Reviews World 05-12

    * soundtrack * crossover * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *

     Amadou & Mariam - Folila LIVE-TIPP  
     Warner
     
     
     
    Während es in ihrem Heimatland politisch hoch her geht, produzierten Amadou & Mariam, das blinde Star-Ehepaar aus Mali, fleissig an ihrem siebten regulären Album. Nach den letzten Erfolgsalben unter der Ägide von Manu Chao und Damon Albarn hinterlassen auch auf dem neuen Werk "Folila" (Bambara für "kommt und musiziert mit uns!") wieder mehrere westliche Musikanten ihre Spuren. Eigentlich sollten die Songs jeweils mit den auswärtigen Gästen und parallel mit Musikern aus Bamako eingespielt werden, was möglicherweise aufschlußreiche Vergleiche ermöglicht hätte. Es blieb aber doch bei der einen Kombifassung mit Nick Zinner (Yeah Yeah Yeahs), Santigold, Ebony Bones, Amp Fiddler, Jake Shears von den Scissor Sisters, Theophilus London und Bertrand Cantat von Noir Désir, die nun - beeindruckende Gäste-Riege hin oder her - großteils überproduziert wirkt. Live am 3.5. in Darmstadt & auf Festivals in GAS Play Tracks 1,4. www.amadou-mariam.com
     

     
     
     Seu Jorge - Musicas Para Churrasco - Vol. 1 TIPP
    Chico Buarque - Chico TIPP
     
     beide: Wrasse / Harmonia Mundi
     
     
     
    Seu Jorge, mit diversen Alben regelmäßiger Gast an dieser Stelle, würzt auch auf "Músicas para Churrasco - Vol.1" (Songs für Grillparties) die Música Popular Brasileira mit den schmackhaften Zutaten Funk, Soul, Jazz, und Rock. Nach den Coverversionen seiner letzten CD zusammen mit Almaz sollte es wieder etwas feuriger zugehen. Musik und Schauspiel haben für Jorge den Weg aus den Favelas von Rio de Janeiro auf brasilianische Konzertbühnen und die große Leinwand geebnet. Wandlungsfähigkeit ist sein größter Trumpf, ob in Filmen wie Kaurismäkis "Moro no Brasil", Eduardo Arias Thriller "Elipsis", "Die Tiefseetaucher" von Wes Anderson und Fernando Meirelles´ "City of God" oder in seinen Songs, wo mal Baladista, mal Carioca, mal Samba-Funkster, oder - gemäß dem Album-Motto - das rhythmische Deklamieren von japanischen Köstlichkeiten gefragt ist. Des Grillmeisters Devise ist eh, "wie die alten Hollywood-Schauspieler zu singen, zu tanzen und zu schauspielern." Und auch Seu Jorges Churrasco-Party ist schließlich auf drei Folgen angelegt...

    Gerade erst Anfang des Jahres wurde Chico Buarques letztes reguläres Album "Chico" auch an dieser Stelle gewürdigt. In Brasilien ist Buarque seit den frühen 70er ein Star, als führende Figur in der aufstrebenden Musica Popular Brasileira (MPB) wie als wache Stimme in Sachen Landespolitik. Die vorliegende Doppel-CD mit einer Werkschau des sanften Barden ist willkommen, auch wenn sie ohne einige Tracks aus Buarques schillernder Kooperation mit Ennio Morricone für das Album "Sonho De Um Carnaval" von 1970 weder vollständig noch definitiv sein kann. Das Doppelalbum mit seinen 40 Tracks setzt erst danach ein, als der seit 1966 aktive Buarque wieder aus Italien nach Brasilien zurückkehrt und vor allem für das Philips-Label aufnimmt. Nach der hier erfassten Phase, die mit dem Ende der Militärdiktatur abschließt, wechselte Buraque zur RCA. Wermutstropfen: im spartanischen Booklet keine Songtexte, schon gar nicht ins Deutsche oder Englische übersetzte...
     








