reviews 36 12-07 world music

     

    Wyclef Jean - Carnival II - Memoirs of an Immigrant

    SonyBMG
    Wyclef Jean, den in Haiti geborenen Brooklynite, kennt seit den Alben der Fugees und allerspätestens seit Shakira´s globalem Superhit "Hips Don´t Lie" wohl jeder Pop-Musik-Interessierte. Der 34-jährige Sänger, Produzent, Songwriter und Multiinstrumentalist knüpft mit "Carnival II - Memoirs Of An Immigrant" an sein Solo-Debüt von 1997 an und brennt hier ein derartiges Stifeuerwerk ab, daß den meisten Zuhörer schwindlig werden dürfte. Rockgitarren, R&B, Rap, & Hip Hop, Cumbia und andere Latin-Rhythmen, Sly & Robbie- und Streicher-Samples, Pop & Soul und bis zum Abwinken übereinandergeschichtete Chöre und durcheinanderlaufende Background Vocals, von denen keiner seiner Gaststars verschont bleibt : Norah Jones, Paul Simon, Sizzla oder Mary J. Blige, neben einigen anderen. Nebenbei vermählt er noch Hollywood & Bollwood. Oft wäre weniger an den Reglern mehr gewesen. Shakiras einprägsame Gesangslinie kommt in "King & Queen", in hektisches Getoaste, Chöre und Mehrfachhall gebettet, kaum zur Geltung. Ein eindeutig überproduzierter Carnival, das.
     


    Buenos Aires Paris , Vol. 2

    Various Artists - Pmb / Just Records Babelsberg

    Im Gegensatz zum ersten "B.A.-Paris"-Compilation , die vor allem in der wachsenden Electro-Tango-Szene schon bekannte Tracks versammelte, hat es sich die "Deuxième Voyage" eher zum Ziel gesetzt, auch dem breiten Tango-Publikum hierzulande noch unbekanntere Künstler vorzustellen: Fulana, Yira, L eGriser, Celda + Sonja und andere. Die üblichen Verdächtigen Otros Aires und Tanghetto sind zwar auf der 2. Cd dabei, das Gotan Project oder der Bajofondo Tango Club (der im Januar sein neues Album veröffentlicht und beim nächsten Mal gewürdigt wird) dagegen nicht. Durch die stilistische Vielfalt innerhalb des Tango-Kontextes sind auch Grenzgänger wie Federico Aubele vertreten. Eine stimmige Sammlung für Einsteiger, Fans & T-Tänzer.

     
    www.pmbmusic.com

    Mamani Keita - Yelema

    EmArcy / Universal
    Mamani Keitas und Marc Minellis erstes Album "Electro Bamako" war ein überraschender "Mali Modern"-Erfolg, der nun , mit gebührendem Abstand, von der Sängerin mit einem neuen Produzenten als Partner variiert wird. Keitas helle einprägsame Bambara-Vocals liegen über Repacs Arrangements, die sich Funk, Afrobeat, Electro-Beats, jazzige Vibes, Gitarrenloops, N´goni-Sounds, Percussion und eine Prise Reggae einverleibt haben. "Yelema" heisst: Veränderung -im Vergleich zum Vorgängeralbum liegt der Schwerpunkt mehr auf den afrikanischen Roots/Vocals, die vom instrumentellen Background mehr ergänzt als bestimmt werden - ein möglicher Streitpunkt zwischen den früheren Kollaborateuren? Keita hat sich offensichtlich durchgesetzt und Tracks wie "Lado" (Track 2), "Mali Denou" (Track 11) oder der Titeltrack funktionieren auch hier wieder bestens. Das Booklet des langerwarteten Albums liefert zumindest eine französische Übersetzung der Bambara-Texte.  


    Youssou N´Dour - Rokku Mi Rokka (Give & Take)

    Nonesuch / Warner

    Youssou N´Dour konzentriert sich mit "Rokku mi rokka“ musikalisch auf den Norden seiner senegalischen Heimat, der von den Nachbarn Mali und Mauretanien beeinflusst ist. Schon länger hat es der westafrikanische Superstar nicht mehr nötig, ganze Alben für den westlichen World-Music-Geschmack maßzuschneidern (auch wenn er Neneh Cherry hier ausnahmsweise wieder einmal nach langer Zeit ans Mikro bittet). Sein inzwischen weltweites, aber eben vor allem afrikanisches Publikum goutiert auch die Exkursionen durch die Vielfalt afrikanischer Stile, die N´Dour nunmehr bevorzugt unternimmt. Hier gibt es erst im vierten Track einmal seinen angestammten Stil Mbalax zu hören, ansonsten neben der Pop-Single "Wake Up" noch Bassekou Kouyatés N´goni und Balla Sidibe und Rudy Gomis vom legendären Mali-Ensemble Orchestre Baobab.Englische Übersetzungen im Booklet, das im Stile westafrikanischer Hinterglasmalerei gehalten ist.

