Musikfilm-Double: Bolero vs. Köln 75
Zwei Filme, in denen Musik eine wichtige (wenn auch nicht die einzige) Rolle spielt, starten kurz hintereinander im deutschen Kino. Sowohl Bolero als auch Köln 75 navigieren dabei im Hintergrund zu legendären, Genre-sprengenden Meisterwerken.
bolero - die entstehung eines meisterwerks
X-Verleih - D-Kinostart 06.03.2025 - Gewinnspiel
Im mit dem Rest des Films nicht wirklich harmonierenden Vorspann sieht man weltweit eingesammelte Bilder von unterschiedlichsten modernen Interpretationen des hier mitsamt der großen Ballett-Premiere inflationär eingesetzten Orchesterstücks. Die Soundtrack-CD enthält die speziell für den Film von den Brüsseler Philharmonikern unter der Leitung von Dirk Brossé aufgenommene Version - und auch andere bekanntere Stücke von Ravel wie La Valse (sowie Nocturnes von Chopin). Pianist Alexandre Tharaud, der als Musikkritiker Pierre Lalo einen Gastauftritt im Film hat und Raphaël Personnaz am Piano als Double seine Hände `leiht´, steuert zwei neu aufgenommene Titel zum Album bei.
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Nach seinem Meisterwerk befragt, soll Komponist Maurice Ravel seufzend geantwortet haben: "Natürlich, der Bolero. Nur schade, dass er keinerlei Musik enthält."
Dies Urteil des Schöpfers findet sich sinngemäß auch im gleichnamigen Film, der nun, zum 150. Geburtstag Ravels, von der Entstehung des gleichnamigen, weltberühmten Ballett- und Orchesterstücks erzählt und einen Blick auf das Leben und Schaffen des Franzosen wirft.
Paris 1928: Komponist Maurice Ravel erhält von der so berühmten wie exzentrischen Tänzerin Ida Rubinstein (Jeanne Balibar) den Auftrag, eine Musik für ihr nächstes Ballett zu komponieren - sinnlich, betörend, ja, erotisch soll es sein - mit hispanischer Note. Der aufgrund kompositorischer Rückschläge mit sich hadernde Ravel sieht sich zunächst nicht in der Lage, etwas derartiges zu Papier zu bringen. Die Zuschauer werden Zeuge seiner frühen Misserfolge bei Wettbewerbs-Jurys und Kritikern sowie der für ihn unmöglichen Liebe zu seiner schillernden Muse Misia Sert (Dora Tillier). Eine der interessanteren Szenen zeigt, wie der Komponist sich nach einem levantinisch inspirierten Kreativschub beim Treffen mit seiner Auftraggeberin in einer Wollfabrik vom Rythmus der Maschinen fasziniert zeigt: "Überall ist Musik - hören Sie nur." Doch was die Tänzerin letztlich als opulentes Ballett zu seiner Musik tanzt, befriedigt Ravel nicht. Nach seinem hassgeliebten Trommel-Ohrwurm sollte er kaum noch ein weiteres Werk abschließen, von einer mysteriösen (wohl syphillitischen) Krankheit befallen. Anders als der schnittige Trailer vermuten lässt, entwickelt die musikalisch durchaus bewanderte Regisseurin (& Co-Drehbuchautorin) Anne Fontaine (Coco Chanel) hier über die 120 Minuten Laufzeit leider kaum einen erzählerischen Sog und verlässt zu selten die Vorgaben eines herkömmlichen Biopics. Wir verlosen Freikarten und die Soundtrack-CD (Warner Classics).– |
Mit mehr Tänzerinnen um Ida Rubinstein, als historisch verbürgt - die große Ballettszene mit der Premiere des Bolero...
köln 75 - eine frau. ein traum. ein legendäres konzert
Alamode - D-Kinostart 13.03.2025
Neben der energischen Mala Emde (gut 10 Jahre älter als ihre Rolle) ist auch Alexander Scheer als ECM-Produzent Manfred Eicher ausnehmend gut gecastet (auch wenn der Erzählstrang mit der Künstleranreise aus Lausanne dramaturgisch am ehesten schwächelt). Ulrich Tukur ist mit seinem Part als strenger, verständnisloser Vater von Brandes glaubhaft, aber tendenziell unterfordert, während Jördis Triebel die ihr Kind, wenn es darauf ankommt, unterstützende Mutter und Susanne Wolff gegen Ende in einer wie ein Fremdkörper wirkenden Szene die ältere Vera Brandes gibt. Die Originalmusik von Keith Jarrett durfte im Film zwar leider nicht verwendet werden - daher stammen die originären Klavierparts hier vom jungen polnischen, beim Krakow Filmmusic Festival ausgezeichneten Komponisten Hubert Walkowski.
![]() Vera - mit Freundin Isa (Shirin Eissa) & Frauenpower in der Männerdomäne Music-Biz.
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Ein ähnlich legendäres Stück Musikgeschichte hat sich Autor & Regisseur Ido Fluk hier vorgenommen: die wahre Geschichte hinter einer der meistverkauften Jazzplatten aller Zeiten. ECMs Köln Concert von Keith Jarrett aus dem Jahr 1975 wurde mit über 4 Millionen verkauften Exemplaren zum erfolgreichsten Solo-Jazz-Release aller Zeiten, über Jahrzehnte und das Genre hinaus sein Publikum findend. Ziemlich genau zum 50-jährigen Jubiläum des Rekord-Tonträgers gelang auch der Coup, die Weltpremiere des Films auf der Berlinale zu platzieren.
Vera Brandes hatte bereits mit fünfzehn angefangen, Jazzkonzerte und Tourneen zu veranstalten. Im Januar 1975 war sie 18 und hatte bereits Ronnie Scott, Gary Burton und andere `auf dem Buckel´. Beim für den späten Abend des 24. Januar 75 gebuchten Keith Jarrett ging sie mit der Kölner Oper ins Risiko. Das Konzert hing am seidenen Faden, der zugesagte Bösendorfer Imperial stellte sich als verstimmter, abgeratzter Stutzflügel mit klemmendem Pedal & Tasten heraus. Der nach Über-Nacht-Anreise mit Impresario Manfred Eicher im Kleinwagen aus Lausanne geräderte Jarrett weigert sich zunächst, ein solches C-Instrument zu spielen - Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs. Wie es trotz aller Widrigkeiten zum legendären "totally improvised concert" (in Jarretts Erinnerung) kommt, erzählt der Film in einer Mischung aus Coming of Age- & Roadmovie- mit Musikfilm-Elementen. ![]() Spot an - schließlich sitzt der von Rückenschmerzen geplagte Jazz-Star doch nächtens am Probenflügel: John Magaro (September 5) als Keith Jarrett in Köln, Anno 1975.
![]() In wechselnder Besetzung gehen Ido Fluk, die echte Vera Brandes & Hauptdarstellerin Mala Emde rund um den Filmstart auf Kinotour, mit Glück erwischt man dort auch die quadratische Film-Postkarte in Vinyl-Optik.
* Trailer * Verleih-Filmsite *
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