     
     
     Black Seeds - Dust And Dirt TIPP! , VINYL-TIPP! & LIVE-TIPP!
    Groundation - Building An Ark LIVE-TIPP
     
     Easy Star / Proville * Soulbeats / Broken Silence  
     
     
    Nach dem hervorragenden Solid Ground haben sich die reggaefizierten Neuseeländer The Black Seeds zwar arg viel Zeit bis zum neuen Album gelassen, das Warten hat sich jedoch gelohnt. Auf dem im eigenen Studio in Wellington aufgenommenen "Dust And Dirt" erweitern Barnaby Weir & seine Mitstreiter ihren Sound noch einmal erheblich - um Soul-, Funk-, Rock- und Disco-Elemente. Das Album ist zudem das erste, das auf dem bandeigenen Label Proville Records erscheint. Auch als Doppel-12inch im Klappcover erhältlich. www.theblackseeds.com Play Tracks 2-4, 6, 9, 12, 13. Ab 3. Mai spielen die Black Seeds endlich eine veritable Deutschland-Tour. Zum Abschluß werden sie am 13.5. im Münchner Muffatwerk im Ampere auftreten. See you there!

    Einen ähnlichen Weg versucht derzeit auch die kalifornischen Roots-Reggae Institution Groundation zu gehen. Harrison Stafford (Ex-Dozent für jamaikanische Musikgeschichte) & Co. sind mit der seit 12 Jahren von ihnen organisierten 'Tribute To Marley'-Tour an der US-Westküste groß geworden. Nach der Compilation "The Gathering Of The Elders" und "Professor" Staffords Soloalbum vom letzten Jahr war die Zeit reif für ein neues (das mittlerweile siebte) Studiowerk, auf dem das Genreschema durch Soul-, Folk- und Jazz-Einflüsse angereichert werden soll. Dennoch scheint die inzwischen neunköpfige Formation mit ihren 10 lang(weilig)en Tracks im direkten Vergleich nicht recht von der Stelle zu kommen. Staffords nicht eben voluminöser Gesang ist ebenfalls Geschmackssache. Anfang Mai ist auch Groundation live in Deutschland. www.groundation.com
     



     
     
     Tarrus Riley - Mecoustic / Ce´Cile - Jamaicanization DOPPEL-LIVE-TIPP!
     
     Soulbeats / Broken Silence * Kingstone / Groove Attack
     
     
     
    Der 1979 in New York geborene Omar ´Tarrus´ Riley, Sohn des Reggae-Pioniers Jimmy Riley (The Sensations), pendelt zwischen den USA & Jamaica, wo er immense Popularität geniesst. Auf den drei Vorgängeralben Challenges (2004), Parables (2006) und Contagious (2009) mischte Riley Lovers-Reggae und Dancehall-Einflüsse auf höchst kommerzielle Art. Mit "Mecoustic" legt TR nun aber ein Balladenalbum vor, das auf die bisherigen Erfolgsmuster verzichtet (unter Verwendung teils bekannter, aber neu ´akustisch´ neu arrangierter Songs). 15 Tracks zwischen ambitioniertem Songwriting, Balladen-Pop, angestrengtem Folk, Gospel- & Rasta-Pose. Bei "Black Mother Pray" wird Riley jr. gar von Riley sr. begleitet. Im Jahr von `Jamaika 50´ tritt Tarrus Riley auch in Deutschland auf - ab 20.4.


    Mission "Jamaicanization" - Ob Ce'Cile im `Jamaika 50´-Jahr gleich den ganzen Globus jamaikanisieren wird, sein dahingestellt. In jedem Fall legt das `Bad Gyal´ hier ein gelungenes Dancehall-Pop-Album voller eingängiger und nicht zu platter Tunes vor. Das Ganze recht clever produziert vom Kölner Ben Bazzazian (u.a. Gentleman, Azad, Bushido) - ein weiterer Coup der gut funktionierenden `Germaican´ Connection. Cameos von Agent Sasco aka Assassin ("Hey"), Christopher Martin (“Sweetness") und dem schwedischen Dancehall Star Million Stylez ("Wicked & Wild").
    Play Tracks 2,3,5,6,9,11,12.
    Auch Ce´Cile ist gerade in Deutschland live zu erleben.
    Check out: www.facebook.com/badgyalcecile
     



     
     
     Ebo Taylor - Appia Kwa Bridge
     
     Strut / Alive  
     
     
    Nach der 70´s-Compilation "Life Stories" und dem in Europa begeistert aufgenommenen Comeback-Album "Love & Death" veröffentlicht Strut ein weiteres Album des 76-jährigen, umtriebigen Klassikers des ghanaischen High-Life. Ebo Taylor konnte für "Appia Kwa Bridge" illustre afrikanische Musikerkollegen gewinnen. Zuvorderst Drummer-Legende Tony Allen am Schlagzeug, dazu Original Africa 70-Gitarrist Oghene Kologbo und Conga-Virtuose Addo Nettey a.k.a. Pax Nicholas. Die restlichen Backing-Parts werden vom Berliner Afrobeat Academy-Kollektiv verlässlich ausgefüllt, das Taylor schon live (u.a. beim WOMAD) unterstützt hat. Außerdem schrieb der Altmeister, anders als noch auf dem Vorgänger, diesmal eine ganze Reihe neuer Stücke. So das abschließende, akustische "Barrima", eine bewegende Ode an Taylors 2011 wahre Liebe.
     