     

    Karuan - Pop Arif

    Sunshine / Soulfood

     

    Der Wiener Kurde Karuan mit dem Nachfolgealbum zu seinem vor 5 Jahren bereits erschienenen Debut "Dohuki Ballet". Die Zeit hat er offensichtlich zu nutzen gewusst. Seine reichhaltige, moderne Pop-Musik ist voller Funk, schneller Beats, einfallsreicher Instrumentierungen, verbindet elektronische mit starken orientalischen Einflüssen und zielt als "unique urban-oriental Soul", wie die meisten "Sunshine"-Releases, natürlich durchaus auch auf den Dancefloor, ist aber vielschichtiger. Im Gegensatz zu seinem Debüt lädt Karuan diverse Gastsänger(innen) ans Mikro vor : Mara Mastalir, "L´Enfant Terrible", Oddatee, Lai Cheun oder Metin Yilmaz Kendal. Am Ende verliert die Cd mit den langsameren Songs etwas. Play Tracks 2, 3, 4, 5. www.myspace.com/karuan_music  

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    Israel - Tango around the World - New Orleans Brass

    Various Artists - Putumayo / Indigo

    Israelischer Pop lohnt ein näheres Hinhören. In der Trendcity Tel Aviv, aber auch in der Haupstadt Jerusalem, und mit Abstrichen in Haifa und kleineren Städten gibt es eine Musikszene von der hierzulande wenig bekannt ist. (siehe Cinesoundz - Tel Aviv Special) wussten. Hier verknüpfen Idan Raichel und Mosh Ben Ari Nordafrika, Karibik und Indisches mit hebräischen Wurzeln, überzeugen Hadas Dagul und Rona Kenan überzeugen mit originellen Songs oder die Teilnehmer am hier besonders beliebten Eurovision Song Contest Tea Packs kommen uns entspannt-jazzy. Erlöse aus dem Verkauf dieser CD geht an die Organisationen „Latet - Israeli Humanitarian Aid“ und „A New Way“ . Achtung - Verlosung : Bitte nennt uns drei hier nicht vertretene israelische Pop/Electronica-Acts. ALL GONE !

    SPECIAL

     

     

     

    Tango auch, aber eben nicht nur in Argentinien - das Motto dieses gelungenen Samplers führt musikalisch an unerwartete Schauplätze wie den Senegal -mit Touré Kunda-Sänger Ousmane Touré- und in die jüdische Gemeinde São Paulos -mit Fortuna. Griechische Tangotöne kommen von Kalofolias & Amorginos während M.A.Numminens finnische Spielart Vielen schon bekannt sein dürfte. Melingo aus dem argentinischen Homeland öffnet den Tango für indische Zutaten und Hugo Díaz spielt Bandoneon-Phrasen einfach auf der Mundharmonika. Mit der Ausweitung des Konzepts in Richtung Electrotango kommen noch weitere, meist europäische Länder ins Spiel. Erlöse aus dem Verkauf dieser CD gehen an die Organisation L.I.F.E. Argentina.

    In New Orleans gehts nicht ohne Blech: Second Line-Paraden, Mardi Gras und selbst Beerdigungen sind ohne Blaskapellen nicht denkbar, haben sie doch seit den Anfängen des letzten Jahrhunderts die Entwicklung des Jazz mitgeprägt. Und so finden sich hier Dixieland, Gospel, Blues, Swing und andere Jazz-Spielarten. Auch Swamp-Rock ist mit der Dirty Dozen Brass Band und ihrem Gast Dr.John vertreten. Aus gegebenem Anlass sei in diesem Kontext auch auf die Putumayo-CD "Christmas in New Orleans" hingewiesen, von deren Verkauserlösen ein Teil hoffentlich immer noch den Flutopfern in der Stadt zugutekommt.

