Reviews Pop-Rock 12-10

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 Duffy - Endlessly
Belleruche - 270 Stories
 
  Polydor / Universal -- Tru Thoughts / Groove Attack DOPPEL-TIPP!
 
 

Das Retrowunderwesen Aimee Ann Duffy hat sich nach ihrem Mega-Hit "Mercy" (auf dem Debüt "Rockferry") Zeit gelassen bis zum Folgealbum. Die Wahl der abgetauchten 70er-Größe Albert Hammond (senior!) als Produzent überrascht eindeutig mehr als die Kollaboration mit den Roots für die erste -kickende- Single "Well Well Well". Hammond wurde von einer TV-Performance der Waliserin quasi rekativiert - und schrieb schließlich 9 der 10 Stücke des neuen Albums mit Aimee Ann. Wer mit Duffys Markenzeichen, der kieksigen Stimme, nicht auf Kriegsfuß steht, wird auch ihr zweites Album ins Herz schließen, das zur Hälfte Balladen, zur Hälfte Uptempo bietet. Das weihnachtskompatible, karminrote Schnutencover sollte sein Übriges tun. 1,5 Millionen Alben sind zu toppen. Play Tracks 1,3,4,7,8. www.iamduffy.com

Auch das dritte Album des britischen Trios Belleruche versucht sich mit einer gehörigen PortionVintage-Charme an einer zeitgemäßen Soul-Variante. Gitarrist Ricky Fabulous, DJ Modest und Sängerin Kathrin deBoer haben die Insel bereits im Sturm erobert und sind mit ihrer Hip Hop/Blues/Soul-Mixtur schnell zum erfolgreichsten neuen Act auf ihrem nicht gerade klassearmen Label Tru Thoughts geworden. Auch auf dem Kontinent sollte da einiges gehen, Im Fall man Belleruche auch einmal außerhalb des UK live zu sehen bekäme - derzeit müsste man dazu in die USA fliegen... Play Tracks 1,2,4,8.
www.belleruche.com

 



 
 
 Bryan Ferry - Olympia
Alphaville - Catching Rays On Giant
 
 Virgin / EMI -- We LOve Music / Universal
 
 
 
In Würde zu altern, stellt im Popgenre, mehr noch als in angrenzenden Bereichen, eine veritable Herausforderung dar. Zweimal Flucht nach vorn:
Der ewige Dandy Bryan Ferry kommt uns zunächst mit einem typischen Roxy Music-Cover. Kate Moss darf sich als moderne Olympia mit Brillantencollier in Manet-Pose räkeln - allerdings upside down. Dem potentiell starken Opener "You Can Dance" hätte eine etwas druckvollere Produktion zu mehr Dancefloor-Appeal verholfen, hier ist auf weitere Remixe zu hoffen. Danach verfällt der Stilfreak in seine lässig hingehauchte Midtempo-Routine, unterstützt von exzellenten Studiocracks wie Nile Rodgers & Marcus Miller sowie illustren Gästen wie den Roxy-Kollegen Manzanera, Mackay & Eno oder Flea, David Gilmour und Chris Spedding - bis es mit "Shameless" und "BF Bass" nochmal flotter wird. Mit "Song To The Siren" versucht Ferry noch, einen zweiten Cover-Coup a la "Jealous Guy" zu landen. Play Tracks 1,5, 6, 8 .
Das großangelegte Alphaville-Comeback kommt im Zuge der weiteranhaltenden Achtziger-Begeisterung nicht von ungefähr. Dabei waren die ehemaligen Münsteraner/Berliner um den inzwischen leicht pummeligen Sänger Marian Gold seit "Big In Japan"-Zeiten nicht offiziell abgetreten, trotz zuletzt langer Aufnahme-Pause. Das Album mit dem kryptischen Titel "Catching Rays On Giant" ist bereits ihr achtes - rein rechnerisch, denn von den Gründungsmitgliedern ist nur noch Gold dabei. Hemmunglos synthetisch-bombastisch wirft sich das zu drei Vierteln neue Ensemble in die ersten vier Uptempo-Tracks, bis es dann auch einmal (remember "Forever Young"?) auch mal eine Ballade sein darf (und gemischt weitergeht). Drei, vier Mal funktioniert es immerhin noch.
Play Tracks 1-4, 7,12. www.alphaville.de
 



 
 
 Tanlines - Volume On
 
 Family Edition / Rough Trade LIVE-TIPP! 
 