     
     
     Cumbia Cumbia Vol.1 & 2 TIPP
    Batida
     
     Various Artists - World Circuit / Indigo * Soundway / Indigo
     
     
     
    Cumbia ist (vor allem) Kolumbien. Der schunkelnde Latin-Stil hat spätestens seit Will Hollands alias Quantics Übersiedlung ins kolumbische Cali Hochkonjunktur. Um die Aufarbeitung der reichhaltigen Genrehistorie macht sich nun auch World Circuit verdient - mit der vorliegenden, amtlichen Zusammenstellung von 30 Highlights aus den Archiven des Labels Discos Fuentes aus den Jahren 1950 bis 1988 auf zwei CDs. Das bereits 1934 in Cartagena gegründete Label wurde zur regelrechten Hitschmiede, so dass hier aus buchstäblich Tausenden von Stücken ausgewählt werden konnte (und musste). Die erste CD deckt nun die Bandbreite an Cumbia- Stilen ab 1960 ab, während sich die zweite CD auf die Klassiker der 50er- und 60er-Jahre konzentriert wie Rudfolfo y su Tipica, Gabriel Romero, Sonoro Dinamita oder Armando Hernandez. Alles vorbildlich dokumentiert in einem opulenten Digipak-Booklet. Cumbia, Cumbia!

    Batida steht für „beat“ in den Strassen Luandas, in Angola. Und die täglich neuen Piratencompilations, die aus den Hauptstadt-Gettos über die Hände der "Kandongueiros" (Taxifahrer) als wichtigstem Verbreitungstool auf die Strasse wandern, bieten Kuduro und andere, traditionellere, aber mit Billigelektronik aufgepeppte Beats als Soundbed für sozialkritische Vocals. Das vorliegende Album dürften westliche Hörer kaum von einer der o.g. Compilations unterscheiden können. Doch das Debüt des einfach "Batida" betitelten Acts wurde durchgängig vom angolanisch-portugiesischen DJ Mpula alias Pedro Coquenão auf die Beine gestellt. Samples aus alten angolanischen Hits, Elektro und Jingles (das Projekt startete als Radio-Show) Beispiel : "Bazuka", in dem ein ehemaliger Kindersoldat gesampled wurde, der sich fragt, ob die Präsidentin seine Mutter und der ehemalige Oppositionsführer sein Vater sei. Live soll das Ganze als Live-Show mit Tänzern, Live-Samples, MC’s und Visuals funktionieren. Das verdiente Re-Issue-Label Soundway erweitert fleissig den Stamm an aktiven Künstlern.
     





     
     
     Elin Furubotn - Heilt Nye Vei
     
     Ozella / Galileo MC  
     

    "Heilt Nye Vei" ("New Path"), Album Nummer 5 der norwegischen Singer-/Songwriterin Elin Furubotn ist das erste, das auch international veröffentlicht wird - mit zwei Stücken in englischer Version als Bonus. Ihre ruhigen Songs handeln (bis auf eine Ausnahme auf norwegisch, englische Übersetzung im Booklet) von Träumen ("Ein Drøm") und den alltäglichen Dingen im Leben. Das siedelt, von Truls Birkeland transparenter Produktion begünstigt, musikalisch zwischen Pop, Jazz und Folk. Einmal, im eingängigen vierten Track "Slipp Tvilen Fri" wird gar ein Reggae angedeutet.

    www.sonicbids.com/elinfurubotn

     

     
     
     Toufic Farroukh - Cinema Beyrouth
     
     Enja / Soulfood  
     

    Den bisherigen Fan mag es irritieren. Toufic Farroukh geht auf „Cinéma Beyrouth“ ganz ungewohnte Wege. Der seit längerem in Paris lebende Libanese verzichtet auf das Instrumentarium des Nahen Ostens wie Ney, Oud, Kanoun oder Setar. Auch Gesang oder Rap finden schlichtweg nicht statt. Hier dominiert ein Bläserquartett, eingerahmt vor allem von Klavier und Schlagzeug. Farroukhs Musiken für die Filme libanesischer Filmemacher klingen in diesen, mit seinem Pianisten Leandro Aconcha entwickelten Arrangements auf Kosten der Exotik ungewohnt, europäischer, jazziger. Der Blick eines Exilanten auf eine ihm mittlerweile entfremdete arabische Heimat.