    Colombiafrica

    Various Artists - Riverboat / Edel

    "Voodoo Love Inna Champeta-Land" bringt uns den Strassensound der Karibik: Champeta. Salsa, kolumbische und afrikanische Rhythmen wie kongolesischer Soukous, Afrobeat aus Nigeria oder Highlife aus Ghana fliessen hier in einem neuen Genre zusammen. Der Produzent Lucas Silva hat auf dieser CD hier die Champeta-Gesangs-Stars Viviano Torres, Justo Valdez und Luis Towers mit den afrikanischen Musikern Diblo Dibala, Rigo Star, Dally Kimoko, Nyboma und Sekou Diabaté vereint, um in einer gemeinsamen Sause lange unbeachtet voneinander existierende Parallelwelten wieder zu verschmelzen und neu zu beleben. Mission accomplished.

    Caceres - Utopia

    Manana- Indigo

    Der 71-jährige, seit 1968 in Paris lebende Argentinier Juan Carlos Cáceres ist Sänger, Pianist, Komponist und Maler und hat gerade ein neues Album mit 14 genreübergreifenden Tangos aufgenommen, das verschiedene Strömungen abbildet. Jazz, brasilianische Murga, argentinische Milonga und kubanische Habanera und chansonähnlicher Gesang zeigen Verwandtschaften auf. Aufgrund seiner sinstimmlichen Ähnlichkeit wird Cáceres manchmal auch mit Paolo Conte verglichen. Und als ob seine Kompositionen nicht schwer genug würden, hat man Caceres´ "Utopia" samt (nur) spanischsprachigem Booklet noch in ein aufwendiges, überformatiges, extraschwer gepresstes Klapp-Digipak verpackt, aus dem einem der alte Herr mit Pauke entgegenpoppt.
    www.juancarloscaceres.com

    TSUUMI SOUNDSYSTEM - HOTAS

    Various Artists - Aito Records / Just Records Babelsberg

    Das nonstop tourende, achtköpfige finnische Ensemble Tsuumi Sound System wird für seine Live Show gefeiert. So ganz erschliesst sch das auf dem fünften Studioalbum "Hotas" nicht. Der Mix aus nordischen Klängen, Tango, Folk, lyrischen Pianopassagen und einer Prise Jazz und E-Musik klingt hier kultiviert und nicht allzu wild. Auch die Dramaturgie bleibt vorhersehbar. Als Part der Tsuumi Dance Group besinnt sich die Gruppe nach ruhigeren Passagen stets wieder auf ihre im Tanz verwurzelten Ursprünge, fällt aber nie wirklich in Galopp..
    www.tsuumisoundsystem.com www.tsuumi.com www.aitorecords.com


    KARI BREMNES - REISE
    Strangeways / Indigo

    Kari Bremnes von den Lofoten auf ihrer in diesem Jahr erst zu Ende gegangenen Deutschland-Tournee (auch 2 norwegische Daten tragen zu dieser Live-Cd bei). Bremnes´ kunstvolle, filigrane Arrangements kommen auch in der Live-Aufnahme vor ihrem erklärten Lieblingspublikum zur Geltung. Gesungen wird dennoch norwegisch, mit zwei englischen Ausnahmen bei 14 Tracks. Das souveräne Begleitquartett Helge Norbakken (dr, perc), Hallgrim Bratberg (wasn Name, voc, git), Sondre Meisfjord (bg) und Bengt Hanssen (voc, keyb) nimmt aber auch des Norwegischen nicht Mächtige mit auf diese "Reise". Ab Mitte November ´08 besteht wieder die Möglichkeit, Sängerin & Begleitung auf deutschen Bühnenbrettern zu erleben. www.karibremnes.no


    TIKEN JAH FACOLY - THE AFRICAN
    Wrasse / Universal

    Nach der brutalen Ermordung von Lucky Dube aus Südafrka ist Doumbia Moussa Fakoly aka Tiken Jah unbestritten die grösste aktive Stimme des afrikanischen Reggae. Der Star von der Elfenbeinküste besingt aus seinem malischen Exil weiter engagiert die Stärken (Pan-)Afrikas, prangert aber auch mutig Globalisierung, ethnische Benachteiligung, Zwangsheirat oder die Beschneidung junger Mädchen in seinen französischen Texten an. Im nach einem von Todesschwadronen der Cote d´Ivoire ermordeten Freund Fakolys benannten "H. Camara-Studio" von Bamako entstand das vorliegende Album unter Beteiligung einer Vielzahl Künstler aus ganz Afrika und Frankreich. In diesem Kontext macht auch die Sting-Adaption "Africain à Paris" Sinn, auch wenn Tikoly mit seinem seit drei Alben gleich einförmigen Roots-Reggae musikalisch auf der Stelle zu treten scheint.


