Reviews Jazz 03-11

* soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

 Portico Quartet - Knee-deep In The North Sea
 
 Real World / Indigo VINYL-TIPP
 



Frischzellenkur fürs Debüt. Nach dem großen Erfolg ihres zweiten Albums "Isla" haben sich die vier Londoner Jazz-Twens vom Portico Quartet entschieden, den Vorgänger "Knee-Deep In The North Sea" vom "Isla"- (und Radiohead-) Produzenten John Leckie neu abmischen und mit drei Bonustracks versehen zu lassen. Schon in der Originalversion war die Platte 2008 für den Mercury Music Prize nominiert. Nun klingenden Kontrabass, Schlagzeug, die Saxofone und Steeldrums also noch besser. Zwei der drei zusätzlichen Tracks wurden 2009 beim Jazzfestival Kopenhagen aufgenommen, "All The Pieces Matter" ist ein bisher unveröffentlichter Track. Auf CD wie live gleichermaßen empfehlenswert. www.porticoquartet.com
 

 
 
 Avishai Cohen - Seven Seas
 
 Blue Note / EMI TIPP

 
 
Der in Jerusalem geborene, mal mehr in Tel Aviv , mal mehr in New York lebende israelische Bassist & Bandleader Avishai Cohen hat sich u.a. als Gründungsmitglied des Chick Corea Sextetts höchstes Lob erspielt . "Rising Star" der internationalen Jazzszene ist nur eines der vielen Attribute, die ihm durch Kritik und Mitspieler immer wieder verpasst werden . Cohens Spiel- und Kompositionsweise wandert sehr melodisch und gekonnt zwischen israelischer/nahöstlicher Musik, Latin, Blues und moderner Klassik. Auf dem Opening Track seines neuen Albums setzt sich Cohen auch mal (sehr gekonnt) ans Piano. Und singen kann er selbstredend auch. "Seven Seas" , vielleicht Cohens bisher rundestes Album, wurde im schwedischen Nilento -Studio von Cohens langjährigen Partner Lars Nilsson (der auch diesmal wieder am Flügelhorn mitspielt) aufgenommen. www.avishaimusic.com/

 

 
 
 Gilad Atzmon & Orient House Ensemble - The Tide Has Changed
 
 World Village / Harmonia Mundi LIVE-TIPP

 
 
Auch Orient House Ensemble-Leader Gilad Atzmon ist in Jerusalem geboren. Sein im Jahr 2000 in London gegründetes Bandkollektiv wurde bezeichnenderweise nach dem Hauptquartier der Palästinenser in Jerusalem benannt, denn der streitbare Atzmon hat seit langem ein durchaus gespaltenes, kritisches Verhältnis zu seiner Heimat. Der zehnte Band-Geburtstag bietet mit einer neuen Veröffentlichung Anlass & Möglichkeit zum erneuten Betrachten seiner Jazzsprache, mit der er ebenfalls Fronten überwinden will. Auch wer Atzmons politisches Engagement kritisch sieht, wird anerkennen: die aktuelle CD bringt virtuos Weill'sche Klänge, Blues, Ravels Bolero, arabische Anklänge, improvisierten Jazz, Folklore und Melancholie unter einen Hut. Vom 6.3. bis 19.3. ist Gilad Atzmon mit dem Orient House Ensemble auf "Spring Tour" in Deutschland und der Schweiz. www.gilad.co.uk/
 

 
 