 
Das erste Album! Nach den ersten vielversprechenden Singles/EPs auf Young Turks/XL, True Panther/Matador & auf der Kitsuné Maison Compilation Vol.7 erscheint endlich mit dem Sammelalbum "Volume On" keine Minidisc, aber eine vorläufige Schaffensbilanz des Brooklyner Duos Tanlines. Ein paar neue Remixes (von Basic Needs, Memory Tapes, Capracara (DFA), Austin Fisher u.a.) sowie ein ganz neuer Track ("O Seizing The Day O" mit The Rapture-Sänger Luke Jenner am Mikro. Die Tanlines, die auch schon Remixe für Au Revoir Simone erstellten und Zeit fanden, mit den schwer gehypten Noisepoppern Health zu touren, stehen für erfrischenden, melodieseligen und recht tanzbaren Indie-Pop mit Electro- und deutlichen perkussiven Afro-Einflüssen. Die Erwartungen für das noch 2011 eingeplante "richtige" Debut im Studio klettern weiter.
Play Tracks 2,3,4,5,6,7 (quite a little hitlist...).
 

 
 
 Tame Impala - Innerspeaker
Zeus - Say Us
 
 Various Artists - Modula / Rough Trade-- Arts n´Crafts / Alive  
 
 
Gute Zeiten fuer Beatles-Follower...
...wie Kevin Parker. Vom Rolling Stone bis zum NME, Mojo, Q Mag bis zum hehren Guardian - die englischsprachigen Szene-Leitmedien sind sich im Hype vereint ueber die Qualitäten von dessen junger australischer Alternative-Rockband! Deren einzigartige Down-Under-Mischung aus 60er-Psychedelia mit Referenzen an Urgesteine wie Love oder Cream, gepaart mit Westcoast-Stoner-Rock-Vibe erinnert die Inselfraktion an Indievergleichsmuster a la Animal Collective oder die Landsmaenner von Wolfmother. Tame Impalas Debutalbum "Innerspeaker" wird dagegen auf dem fernen Kontinent als eine Art Reinkarnationsscheibe von John Lennon gefeiert, der in Teilen an einem anderen Ende der Welt in Gestalt von Parker wiedergeboren zu sein scheint. www.tameimpala.com

Zeus sind da nicht allzu weit entfernt. Wenn es Kevin Parker mit John Lennon hält, tendiert Jason Collett aus Toronto eher zu Paul Mccartney & seinen Wings. Seine mit dem Namen des griechischen Göttervaters iaufgemotzte Band ist dabei keine One-Man-Show. Drei Sänger und Songwriter wechseln untereinander munter die Instrumente und Mikros, nur der Drummer hält derweil konstant den Beat. Ihr luftiger, folkiger Indiepop zitiert neben den Fab Four auch allgemein aus der Popgeschichte der 60s, von den Kinks bis zu The Band, mal akustisch, mal electrified, so wie das gerade wieder schwer en vogue ist im Indiezirkel.
www.themusicofzeus.com
 


 
 
