Terror von oben und unten - Veni Vidi Vici & September 5 - neu im Kino
Instrumentalisiert, vorgeführt oder gar eingekauft - In zwei aktuellen Kinostarts steht der Journalismus auf verlorenem Posten.
september 5 - the day terror went live
Constantin - D-Kinostart 09.01.2025
In Venedig als Premiere gelaufen - jetzt erst - im Vorfeld der Oscars - endlich im deutschen Kino: Der auf Englisch gedrehte September 5 - mit sich reimendem Untertitel. Das Sport-Berichterstattungs-Team hat unverhofft einen Terroranschlag vor der Nase und immer wieder tickt die Uhr zwischen wichtigen Entscheidungen.
Kluge Rollenauswahl - nach Das Lehrerzimmer ist Leonie Bennesch erneut in einem oscarnominierten deutschen Film zu sehen. |
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Ziemlich genau 20 Jahre nach Steven Spielbergs Munich kommt erneut ein Film ins deutsche Kino, dessen Plot um den Terroranschlag auf die israelische Mannschaft während der olympischen Sommerspiele 1972 in München kreist. Elf Athleten & Trainer (sowie ein deutscher Polizeibeamter) kamen damals durch die palästinensische Terrorgruppe Schwarzer September im olympischen Dorf und aufgrund des Versagens der deutschen Sicherheitskräfte bei einem Befreiungsversuch auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck ums Leben. September 5 - The Day Terror Went Live ist der Film des Schweizer Regisseurs Tim Fehlbaum (Tides) betitelt, der als einzigen Schauplatz das Sendezentrum des US-Senders ABC im olympischen Dorf aufbietet. In diesem unverhofften medialen Mittelpunkt der Live-Berichterstattung für eine Milliarde Zuschauende steht das Sport-Sendeteam vor dem Dilemma, mit ihrer Live-Berichterstattung auch die Agenda der Terroristen zu befeuern. Der auf Festivals gefeierte und aktuell für einen Golden Globe nominierte Film wirft einen Blick auf Grenzen des Journalismus inmitten eines Terroranschlags. Leonie Benesch spielt die bei den Amis jobbende Münchner Studentin Marianne, der als Übersetzerin der Morgenschicht spontan eine tragende Rolle in der ad-hoc-Berichterstattung über die dramatischen Ereignisse zufällt - und die innerhalb der TV-Profi-Männer-Riege zwischendurch dennoch gefragt wird, ob sie nicht einen Kaffee servieren könnte. Trotz bekannt tragischem Ausgang ist dem Team um Fehlbaum hier ein spannendes Live-Broadcast-Kammerspiel gelungen - ein Überraschungscoup, der es bis in den Kreis der nun sogar Chancen auf eine Oscarnominierung eingeräumt werden. Lorenz Dangels Score mit insgesamt 16 Musikstücken wurde Ende November 2024 auf dem Constantin Label Königskinder - leider nur als Download - veröffentlicht. ◊ text: sr Deutschland 2024 | R: Tim Fehlbaum | D: Leonie Benesch, Peter Sarsgaard, John Magaro, Ben Chaplin u.a. * Trailer * Constantin Film-Website * |
veni vidi vici
Grand Film - D-Kinostart 09.01.2025
`Wer wird diesen Leuten endlich Einhalt gebieten? Wer, wenn nicht wir?´ Diese Frage stellt Veni Vidi Vici, der auf dem Münchner Filmfest gelaufene Film der österreichischen Arbeiterkinder Daniel Hoesl & Julia Niemann. Beide hier im Austrian Films - Interview. Österreich 2024, 86 Min., FSK 16. Regie: Daniel Hoesl & Julia Niemann, Drehbuch: Daniel Hoesl, Kamera: Gerald Kerkletz, Schnitt: Gerhard Daurer, Musik: Manuel Riegler, Gerhard Daurer, Szenenbild: Johannes Salat, Kostüm: Anais Horn, Marcus Karkhof, Produktion: Ulrich Seidl Filmproduktion in Kooperation mit Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion, gefördert von: Österreichisches Filminstitut, Filmfonds Wien, FISA – Filmstandort Austria, Land Niederösterreich, in Zusammenarbeit mit ORF. Der Clan in Mordslaune. Der Nachwuchs schießt sich ein und darf bald... ... endlich auch in der freien Wildbahn Maß nehmen. Der neue Butler steht still Spalier. * Trailer * Verleih-Film-Website * Kinotour mit Regieteam u.a. Gästen:
Frankfurt: Mittwoch, 08.01. um 20.30 Uhr im Cinema Hamburg: Donnerstag, 09.01. um 19.00 im 3001 Kino Köln: Freitag, 10.01. um 19.00 Uhr in der Filmpalette |
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Von Donald Trump ist unter anderem dies überliefert: "Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine Wähler verlieren". Das sagte der kommende Nochmal-Präsident bereits 2016 - weitgehend unwidersprochen - im ersten für ihn erfolgreichen US-Präsidentschafts-Wahlkampf. Der viel zitierte Satz bringt nicht nur das Macht-Phänomen Trump, sondern auch den ins Extrem getriebenen Internet-Kapitalismus eines Elon Musk zugespitzt auf den Punkt, als mittlerweile offenbar unabwendbares Zerrbild der westlichen Gesellschaft.
Aus Österreich, wo es zum Filmstart politisch extrabreit aus dem Ruder läuft, kommt der Film zum Spruch: die beißende Politsatire Veni Vidi Vici.
Rund zehn Jahre lang haben Daniel Hoesl und Julia Niemann in der Welt der Milliardäre recherchiert, Kontakte geknüpft, Vertrauen aufgebaut. Ihre Erkenntnisse haben sie in mehreren Filmen & der Dokumentation Davos (über das World Economic Forum) verarbeitet, in denen sie jeweils den Raubtierkapitalismus anprangern. Ihre ihre vierte gemeinsame Regiearbeit, die im Januar 2024 beim Sundance Film Festival uraufgeführt wurde und dann im Sommer in der Münchner Filmfest-Reihe CineRebels lief, zeigt ganz explizit: Wer Geld hat, kann sich alles erlauben. Unternehmer-Milliardär Amon Maynard (Laurence Rupp), zum einen liebender Familienvater und Ehemann, hat andererseits ein perfides Hobby: Er erschießt Menschen aus sicherer Entfernung, einfach so, weil er es kann. Seine Frau Viktoria (Ursina Lardi) manipuliert & erpresst unterdes als Rechtsanwältin Politiker*innen und Geschäftspartner*innen für ein profitables Bauvorhaben, ein anfangs investigativ-empörter Reporter wird erst vorgeführt, dann zugekauft. Tochter Olivia (Olivia Goschler) ist noch skrupelloser als ihre Eltern, denn sie hat gelernt, dass es für sie als Teil der Geld-Elite keine Konsequenzen gibt, egal, was sie tut. „Keiner stoppt uns“, sagt sie wiederholt im Off. Es klingt anklagend und genauso ist es auch gemeint.„Wir haben ein paar uns bekannten Milliardären das Drehbuch zum Lesen gegeben“, erzählt Daniel Hoesl. „Die haben uns allen Ernstes gefragt, wo denn nun die Satire sei. Auch den Film haben sie gesehen und: Diese Leute lachen über uns.“ Das wiederum klingt erneut verdammt nach der aktuellen US-Kombi Donald Trump & Elon Musk.
text: gb/sr ◊
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