noch besserer Form als bei der letzten Veröffentlichung Ich kann einfach nicht Wein sagen von 2016. Schmunzeln, kichern, lachen - alles bekanntermaßen gesund. Deutlich mehr Entspannung als Langeweile also. www.kunstmann.de

LIVE

Comic 10 18 HauckBauerLangeweileAdventslesung mit Kristof Magnusson sowie Hauck und Bauer am 09.12 @ www.vereinsheim.net

Die schlümpfe - Mini-Ausgaben

Peyo - toonfish / Splitter

1958 entsprangen die kleinen blauen Kerle einer Folge von Peyos Erfolgsserie Johann & Pfiffikus. Macht 60 Jahre Schlümpfe - Ein Grund zur Gratulation. Das deutsche Splitter-Imprint toonfish tut dies mit einer Sonderausgabe von sechs liebevoll gestalteten Mini-Hardcover-Ausgaben früher, ab 1959 ursprünglich als Bastelbögen veröffentlichter Abenteuer: drei davon seien hier bespielhaft vorgestellt 1 In Die schwarzen Schlümpfe, der allerersten Folge, wird es gleich existenzbedrohend für die Schlumpf-Population: von einer Bss-Mücke gestochen, mutieren die Untergebenen von Papa Schlumpf einer nach dem anderen zu schwarzen Schlumpf-Zombies, die alle blauen Kollegen per Biss in den Allerwertesten zu ihresgleichen machen. Das Original erschien im Juli 1959.  2 In Der falsche Schlumpf, im Juni 1961 die vierte Folge der Serie, mischt sich der böse Zauberer Gargamel in Schlumpfgestalt unter die blauen Mützenträger. Ob er seine Rache verwirklichen kann. 3 Last but not least die sechste Episode Der hundertste Schlumpf vom Februar 1962, in der ein zaubergespiegelter Schlumpf Nr.100 die Mondfest-Choreografie von Papa Schlumpf durcheinanderbringt. * Nach dieser Respektbekundung für das weltweit erfolgreiche Kinder-Comic-Phänomen `Schtroumpf/Schlumpf/Smurf/I Puffi/Pitufo´: Für Erwachsene in Albenform abendfüllend ist das wohl nur für unverbesserliche Nostalgiker oder sehr einfache Gemüter - aufgrund der steinerweichenden, `geschlumpften´ Dialoge: "Dieses `Geschlumpfe´ macht mich rasend!"- Gargamel, in: Der falsche Schlumpf * Die Schlümpfe-Minis @ Toonfish

 

1 slide Comics 10 18 Peyo

Jetzt erstmals auch auf Deutsch - in der Originaledition.

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