    THE DYNAMICS - VERSION EXCURSIONS

    Groove Attack

    The Dynamics aus Lyon machen Laune. Grosse Nachfrage bei DJs und Fans weltweit nach ihren Singles hatte auch die Erwartungen an das erste Album "Version Excursions" hochgetrieben. Wie zu erwarten, präsentieren die Dynamics ihre pfiffigen und gut funktionierenden Coverversionen von "7 Nation Army" der White Stripes über "Miss You" der Stones bis zu Herbie Hancocks "Rockit" und Madonnas "Music". Und obwohl alles irgendwie Reggae & Soul hat, wird nicht nach Schema F vorgegangen, sondern eine intelligente, stimmige Lösung für jede Vorlage gefunden. Und Sängerin Mounam aus Kamerun, der französische Singer/Songwriter Mr. Day, der englische MC Stevie Levi, Patchworks, der "hardest-working man in French Show Biz" und Eric 'Flab Master Flab' als US-Dub Wizard kriegen diese Cover auch noch mit einer gewissen Lockerheit in ihr zeitloses Dub-Gewand übertragen, einzig das wenig originelle "Fever" hätten sie sich vielleicht sparen können.


    Gov´t Mule - Mighty High

    Blue Rose / Soulfood

    Gov't Mule, seit 1995 für an die Allman Brothers angelehnten Rock bekannt, hier auf einem psychedelisch angehauchten Reggae-Trip. Im Gegenentwurf zu ihrem Album "High & Mighty" aus dem Vorjahr gibt es hier sowohl heulende Gitarren & Blues-Vocals als auch Bässe., Toasts und Echos - die Cover- und Live-Versionen im Dub-Mix offenbaren eine experimentelle Seite der Jam-Band mit den treuen Fans und den Mammut-Konzerten. Gäste wie Michael Franti aka Spearhead oder Reggae-Soul-Urgestein Toots Hibbert und ganz spezielle Versionen von Songs wie Al Greens "I'm A Ram", The Bands "The Shape I'm In", Otis Reddings "Hard To Handle" oder "Play With Fire" von den Stones machen das Album zu einer nicht alltäglichen, hörenswerten Roots-Rock-Melange.
     









     

     



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    Hans Söllner - Viet Nam / Fraunhofer Saitenmusik - Dreissig

    Trikont / Indigo
    Die Welt beginnt ja schon hinter der eigenen Haustür. Der Groove des Hans Söllner illustriert dies bestens mit der ihm und seiner Band "Bayaman System" eigenen Dreieinigkeit aus Folk, bayrischer Volksmusik und Reggae-Riddims. Diese Genres bilden auf "Viet Nam" zu etwa gleichen Teilen die musikalische Basis für Söllners Sicht der Dinge und am Ende gibt es noch einen dylanesken Hidden Track. Der streitbare Poet nimmt erneut kein Batt vor den Mund. Das Booklet verrät dabei keinen seiner Texte und lässt so mit dem boarischen Vortrag hadernde, inhaltliche Interessierte etwas allein - mit Fotos aus dem familiären Umfeld Söllners, einer Grußadresse an Mitstreiter und das Universum und der Frage, ob auf der Rückseite des Booklets Lee Perry (?) Söllner junior (?) da an der Hand nimmt...


    Und wenn nicht an der eigenen Haustür, beginnt die Welt im Lokalen. Bzw. im Lokal und spätestens im Frauenhofer, der alteingesessenen Wirtschaft in der gleichnamigen Münchner Strasse, die im Januar und Februar ´08 wieder Schauplatz der unverzichtbaren Volksmusiktage sein wird. Die natürlich von der Fraunhofer Saitenmusik eröffnet werden. Richard Kurländer, Heidi und Gerhard Zink machen keinen Hehl daraus, wielange es das Ensemble mittlerweile gibt. "Dreissig" heisst ihre Jubiläums-CD, auf der Michael Klein wieder an der Gitarre dabei ist und auch die langjährigen Saitentreff-Gäste Haugaard & Hoirup aus Dänemark (www.hhduo.dk) mitmischen. www.fraunhofersaitenmusik.de
    Volksmusiktage: www.fraunhofertheater.de