 O. Children
 
 Deadly People / Rough Trade  
 

Aus dem Stand wird das gemischte, englisch-französisch-amerikanische Post-Punk-Gothic-Quartett O. Children mit melodischen Stücken wie "Malo", "Dead Disco Dancer", "Heels", "Ruins" oder "Radio Waves" die tiefgestimmte Düsterfraktion begeistern. Die nach einem Nick Cave-Song benannte Truppe geht dabei strikt nach den bekannten epischen Genrestrickmustern berühmter Vorbilder wie Bauhaus, Sisters Of Mercy und Joy Division vor und beschäftigt tatsächlich einen Drummer, der mehr nach Drummaschine klingen moechte. Genrenachwuchs - wie bedeutend oder interessant man das Anno 2010 noch finden mag, ist eine andere Sache.

www.myspace.com/ochildren
 

 
 
 Phantom Band - The Wants
 
 Chemical Underground / Rough Trade  
 

Nur knapp ein Jahr nach ihrem flächig gewürdigten Debut "Checkmate Savage" legt die Band aus Glasgow mit "The Wants'" einen passenden Nachfolger vor. Die innovativen, kleinen Soundideen sind dabei weiter das Markenzeichen des unterhaltsam-gehaltvollen Amalgams aus Kraut- und 70's-Progrock, Doo-Woop- und Minimalismus-Elementen, Polyrhthmik und Elektro, das hier aufgekocht wird und das dabei wirklich nicht besonders britisch klingt. Achtung, das Destillat ist so verdichtet, dass man sich Zeit nehmen sollte.

www.thephantomband.co.uk
 

 
 
 An Pierlé & White Velvet - Hinterland Ltd.
 
 PIAS / Rough Trade TIPP! 
 
 
Bereits bei Florence & the Machine gab es vereinzelte Anklaenge an die grosse Kate Bush, ohne stimmlich wirklich in deren Fahrwasser zu steuern. Auftritt An Pierle aus Holland, die Bushs Stimme bis in kleine Manierismen zu studiert haben scheint, ohne die eigene frische Note darüber zu verlieren. Insbesondere auf dem zweiten Track "Where Did It Come From" klingt diese An Pierle wie eine Studie der stibildenden Britin. Auf anderen Tracks gibt sich AP - alle Mühe, es nicht bei diesen alleine schon staunenswerten Fähigkeiten zu belassen, sondern ihre Stimme noch zuerst in den Dienst des jeweiligen Songs zu stellen, wobei es meist weniger artifiziell und geerdeter als bei Kate zugeht. Auch Jean-Baptiste-Biches Albumgrafik spielt sachte die "Never For Ever"-Karte. Erstaunlich nur, dass mit "Hinterland" nun bereits das vierte Album dieser Formation vorliegt, die bisher eher auf dem Kontinent als auf der Insel punkten konnte. Dort sitzt ja eben auch noch die große...sie wissen schon. www.myspace.com/anperleandwhitevelvet 

 
 
 Sleigh Bells - Treats
 
 Mom & Pop - Zomba / Sony 
 

Seit den Branchentreffs SXSW & CMJ ist der Hype um die beiden aus Brooklyn operierenden Musikanten Alexis Krauss und Derek E. Miller ins Kraut geschossen. So neu oder aufregend ist deren Mischung aus leicht metallenen oder angepunkten Rockriffs, übersteuertem Electro-Noisegebolze, Hip Hop-Beats und Alexis´ mahrfach geschichteten Cheerleadervocals eigentlich keineswegs, zumal das Schema auf Albenlänge deutlich schwächelt. "Beauty & The Beast"-Crossover - naja.

Immer mal wieder gerüchteweise kursierende Livetermine - selbige zu checken auf: www.myspace.com/sleighbelllsmusic Play Track 7.
 

