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Amerika brutal. Oscar- Auf und Ab - The Brutalist / Babygirl

filmz 02 25 Brody The Brutalist quer

Die US of A, eine ohne Frage vor allem durch Brutalität geformte Nation, aktuell wieder auf rücksichtslose Dominanz eingeschworen. Gerade starten zwei nach ihrer Premiere in Venedig´24 als Oscarkandidaten gehandelte Filme aus den Staaten, die Machtspiele und den amerikanischen Traum auf ganz unterschiedliche Weise thematisieren.

Der brutalist / The Brutalist

Universal - D-Kinostart 30.01.2025

filmz 10 24 substance 1Brutales Amerika - So ambitionierter wie traumatisierter Architekt emigiert nach dem 2. Weltkrieg ins `Land of the Free´ und gerät in den Würgegriff seines narzisstischen Mäzens.


filmz 10 24 Cranko auge
Erszebeth Tóth (Felicity Jones) folgt ihrem (teils an Marcel Breuer angelehnten) Mann aus Ungarn in die Staaten - ein sich gegen multiple Widrigkeiten behauptendes Kreativ-Paar als Alter Egos des Drehbuchgespanns von Corbet & seiner Frau Mona Fastvold.

1 BRUTALIST again 1Diese wunderbare Bibliothek mit der doppelseitigen Lamellen-Bücherwand (Set Design: die hierfür ebenfalls oscarnominierte Judy Becker) ist der erste US-Bau, den Lazló Tóth in Pennsylvania realisieren darf. Sein späterer Gönner verkennt die Meisterleistung zunächst.


Corbet, der inklusive einer Corona-Verzögerung über sieben Jahre an seinem Film arbeitete, im Vorjahr in Venedig: „Es gab so viele Architekten aus der Bauhaus-Schule, von denen wir nie zu sehen bekommen haben, wozu sie in der Lage gewesen wären...The Brutalist‘ ist all diesen Künstlern gewidmet, die ihre Visionen nie realisieren konnten." Und außerdem, ganz explizit dem 2019 verstorbenen Scott Walker, der beide bisherige Filme Corbets kongenial vertonte. Wie wohl die dritte Zusammenarbeit geklungen hätte? Über den gemeinsamen Produzenten Peter Walsh führt die Spur zu Mute-Indie-Künstler Daniel Blumberg, dessen bemerkenswerter Score zwischen Jazz & neuer Klassik im Zuge der Kritiker-Begeisterung für The Brutalist ebenfalls oscarnominiert ist.

 TIPP
"Welcome to America." Für ein wirkliches Willkommen muss der jüdische Holocaust-Überlebende Laszló Tóth (eine Rolle, nach Der Pianist wie für Adrien Brody maßgeschneidert) seiner Schiffsankunft in New York 1947 folgend noch eine weite Busreise bis zum in Pennsylvania niedergelassenen Cousin Attila (Alessandro Nivola) auf sich nehmen. Nach dem Start in dessen Möbelgeschäft macht Tóth die Bekanntschaft des schwerreichen Industriellen Van Buren (Guy Pearce), der ihn mit einem gewaltigen Gebäudekomplex beauftragt - eine Aufgabe, über deren Umsetzung der visionäre, aber auch drogenabhängige Architekt und seine 1953 nachgeholte Familie über die Jahre fast zerbrechen.

Das auf mehreren Ebenen erstaunliche, in zwei Teilen 215 Minuten umfassende 70mm-Vista Vision-Epos vom Team um Regisseur Brady Corbet, dessen bisherige zwei Filme (The Childhood of a Leader von 2015 und Vox Lux von 2018) ebenfalls jeweils in Venedig eingeladen waren, heimste im Vorfeld der diesjährigen Oscar-Verleihung 10 Nominierungen in allen Hauptkategorien ein und gilt zu Recht als einer der Hauptfavoriten. In einer Tradition großer Americana wie Once Upon A Time in America oder There Will Be Blood greift der Film in seiner Erzählung weit aus, um seine Charaktere (und deren Wandlungen) plausibel zu entwickeln, präsentiert beeindruckende Kamera-Bilder (Lol Crawley) und das formidable Set Design (Judy Becker) einer fiktiven, ihren Schöpfer nach und nach verzehrenden und dabei ihre Bestandteile beim Bauhaus, Mies van der Rohe und osteuropäischem Brutalismus zusammensammelnden, modernistischen Architektur.
Im zweiten Teil dann fordert die exemplarisch von Triumph und Scheitern jüdischer Kreativer im Nachkriegs-Amerika erzählende Saga ihr Publikum analog zum quälend hindernisreichen Entstehungsprozeß des Bauwerks mit schmerzhaften bis schockierenden Szenen. Unkonventionell auch das Filmende - über eine, 1980 auf der Kunst-Biennale in Venedig (sic!) angesiedelte Laudatio auf des fiktiven Architekten Werk wird im Epilog
aufgelöst, was aufmerksamen Zu-schauern kaum entgangen sein dürfte:

filmz 10 24 substance 4Der Blick aus beschwertem Dunkel nach oben ins Licht. Eine Architektur, geprägt von KZ-Traumata.

BABYGIRL

A24 - Constantin - D-Kinostart 30.01.2025

filmz 10 24 substance plakatWer dominiert wen? Chemisch guterhaltene Unternehmerin & furchtloser Praktikant im erotischen Sadomaso-light-Clinch. Trotz aller von Nicole Kidman in Bewegung gesetzter Hebel vorzeitig raus aus dem Oscar-Rennen.

filmz 10 24 substance 2 A50 Shades of White: MILF, pardon, MILCH auf ex, wenn auch widerstrebend. Chefin Romy spurt, wenn Bubi Samuel befiehlt. Und in Hundehalter-Manier lobt: "Braves Mädchen".


* Youtube TrailerVerleih-Film-Website *


Gewinnspiel

2x2 Kinokarten werden ausgelost unter den richtigen Einsendungen (mit Klarnamen & postalischer Anschrift) an:

Babygirl @ cinesoundz . com

Zusendungen bitte bis 09.02. - Rechtsweg ausgeschlossen. Preisfrage:

Um welches andere Getränk - außer Milch, s.o. - geht es in einer Szene des Films?

 

`Läuft´ bei Romy Mathis (Nicole Kidman) - mit 50 plus hat sie nach außen alles erreicht. CEO-Posten in der eigenen, börsennotierten Firma, einen erfolgreichen Broadway-Regisseur als Ehemann (Antonio Banderas als Jacob) und zwei gemeinsame Teenager-Töchter daheim in der New Yorker Luxus-Villa. Wenn es nur nicht, trotz Filmstar-Optik (Gym- & Botox-Abo) und zugewandtem Partner, eine leichte Orgasmus-Unterversorgung gäbe. Unverhofft verheisst ein nonkonformistisch-frecher Praktikant aus Romys Firma Erfüllung im Sehnen der durchoptimierten Powerfrau nach: Dominanz. Sexy, wie der junge, coole Samuel (Harrris Dickinson muss seine Rolle als Objekt weiblicher Begierde aus Triangle of Sadness nur leicht variieren) seinen Schäferhund im Griff hat - da spurt bald auch die insgeheim SM-affine Firmenchefin.
Im das reale `rat race´ umkehrenden Spiel von Manipulation und Unterwerfung beginnt das eher unglaubhafte Drehbuch weiter nachzulassen, bis hin zum schwachen Schluss. Der natürlich aus dem Ruder laufenden Affäre, wo bald Selbstachtung, Kontrolle, Familie und Börsenwert auf dem Spiel stehen, folgt man nur noch widerstrebend.
Die niederländische Autorin, Regisseurin & Produzentin Halina Reijn entwickelt mit Babygirl ihr Indie-Regiedebut Instinct von 2019 Hollywood-kompatibel weiter und knüpft mit ihrem vom `orgasm gap´-Phänomen ausgehenden Film in einzelnen Elementen an die 80er & 90er Erotikthriller ihres Landsmanns Paul Verhoeven an. Reijn spielt so hin & wieder mit der Erwartungshaltung des Publikums, vergibt aber die Chance, mehr über US-Gesellschaft & -Geschäftswelt zu erzählen und so mehr als nur Vehikel für Coppa Volpi-Preisträgerin Kidman zu sein.
Trotz anfänglichem Buzz & Weihnachts-Start in den Staaten blieben Filmemacherin, Hauptdarstellerin und ihr Babygirl (gegen zugegeben starke Konkurrenz) letztlich ohne Oscar-Nominierung, wie auch andere, mehr als unterschwellig sexuell aufgeladene Kandidaten wie Queer mit Daniel Craig, Luca Guadagninos Challengers oder Robert Eggers´ Nosferatu.
Apropos - auch der interessante Score von Komponist Cristobal Tapia de Veer flog noch von der Shortlist für die diesjährigen Academy Awards.

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