reviews 29 - 10 - 06 pop-rock

     
     pop / rock :  
     
    * soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electronica * world * audiobook *
     
     

    Janet Jackson - 20 Y.O.
    Virgin / EMI

    Die zuletzt vom R´n´B´-Spitzengeschehen abgekoppelte und arg ins Breitformat gewechselte Jackson-Schwester meldet sich runtertrainiert und mit grosser Kampagne zum neuen Album zurück. "Nippelgate", Depressionen und bei Modeschauen von der Bühne gebuht zu werden, waren sicher suboptimal fürs Selbstbewusstsein der gerade 40 (also 2x20 years old..) gewordnenen JJ Damito Jo, die in den 80ern und 90ern mit dem "Flyte Tyme"-Team die Charts nach Belieben im Griff hatte und jeden schon mal zum Mitsummen eines ihrer massiven Hits verführt hat. Jimmy Jam und Terry Lewis mischen auch hier wieder federführend in Produktion & Songwriting mit, entsprechend fühlt man sich im Sound der Balladen & Uptempo-Tracks öfter mal an alte 80erZeiten mit Janets sich überlagernden Chören, Atmern & Lachern, metallischen Beats & Schweinegitarreneinschüben erinnert, eine gelungene Kraftwerk-Reminiszenz im dritten Track "Show Me" ist as aufregend as it gets. Jermaine Dupri, Janet Jacksons Lebensgefährte ist bei der Hälfte der Tracks Co-Autor. Ansonsten die gelungenste Nummer: "Enjoy". Zumeist bekanntes Terrain, solide-glattes R´n´B-Entertainmentmit dem Blick eher zurück als nach vorn, nicht umsonst posiert Janet im Booklet vor alten "Control"-Postern.
    Play Tracks 3, 4,5,9,12. www.janet-jackson.com www.janetjackson.de

    Diana Ross - I Love You
    Angel / EMI
    Ob die Motown-Verantwortlichen dieses "I Love You" der Konkurrenz wohl gehört haben? Was für eine Enttäuschung ist Diana Ross´ erstes reguläres Werk seit 7 Jahren geworden - und das so kurz nach dem tollen, hier gewürdigten Rerelease des "Blue Album". Gleich der erste Eindruck ist der unglaublicher Schlamperei : Auf die überspannte Ballade "Remember" folgt ohne(!) Pause ein sich an Motown-Beat versuchender Uptempo-Track, der mit den genau konträren Worten "I don´t remember..." beginnt - wer hat da beim Mastering gepennt ? Anschließend eine mit E-Gitarre und ähnlichem Bombast totproduzierte, gänzlich überflüssige Version des vom großen Marvin Gaye bekannten und von Robert Palmer einst durchaus passabel wiedererweckten "I Want You". Es folgen: das Titelstück und eine weitere lahme Ballade als Streisand-Ersatz, eine verzichtbares "Look of Love" mit penetrant nach vorne gemischter Percussion, ein schlappes und erneut vollgehauenes "Lovely Day", ein katastrophales "Crazy Little Thing", noch dazu mit Brian May an der Gitarre etc etc. Nichts an diesem ganz schlimmen Album verrät auch nur ansatzweise Inspiration, keiner der beiden einfallslosen Produzenten Asher und Tyrell hat die Diva hier bedauernswerterweise an die Hand genommen.

    Karl Frierson - Soul Print
    Phazzadelic / Edel

    Karl Frierson war es offenkundig nicht mehr genug, nur als "voice of DePhazz" zu gelten, zumal es in Heidelberg nach der Lösung von Universal erstmal eine Schaffenspause gibt. Was nicht für das Phazzadelic-Label gilt, wo nun Friersons erstes Soloalbum erscheint, das mit überdeutlichen Referenzen an den großen Marvin Gaye aufwartet : Von Texten, Arrangements und Phrasierung bis hin zur Fotostrecke des Booklets. Frierson geht mit lauter großteils passablen Eigenkompositionen den richtigen Weg, allein sein (sparsam eingesetztes) Falsett schwächelt leicht und lässt erahnen, warum der sonst komplette Sänger es in den USA gegen die Übermacht an Talent schwer gehabt haben mag. Den gesamten Herbst ist Frierson mit seiner ihn auch auf dem Album unterstützenden Band "Soulo" in der Republik unterwegs und wird seine bekannt guten Entertainer-"Soulprints" hinterlassen. Potentieller Hit : "Only You" - Track 6 . www.karlfrierson.com

    .





    listen & order








    listen & order








    listen & order

     
     International Pony - Mit Dir sind Wir Vier
     
     Columbia / SonyBMG

     
     