 Lars Duppler - Raetur
 
 Ear Treat / Edel  
 

Lars Duppler, u.a. als Pianist in den Bands von Nils Wülker und Tom Gaebel oder geschätzt, hat sich für sein zweites Album weiter in Richtung Jazzrock aufgemacht- und nach Island, auch für den Vorgänger "Alliance Urbaine" bereits einer der Orte der Inspiration für LD. Mahavishnu Orchestra, Weather Report oder auch Led Zeppelin spuken da jeweils kurz als als Vorbilder herum, doch die Band um Duppler hat sich ein eigenes Thema gesucht. Dem isländischen Albumtitel, der "roots" meint, folgend, gibt es hier neben drei Eigenkompositionen zehn Bearbeitungen von alten und neuen isländischen Liedern – bis ins 17. Jahrhundert zurückreichend, aber auch Björks "Venus As A Boy". Zweimal hört man dazu denn auch den Gesang des Isländers Pétur Ben. Aufgenommen wurde im Juni und August 2010 mit Gitarrist Johannes Behr, Bassist Philipp Bardenberg, Schlagzeuger Jens Düppe und natürlich Duppler an Fender Rhodes- und Moog-Tasten.
 


 
 
 State Of Monc - Phantom Speaker  
 Soundcamp - Our Distribution / Soulfood 
 
State of Monc, das im Jahr 2000 gegründete holländische Septett um Trompeter Arthur Flink und Elektronik-Mastermind Hielke Praagman präsentiert auf seinem vierten Album "Phantom Speaker" zehn live in Rotterdam aufgenommene Eigenkompositionen, im groovebetonten Stil irgendwo zwischen Miles Davis, Eric Truffaz und Nils Petter Molvaer unterwegs. Auf der beiliegenden DVD sind fünf der Titel auch optisch dokumentiert, inklusive speziell abgestimmter Lightshow.

Konzerttermine für Deutschland sind bisher nicht bestätigt - watch:
www.stateofmonc.com/
 

 
 
 Roger Willemsen legt auf - My Favourite Things
 
 Tacheles - Roof / Indigo
 
 

Roger Willemsen hat sich unter anderem auch als Vermittler des Jazz in Deutschland verdient gemacht. Im ZDF waren bei "Willemsens Woche" regelmäßig Jazzer zu Gast, zu Michel Petrucciani entwickelte er eine besonderes Verhältnis. Über Jahre moderierte die Verleihung des deutschen Jazzpreises und diverse Radiosendungen. Eine davon ist aktuell "Willemsen legt auf" bei NDR Kultur. "My Favourite Things" versammelt in diesem Rahmen einige der Lieblingstitel Willemsens, und die charakteristisch-anekdotisch-launigen Erklärungen. zwischen den ausgewählten Titeln von Lester Young, Charlie Parker, Sonny Rollins, Cannonball Adderley, Art Pepper oder Joe Henderson , aber eben auch von Mulatu Astatke oder Krzysztof Komeda sind nun auch Hörern außerhalb des Reichweitengebiets des NDR zugänglich. www.roger-willemsen.de
 

 
 
 Ken Nordine - Word Jazz
 
 Heads Up / In-Akustik  
 

"The Complete 1950s Recordings" fasst die drei Original-LPs "Word Jazz" von 1957, "Son Of Word Jazz" von 1958 und "Next!" von 1959 zusammen. Der legendäre Ken Nordine (geboren 1920 in Iowa) plaudert mit seiner satten, Baritonstimme über coolen Arrangements des Ensembles von Chico Hamilton und schrägen Soundeffekten. Der locker der Beat-Bewegung assoziierte Sprachkünstler schrieb seine breit gefächerten Texte selbst und erprobte und engagierte sich in unterschiedlichen Kreativjobs. So war Nordine unter anderem Linda Blair's Sprachtrainer für ihre Rolle in "Der Exorzist". Kompakte Einführung ins Nordine-Universum, inkl. Liner Notes des Musikhistorikers Derek Barker & Abbildung der Originalcover im Booklet.
www.wordjazz.com/
 

 
 
 Mariette Radtke I Motion Club Sextett - Beyond The Border
Eva Jegun - My Blue Hour
 