 
 
 Super Preachers - The Underdog
 
 Hazelwood / Indigo  
 

Ganz unterhaltsames zweites Album der Hazelwood-Gewächse Super Preachers - der Truppe um den Pariser Film- und Klangkünstler François Carles, dessen Wirken vom einen oder anderen Music Supervisor Hollywoods deutlich mehr goutiert wird als bei Medien oder Publikum hierzulande. Für die filmische Eignung sorgen im 'Beat Bizarre' der französischen Kosmopoliten eine Vielzahl von Popideen, die vor der Vermischung von Northern Soul, Singalong-Parts, Girl-Rrriot, Big Beat-Serenaden, NuJazz, Downbeat & Chanson mit etwas Hip Hop- und Garagen-Spirit nicht zurückschrecken. Und damit die Preachers diesmal mehr Gehör finden, wird auf dem Album gleich mit Intro- & Outro selbst per Jingle kräftig die Werbetrommel gerührt.
www.myspace.com/superpreachers
 


 
 
 Syd Matters - Brotherocean
The Grand Opening - In The Midst Of Your Drama TIPPS
 
 Because / Alive -- Tapete / Indigo
 
 
 
Der dritte im Bunde mit Tame Impala und Zeus hätte Jonathan Morali mit seinem Quintett aus Paris sein können. Das, obwohl er statt eine deutliche Beatlesneigung zuzugeben, ja behauptet: "Syd Matters". Modernere als die eigenen psychedelischen Floyd-Weihen ergeben die auch von anderen gern gezogenen Vergleiche mit Radiohead. Syd Matters also gibt es allerdings mittlerweile seit drei Alben bereits - denen vor "Brotherocean". Der experimentierfreudige Indiefolk scheint nun reif für ein grösseres Genrepublikum zu sein. Celli, antiquierte Keybords und ein paar verhaltene Elektrospielereien gönnt man sich da zur Gitarre und sogar eine Blockflöte erscheint in solchem Kontext nicht mehr abwegig. Literaten wie William Faulkner, Gabriel García Márquez und vor allem (der dem Rezensenten zugegebenermassen unbekannte) John Banville haben auf "Brotherocean" erklärtermassen lyrische Spuren hinterlassen. Man hört sich warm. www.sydmatters.com

Etwas fuer American Music Club-Fans: John Roger Olsson, Jens Petterson und Otto Johansson kommen nach "This Is Nowhere To Be Found" und "Beyond The Brightness" auf dem dritten Album ihres Bandprojekts The Grand Opening erstmals vergleichsweise dynamisch daher. JRO behält die Federführung bei den sanften, eindringlichen Kompositionen, lässt sich aber auf eine vollere Americana-Instrumentierung ein, plus gelegentliches Vibraphon. "In The Midst Of Your Drama"..."it's no choice, it's a spell..."

www.thegrandopening.com Play Tracks 1-4,6-8,10.
 



 
 
 Fyfe Dangerfield - Fly Yellow Rock
Dinner At The Thompsons - Off The Grid
The Strange Death Of Liberal England - Drown Your Heart Again
 
 Various Artists - vertigo Berlin / Universal -- Earth At Work / Groove Attack -- DevilDuck / Indigo
 
 
 1 In seiner Heimat Birmingham ist der Guillemots-Frontmann eine feste Größe. Mit seinem aktuellen Album soll sich das auch auf dem Kontinent entwickeln. Dessen Songwriter-Qualtitäten werden Plattenfirma & Britpresse gebetsmühelnartig betont, für eine kürzliche TV-Ad-Kampagne wurde aber ausgerechnet die dem Stück wenig neue Erkenntnisse abringende Billy Joel-Coverversion "She´s Always A Woman To Me" ausgewählt...
2 Dinner At The... bietet NuSoul, Hip Hop, Funk in Stones Throw-Manier, kleine Gainsbourg-Reminiszenz inbegriffen (französische Beteiligung halt). Play Tracks 2, 3, 9, 12. www.myspace.com/dinneratthet
3 Cure-, Smiths- oder Manic Street Preachers-Referenzen treten im zuweilen orchestral anmutenden Gitarrenpop der Band mit dem länglich-apokalytischen Namen deutlich zu Tage. Produzent Dave Allen hat der im November erstmals in Deutschland getourten Truppe einen Start nach Maß verschafft. www.tsdole.co.uk
 
 
 
  

 
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