    Die grössten Erwartungen lagen auf diesem Album, dem zweiten nach vier Jahren individueller Aktivitäten der Mitglieder des Vorzeige-Trios des elektronischen Pop in Deutschland. Aber International Pony machen sich einen Spaß daraus, unberechenbar zu sein. "Sweet Madness here we go again - hey sadness glad to see your back again..." das feine Intro nimmt man voller Vorfreude zur Kenntnis, jetzt kann es ja losgehen... jedoch dann folgt erstmal....Chillout, wieder ironisch und voller Referenzen, aber weitgehend ohne nennenswerte Dynamik und auch inklusiver einiger Repetitiv-Längen. Cosmic, Koze und Erobique haben sich offensichtlich für die völlige Entschleunigung entschlossen. An Position 5 kommt wenigstens ein debil wippender Electro-Track daher, dann folgt... leider nichts Gutes mehr: die nervöse Vocoder-Funk-Single "Gothic Girl", eine weitere "Solid Gold"-Version und Geräusch-Fingerübungen von Knarz bis Aphex-Twin. "Mit dir sind wir vier"? Aha. Über den DadaGaga-Klamauk in der visuellen Präsentation muß man wohl geteilter Meinung sein (doofe Collagen & auf der Rückseite scheint Bernd das Brot seine Ghettoblaster-Kumpels zum Ständchen zu bitten). Insgesamt zuwenig geboten - Guess you´ve lost me.


     

    listen & order
     
     

    Montefiori Cocktail - Montefiori Appetizer - Volume 1
    EMI Italy

    Nicht alles am Monetifori Appetizer macht so richtig Appetit. Zu glatt kommen die Easy Listening-Aufgüsse Zwillingsbrüder Francesco und Federico Montefiori in der Mehrzahl daher, besonders die Instrumentals bleiben blass, am ehesten funktoiniert unter ihnen KT Tunstalls noch frisches "Black Horse And The Cherry Tree". Das Brüderpaar hat immerhin mehrere Vokalisten eingespannt, um für Abwechslung zu sorgen. Das in der Interpretation von Dalida & Alain Delon bekannte „Parole Parole“ oder eine ebenfalls konventionelle Version von Sergio Mendes´"Mas Que Nada" gehen dank Cristina Camillo gerade noch in Ordnung. Bei „Light My Fire“ („Dammi fuoco“) und Antonio Carlos Jobims „Samba de una nota“ und Sänger Pierfilippi wird es schon eher langweilig. Madonnas "Hung Up" ( Balkan Brass meets Mariachi-Solo & Kastagnetten) taugt als (allerdings zu lang geratener) Party-Joke und natürlich wird mehr als einmal Großmeister Herb Alpert Referenz erwiesen. Bob Sinclairs WM-Hymne „Love Generation“ als Piero Umiliani-Nummer pfeift zu Beginn schon ein bißchen auf dem letzten Loch und ganz mau wird es bei Mozart...Das geht besser, Ragazzi. www.montefioricocktail.com


    Gecko Turner - Chandalismo Illustrado
    Lovemonk / Mcon / Nova Media

    Das zweite Album des bei Perroflauta und The Reverendos musikalisch bisher meist auf der iberischen Halbinsel hervorgetretenen Gecko Turner steht ähnlich wie Martin Buscaglia (siehe World Music) für einen souveränen, lässigen, kosmopolitischen Nu-Latin Sound - ein Groove, der direkt von der Strasse zu kommen scheint - "en la calle", wie Turners Opener. Kein Wunder, daß beide Großstadt-Cowboys auf dem gleichen Label Dienst schieben: Lovemonk, wo man erklärtermassen "discos buenos" unters Volk bringen will. Eine entspannter Singer/Songwriter-Mischung aus Jazz, Salsa, Bossa, Funk, Afrobeat, und anderen Ingredenzien, die bereits hier und da verkompiliert wird. Achtung, Ausverkauf. Wir würden diesen Metropolen-Gecko erstmal gerne live sehen.
    www.geckoturner.com
    www.lovemonk.net


     




    listen & order







    listen & order

     
     

    Sanagi - Mish Mash
    Traumton / Indigo

    Da hat sich Traumton einen interessanten, ambitionierten Hauptstadt-Act geangelt. Ganz so wild wie auf der Post-Punk-Cover-Collage ist "Mish Mash“, das 12 Titel umfassende Debüt der japanisch-norwegischen Sanagi, gar nicht ausgefallen. Immerhin werden Electro-Speilereien, artsy Chöre, Stimmband-Gitarrensolos, Human & Electronic Beatbox, Musette, Kleinmädchen-Vocals, eine Prise HipHop und viel übermütiger Sinn für Melodien geboten. „Sanagi“ bedeutet auf japanisch "Kokon". Lene Toje (25), die sich mal als Kinderzimmer-Lolita, mal als "Pippi Longstockings, the strongest fucking girl in town" und mal als "dirty" Electro-Schlampe entpuppt und Robin Sato (22) an Tasten & Reglern kommen immerhin vom Liverpool Institute for Performing Arts (LIPA). Im November gibts eine erste kleine Deutschland-Tour.
    Play Tracks 2, 3, 5, 6, 8 plus hidden track. www.sanagi.co.uk

    Lloyd Cole - Antidepressant
    Sanctuary
    Bert Jansch - The Black Swan
    Sanctuary