 MR Musik Trilogie / Eigenvertrieb * Galileo MC
LIVE-TIPPS
 
 
Zunächst serviert das Motion Club Sextett auf der neuen CD "Beyond the Border" Bewährtes, von Cole Porter bis Wayne Shorter. Insbesondere mit Track 5 aber illustriert die umtriebige Münchner Sängerin & Bandleaderin Mariette Radtke ihren neu entwickelten "Vokaltanz"-Ansatz: "...den Hörer ohne seinen Verstand über das Wort abzuholen, doch die Stimme in ihrer Funktion im Lied zu halten. Kein klassischer Scat also, Gesang ohne Worte vielmehr." Ob der Hörer so zusätzlichen Raum für die eigene Geschichte zur Musik erhält, kann (im Münchner Raum zumindest) bald live überprüft werden: Mariette Radtke & Motion Club Sextett: Mariette Radtke (comp, arr, voc), Christian Gall (arr, p), Till Martin (sax), Reinhard Greiner (tp), Matthias Gmelin (dr) am 12.02.2010 im Münchner Jazzclub Unterfahrt. MR ist zudem als Stimmtrainerin tätig - der nächste Workshop findet am 13. 3. in München statt. www.motionclub.net/

Ihre Stimme ist vielleicht Geschmackssache, aber allein die Tatsache, dass die trotz zarten Alters schon mit einiger Livererfahrung ausgestattete Wahlberliner Songwriterin Eva Jagun auf ihrem Solodebüt "My Blue Hour" nicht nur sicher in Englisch, Spanisch und Portugiesisch singt, sondern auch alle Tracks bis auf den letzten (Gershwin-) Titel selbst verfasst hat, nötigt Respekt ab. Im bandinternen Abstimmungsprozeß entwickelte sich dazu ein einerseits von sonnigem Bossa- und Latinambiente, andererseits von Piano, Violine und Fügelhorn geprägter Akustiksound. Guest Appearances vom australischen Gitarristen Ben Edgar oder Kalle Böhm, u.a. bekannt als Flötist der Titelmelodie der "Sendung mit der Maus". Das aufwendige Fotoshooting in Venedig deutet es an - hier hat jemand Großes vor. Bestätigte Livetermine: 17.3. Osnabrück, 7.4. Passau und am 8. April in der Münchner Unterfahrt. www.myspace.com/evajagun

 






 
 
 Imelda May - Mayhem
Roomful Of Blues - Hook, Line & Sinker
MissinCat - Wow
 
 Various Artists - Decca / Universal * Alligator / In-Akustik * Revolver / Cargo

In dieser Rubrik wird wieder einmal so einiges mitverhandelt, das straighten Jazz nur in Spurenelementen aufweist, aber ähnlich unaufgeregt zur Sache kommt...
 
 1 Imelda May aus Irland arbeitet an den Schnittstellen von Rockabilly, Jazz, Blues und Surf. Als Bad-Girl mit enormem Drive hat sie auf der Insel offenbar schon diverse Hauptacts an die Wand befördert. Insofern ist man nach Durchhören ihres aktuellen, zweiten Albums vor allem auf die angekündigten "Mayhem"-Livetermine im Mai des Jahres gespannt. www.imeldamay.de
2 Roomful Of Blues widmen sich -seit über 40 Jahren- Jump Blues, Rhythm & Blues und dem frühen Rock'n Roll der späten 40er und frühen 50er Jahre. Gitarrist Chris Vachon, Rich Lataille (Tenor-und Alt-Saxophon) & Co. werden auf "Hook, Line & Sinker" vom neuen Sänger Phil Pemberton verstärkt. Solide Vintage-Angeltour. www.roomful.com
3 MissinCat, also die italienische Wahlberlinerin Caterina Barbieri, macht weiter auf Mädchen. Dabei ist bei der Produktion ihrer selbst komponierten & getexteten Stücke wenig dem Zufall überlassen. Zu fein sind auch ungewöhnlichere Instrumente wie Banjo, Cello, Posaune oder Mellotron (bis hin zur Singenden Säge) in den Arrangements aufeinander abgestimmt. Aufgenommen in Stockholm, gemischt in Berlin. www.missincat.com
 
 
 
  

 
 

Previous Issue: 12 - 2010 © cinesoundz * soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * x-mas *