Das Verschwinden des Josef Mengele - Flucht & Lüge - Im Kino

Zwei um wechselnde Identitäten kreisende, hochkarätig besetzte deutsche Filme neu im Kino: Zunächst August Diehl als der in Südamerika untergetauchte Nazi-Verbrecher Mengele - und ab nächster Woche Albrecht Schuch als in der Schweiz arretierter Künstler Stiller, der ebenfalls standhaft behauptet, ein Anderer zu sein...
Das Verschwinden des Josef Mengele
DCM - D-Kinostart 23.10.2025
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Der Film polarisiert durchaus - während Diehls beklemmend-brillante Performance des cholerischen, unbelehrbaren Unmenschen zumeist als exzeptionell gewürdigt wird, wie auch die Schwarz-weiß-Bilder, die Stamm-Kameramann Vladislav Opelyants in Serebrennikovs Inszenierung findet, wird verschiedentlich, etwa im Deutschlandfunk oder von Alan Posener in der Welt, Kritik an einer stellenweise `voyeuristischen´ Nazi-Faszination geübt - in der Buchvorlage, wie auch in der vorliegenden (wie wohl jeder deutsche Kinofilm) fördergeld-basierten deutsch-französischen Filmproduktion. In der Tat mag es abstoßen, auch Mengeles Bettgeschichten oder Morgentoilette auf Leinwand mitzuverfolgen. Hauptdarsteller Diehl verteidigt den Ansatz dieser düsteren Studie von Flucht, Verdrängung von Schuld und der Unfähigkeit zu Buße oder Reue jedoch: "Ein wichtiger Film. Je näher man dem Bösen kommt, desto banaler wird es.". |
TIPP |
Das Verschwinden des Josef Mengele basiert auf dem gleichnamigen Roman von Olivier Guez. Dreh- & Angelpunkt der Verfilmung von Opern-, Theater- & Film-Regisseur Kirill Serebrennikov (Tchaikovsky’s Wife) ist der herausragende Hauptdarsteller August Diehl, der die Rolle zunächst abgelehnt hatte, den Film des russischen Dissidenten
Mit wem haben wir (und Diehl) es in Mengeles Person zu tun?
Der Film verfolgt - nicht streng chronologisch & eher bruchstückhaft - Mengeles Flucht und dessen Leben unter verschiedenen Pseudonymen in Argentinien, Paraguay und Brasilien, wo er sich jahrzehntelang einer Strafverfolgung entziehen konnte, unter Mithilfe von Familie und Exil-Nazis, teils unter Duldung geschmierter Regime.
Ein in Deutschland gezeugter, "langhaariger, linker" Sohn kommt ins südamerikanische Versteck, mit einem halbherzigen Versuch, den Vater sich und seine Greueltaten zu erklären zu lassen. Dieser Rolf (Max Bretschneider) verzwergt & verstummt vor der monströsen Leerstelle des Vaters, lässt sich als erstes die Haare schneiden, macht sich als Kurier und später auch als Dealer von Nazi-Devotionalien mitschuldig. Hast Du Menschen gefoltertSohn & Vater im unauflösbaren Konflikt."Ihr Krieg ist noch nicht vorbei." Wenigstens die Strafe des sich stetig Verbergenmüssens blieb dem reuelosen Verbrecher nicht erspart. Vereinzelte Farbsplitter werden bei Erinnerungen an Deutschland oder das Lager, das dominierende Monochrome als Symbol für das Überdauern der ungeheuren Verbrechen im Exil eingesetzt. Serebrennikovs erstes großes deutschsprachiges Filmprojekt zeigt auch das Versagen der Gesellschaft dies- & jenseits des Atlantik, das Unrecht adäquat zu verfolgen, zu sühnen. Es besteht mitsamt aller schmerzhaften Folgen weiter. Mengele wurde nie der Prozess gemacht, er ertrank 1979 im brasilianischen Badeort Bertioga nach einem Schlaganfall und wurde erst Jahre später über seine Gebeine indentifiziert. ♦ sr |
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