    Es herbstelt nun doch allmählich draussen und die Abende wollen musikalisch versorgt sein. abei kann man neben Bewährtem auch auf einges aus dem Neuheiten-Regal zurückgreifen. Zum Beispiel auf den früher sehr populären, dann lange nicht mehr gehörten Herrn Cole. Der ist mit "Antidepressant" bei einer fast heiteren, post-resignativen Gelassenheit angekommen, die sich endlich auch wieder in memorable Melodien in stets feinen Arrangements kleidet. Coles Stimme ist ebenfalls auf der Höhe, etwas weicher als früher. Durchweg erfreulich. www.lloydcole.com

    Das aktuelle Album des langgedienten schottischen Folkbarden wird international als eines seiner besten gelobt, bis nach Amerika ist (Her)Bert Janschs Ruf seit Pentangle-Tagen gedrungen, während er bei uns immer eher Insider-Status hatte, ein klassischer "musician´s musician". Neil Young & Jimmy Page, aber auch Johnny Marr nennen ihn, neben vielen anderen als Inspirationsquelle, wenn es um Blues und Folk geht. Dementsprechend gibt es auch prominente Mitstreiter auf "The Black Swan"m, einem feinen Album für die nun wieder dunkler werdende Jahreszeit : Beth Orton und Devendra Banhart, neben den Folk-Fachkräften Paul Wassif, Otto Hauser, Noah Georgeson u.a. www.bertjansch.com



    Under Byen - Samme Stof Som Stof
    Morningside / PIAS

    Seit sechs Jahre bastelt die dänische Gruppe an ihrer (nie zu) experimentellen Mischung aus Jazz, Electronica, Kammermusik, Pop, Folk und Rock. Under Byens (= unter der Stadt) Klangcharakteristika sind dabei präsentes (doppeltes) Schlagzeug, Klavier, Geigen, Cello und Melodika - eine Indieband ohne Gitarren. Aufgrund der (oft verfremdeten) Stimme der Sängerin Henriette Sennenvaldt wird es immer wieder Björk-Vergleiche geben, auch Velvet Ubderground-Reminiszenzen kann man ausmachen, und doch klingt da etwas Eigenes, das Geduld vom Hörer fordert, ihn dann aber belohnt. Das Cover zeigt es schon, eine Platte für den Herbst. Derzeit befindet sich die Gruppe, nach einigen US-Daten auf grosser Europatour - nicht allzuviele deutsche Bühnen sind dabei, da geht noch was im Staate Dänemark. www.underbyen.dk
     






    listen & order



    listen & order


    listen & order




    listen & order

     

     Naomi - Aquarium
     
     mole / intergroove
     
     


    Von der (gerne verkoppelten) Klanglandschaft zum Song. Eingängige, sacht elektronisch instrumentierte Pop-Stücke gibt es auf dem dritten, neuen Longplayer des Mole-Duos aus Berlin, „Aquarium“. Indietronics, manchmal allzu deutlich der Geist von Air und seelenvoller Gesang, das funktioniert auf der Mehrzahl der Tracks, da Naomi Melodien parat haben. "Wir Sind Helden"-Produzent Patrick Majer und Peter Schmidt, der schon mit Rosenstolz und Blumfeld gearbeitet hat, teilten sich den Job des Produzenten. Man scheint da ja Einiges vorzuhaben. Dann bräuchte es aber auch ein Live-Konzept. Bis es das gibt, kann man sich immer wieder mal von "Aquarium" scheibchenweise im Alltag begleiten lassen. "I´m landing on this day like the needle on the record.."
    www.mole.de/dt/Releases/release2.php?kid=mole073-2

     

    listen & order
     



    The Hacienda (Volume 1)
    Various Artists - Gut TV / Rough Trade

    Am Start einer geplanten Doppel-CD-Serie mit den "soundtracks to the world´s greatest clubs" steht als erste Folge Stoff aus der legendären Factory-Danceteria Manchesters ins Haus. Vor kurzem wurde gerade die DVD des bei uns vorher nur auf Festivals gezeigten britischen Spielfilms ‘Twenty Four Hour Party People’ veröffentlicht, die die Story von Joy Division, New Order und der Company des Tony Wilson erzählt, in der die Hacienda eine so wichtige Rolle spielt. Über weite Strecken der von 1982 bis 1997 reichenden Geschichte des Clubs kostete er seine Betreiber nicht unerhebliche Geldsummen und strahlte doch aus den Industriegegenden Manchesters über die Londoner Pop-Presse in die ganze Welt aus. Ausführliche Liner Notes von Tim Lawrence erhellen die DJ-Auf und Abs der verschiedenen Nights und musikalischen Entwicklungen über Funk, Independent, dem Überhit "Black Monday", die "Madchester"-Acts hin zu Elektro nach New Yorker Vorbild. Mittlerweile sind in der Whitworth Street Wohnblocks, die noch mit dem "Hacienda"-Namen gelegentlich noch Touristen irritieren...Time is merciless. 23 12inches und eine Lehrstunde in Sachen britischer Club-Kultur, die über die gesamten 80er ja auch den deutschen Dancefloor prägte.
    www.prideofmanchester.com/music/hacienda.htm
    www.discothequeclassics.com
     





    listen & order