     

     
     
     Le Super Borgou De Parakou - The Bariba Sound VINYL-TIPP!
    The Bristol Reggae Explosion -3 - The 1980´s Part II
     
     Various Artists - Analog Africa / The Bariba Sound * Bristol Archives / Broken Silence
     
     
     
    Samy Ben Redjebs verdientes Analog Africa-Label führt den interessierten Hörer mit dem Release Numero 11 wieder einmal nach Benin, diesmal zu den überwiegend islamischen Bariba, mitten in den "Islamic Funk Belt" der 70er, in den nördlich gelegenen Borgou-Distrikt mit der Hauptstadt Parakou. Hier wurden offensichtlich Funk, Afro Beat, Highlife, Latin, Rumba, Jazz, Pachanga und Soul als willkommene Zutaten mit der lokalen Bariba- und Dendi-Folkore fusioniert. Diese Bandbreite kommt auch in den hier versammelten, geremasterten Live-Aufnahmen der besten Band der Stadt, Le Super Bourgou De Parakou, zur Geltung Die reguläre CD enthält ein opulentes, 44-seitiges Booklet mit seltenen, privaten Fotos der Künstler, vielen Informationen und Anekdoten, für Vinyl-Fans gibt es das Ganze als Gatefold LP de Luxe. www.analogafrica.blogspot.com


    Reggae-Spezialisten, nochmal kurz hergehört: mehrheitllich Roots- & Dub aus Bristol auf dieser (zweiten 80er-) Bristol-Archives-Compilation mit 15 zumeist bisher unveröffentlichten Tracks. Den Käufer erwartet eine CD im Jewelcase-Format inklusive 12-seitigem Booklet oder gar die limitierte 8-Track-Vinyl-Edition (lediglich 1.000 Exemplare weltweit) plus 2-seitiger Infobeilage. politisch-sozialkritischen Themen bestimmten Roots Reggae präsentiert.

    www.bristolarchiverecords.com
     



     
     Rough Guide: Morocco / Fado / Bluegrass  
     Various Artists - World Music Network
     
     
     1 Wer sich für Marokko interessiert, bekommt mit der neuen Folge aus der Rough-Guide-Serie ein paar aktuelle musikalische Argumente geliefert, das Land bald einmal zu besuchen. Traditionelle Klänge sind in der modernen populären Musik des Landes nur noch eine von vielen Zutaten. Den neueren Einflüssen dagegen widmet sich diese Zusammenstellung vorrangig. Der Name der auf der Bonus-CD vorgestelten Gruppe scheint da fast programmatisch: Tajine Electrik. Der englische Journalist Andy Morgan hat nicht nur in seiner Plattensammlung "gekramt", sondern auch Liner Notes verfasst, die auf die jüngsten Ereignisse in der frühlingshaften arabischen Welt eingehen.
    2 In Portugal hat der Fado wieder Hochkonjunktur - ob das mit den aktuellen Wirtschaftsaussichten zu tun hat? Auch die internationale Anerkennung für das Saudade-Genre von hat in den letzten Jahren zugenommen, dank einer neuen Generation von Fadistas wie Ana Moura, Cristina Branco, Mariza oder Misia, auf die sich die 16-Track-Sammlung von Kompilator Diogo Varela Silva aber nicht beschränkt - er lässt auch Männer zu Wort kommen. Als Bonus-CD gelichwohl: das 99er Album "Murmurios" von Cristina Branco.
    3 Den schottischen und irischen, aber auch den afroamerikanischen Wurzeln der countrynahen Bluegrass-Musik der Appalachen-Region schließlich geht Dan Rosenbergs Kopplung auf den Grund. Die Berge, aus denen diese Musik kommt, sind durch den Kohleabbau stark gefährdet.Da passt die Bonus-CD perfekt: "Cold Coal Town" von Scott Holstein. www.worldmusic.net
     
     
     
       

     
     Previous Issue: 2/3 - 2012 © cinesoundz 2012

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