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MEDIENTAGE MÜNCHEN 2017

1 MedientageCollCATCH UP IF YOU CAN- IMMERSIVES VERTRAUEN IN SOCIAL MEDIA?

Es wurde wieder zum großen Palaver der Medienbranche gebeten: den 31. Medientagen, inklusive Eyes & Ears Awards, Immersive Media und dem diesmal als Boxring (sic!) inszenierten Mediencampus.
Möchte man zusammenfassen, was die über 7.000 Teilnehmer bewegte: Vertrauen. Dieses wird zur zentralen Währung unserer digitalen Gesellschaft – Vertrauen in die Medien und den Journalismus, aber auch Vertrauen in die Technik und in die Macht der Algorithmen. Man kann es haben oder nicht.
Wie sehr sich die Rollen in der neuen Mediengesellschaft verändern, wurde bei Keynotes und Diskussionen deutlich: Journalisten haben ihre Rolle als Gatekeeper für den globalen Datenstrom verloren. Das Publikum gewinnt an Bedeutung, in den Medienunternehmen sorgen Algorithmen für die Produktion, Kuratierung und Verteilung von Inhalten & Werbung. Die Vorteile dieses Trends: Nutzer werden selbst zu Kommunikatoren und erhalten auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Inhalte und Informationen. Zugleich birgt diese Entwicklung aber auch Risiken. Sie lauten Fake News, Desinformation und Demagogie.
Das Thema Fake News stand beim Editors‘ Summit des Medientage-Gipfels im Mittelpunkt. Professor Bill Adair führte in das Thema ein und machte auf das Paradox aufmerksam, dass ausgerechnet in Zeiten immer größerer Informationsmengen die Desinformation zunehme. Soziale Online-Netzwerke hätten sich zu einem Verstärker falscher und gefälschter Nachrichten entwickelt. Adair gehört zu den Gründern der Pulitzer-Preis-ausgezeichneten Website PolitiFact, eines von inzwischen weltweit 128 Fact-Checking-Portalen. Fake News, Echo Chambers und Filter Bubbles – standen auch im Zentrum einer internationalen Studie, die Prof. William H. Dutton (Quello Center/Michigan State University) durchgeführt hat. Zur Einleitung des Journalism Summit stellte der Director des die wichtigsten Erkenntnisse vor. „Das Problem ist nicht so groß, wie es Politiker und Journalisten darstellen,“ lautete sein Fazit. Je nach Land seien nur ein bis vier Prozent der Bevölkerung anfällig für Falschnachrichten. Die Studie bezahlte: Google.
Ließ sich während der Medientage 2015 noch ein verhaltener Optimismus bei den großen Medienhäusern beobachten, die eigene digitale Zukunft steuern zu können, sich nicht von den Big Playern des Silikon-Valley vor sich hertreiben zu lassen, macht sich jetzt eine gewisse Angst breit, den Anschluss zu verpassen.

So kritisierte Anke Schäferkordt (RTL) die Marktmacht der US-Konzerne Alphabet (Google, YouTube) und Facebook, auf die weltweit inzwischen etwa siebzig Prozent des digitalen Marktes und etwa neunzig Prozent des Wachstums entfallen: „Wenn deutsche Unternehmen mithalten sollen, müssen Datenschutz und Werberegulierung liberalisiert werden" - einigermaßen durchsichtige Kritik an der geplanten E-Privacy-Verordnung der Europäischen Union: Wenn von europäischen Medienunternehmen nicht einmal Nutzerdaten ohne Personenbezug verwendet werden dürften, blieben als Alternative nur Pay-Modelle. Philipp Welte (Burda-Vorstandsmitglied) rechnete vor, dass Facebook mit einem Netto-Umsatz von geschätzt einer Milliarde Euro in Deutschland etwa so viel Geld mit Werbung verdiene wie alle Publikumszeitschriften zusammen. Christof Wahl, (Digitalvorstand ProSiebenSat.1 Group) bezeichnete die Rolle von Google und Facebook als „Frenemy“, also als Mischung aus Freund (Friend) und Feind (Enemy): Einerseits könnten sie für Medienunternehmen Reichweite generieren, andererseits würden sie den Werbemarkt dominieren. Ärmelhochkrempeln in der Lobby.

Künstliche Intelligenz – spielt die mediale Zukunft hier? Von Maschinen kreierte Texte, Schulung & Nachhilfe per Roboter oder computergesteuerte Plattformen waren Thema. „Wir werden in Zukunft immer mehr mit Produkten konfrontiert, von denen wir nicht wissen, ob sie von Menschen oder Maschinen stammen“, so Florian Rötzer, Chefredakteur des Onlinemagazins Telepolis. Und Zukunftsforscher Dr. Bernd Flessner: „Wir werden bei KI einen riesenbreiten Fächer an Anwendungen erleben, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.“ Trust the machine? Spannende Aussichten für die nächsten Medientage.

1 Medientage slide
Text & Slides: gb - sr - Medientage München. Redaktion: sr @ cinesoundz.de