Late but great - Tribute Triple

  • Drei ikonische und ungemein einflussreiche Ensembles - gewürdigt durch die (über-)nächste Generation...

 

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 I´ll be your mirror

Various Artists - Verve - UMG / Universal

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Primärgelb - Andy Warhols ikonische Cover-Banane verspiegelt: I´ll Be Your Mirror - A Tribute to The Velvet Underground & Nico von 1967. Drinnen ebenso gelbes "Indie Exclusive" Doppelvinyl.


Track by Track deklinieren noch von Connoisseur Hal Willner (2020 †) versammelte Künstler das Debut der New Yorker The Factory-Hausband durch. Das Projekt ist lose mit weiteren aktuellen Events rund um die Band verbunden, Regisseur Todd Haynes etwa stellte unlängst in Cannes seinen neuen Film The Velvet Underground vor.


Im weiteren Verlauf eigentlich keine schwachen Beiträge, u.a. huldigen Andrew Bird & Lucius John Cales innovativem Viola-Einsatz und St. Vincent & Co. steuern gar ein kleines Spoken Word-Hörspiel bei, bis Iggy Pop & Matt Sweeney mit einer fast achtminütigen pflichtschuldigen Feedback-Orgie den Schlusspunkt setzen. Schade nur, dass - wohl aus technischen Erwägungen - Andy Warhols initiale Idee, an Ende des Longplayers eine Endlosrille mit dem Refrain I´ll Be Your Mirror zu produzieren, auch hier keine Umsetzung fand. Über alle formalen Errungenschaften des Werks hinaus betont die Wahl der tröstlichen Liebeserklärung an Nico als Titel der Hommage vor allem Lou Reeds Bedeutung als meisterhafter Songwriter.

VINYL-TIPP
 

Für Viele eines der wichtigsten Alben der späten 60er - der erste Longplayer der von Lou Reed angeführten (und durch John Cale, Sterling Morrison & Moe Tucker komplettierten) einflussreichen Artrock-Gruppe, nominell produziert von Andy Warhol, auf den auch die Beiträge der deutschen Schauspielerin & Modell-Muse Nico (aka Christa Päffgen) zu diesem Debut zurückgehen.

Trotz der umfassenden Heaven & Hell-Compilation-Serie von vor rund 10 Jahren hat auch diese erneute Hommage ihre Berechtigung, wurde sie doch noch von Lou Reeds engem Freund Hal Willner initiiert & produziert, der tragischerweise im ersten Pandemiejahr an Covid19 verstarb - ihm sind die neuen Stücke nun gewidmet.

Die elf Tracks werden in der Reihenfolge des weithin als Geburtshelfer von Indierock & Grunge eingestuften Originals neu interpretiert - mit dabei: Iggy Pop (mit Matt Sweeney), REM´s Michael Stipe, Sharon van Etten, Courtney Barnett, Thurston Moore mit Bobby Gillespie oder St. Vincent. Auch Beiträge von Bill Frisell, Angel Olsen oder Annie Clark zu den in verschiedenen Studios im UK und den Staaten abgehaltenen Aufnahme-Sessions werden Willner-Fans registrieren.

Stipe beginnt nicht nur mit dem andächtigen Sunday Morning den Hommage-Reigen, er steuert anstelle Willners nun auch die umfänglichen (und erwartbar hymnischen) Inner Sleeve- Liner Notes bei.
-sr


the problem of leisure

Various Artists - Gill Music / Rough Trade

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Auch Damian Hirst ist langjähriger GoF-Fan. Sein noch von Andy Gill für das Cover ausgewähltes Dog with Bone von 2017 ziert (farbvariiert) die verschiedenen Tonträger vom Dogluxe Doppelvinyl über die (hier vorliegende) Digipak-Doppel-CD bis zur C90 Compact Cassette.
Im Fall Grönemeyer ist leider (nach der Staubkorn-Kollaboration von 2015 erwartbar) bei I Love a Man in a Uniform der am wenigsten gelungene Track zu konstatieren, ruiniert durch HGs Theatralik und Kastraten-Background-Vocals - auch die zweite Version des Hits (von den Schweden The Sounds) krankt insbesondere am Gesang. Stärker am Mikro agieren da schon IDLES-Sänger Joe Talbot oder Serj Tankian (mit Rage Against The Machine´s Tom Morello) - instrumental kommt das Red Hot Chili Peppers-Gespann Flea & John Frusciante der Gang am nächsten. Killing Joke & 3D aka Robert Del Naja von Massive Attack): große Namen, überschaubares Ergebnis - während Versuche aus dem Synthie-Lager (Gary Numan, La Roux) aus Sicht des Fans der ersten Stunde ebenfalls eher abfallen. Bleibt die respektvolle Rezeption in entlegeneren Weltregionen (die abzubilden wohl beabsichtigt war): aus Brasilien Dada Villa-Lobos, aus China Hardcore Raver In Tears, aus Japan (Tomoyasu) Hotei und als abschließendes Kuriosum (inklusive Baby-Sounds) das Gifu-basierte Gamelan-Ensemble Sekar Melati
Gills Jugendfreund King (zuletzt leider mit ihm im Zwist), Allen & Burnham übrigens wollen (ab März 2022!) die Gang of Four retro-formiert auf US-Tour schicken - mit Sara Lee (nach 1981-84 einmal mehr für Allen am Bass) & Ersatz-Gitarrist David Mayo. Kann das gutgehen? Andy Gills Witwe Catherine Meyer wartet ab: "His ashes are at home with me, high on a shelf where he can observe."
TIPP
 

Eine weitere massive, von Corona gerissene Lücke: Gang of Four-Mastermind Andy Gill erlag mit 64 Jahren, kurz nach Rückkehr von einer China-Tour Ende 2019, unerwartet einem Mix aus Lungenentzündung & multiplem Organversagen.

Der stilbildende Post-Punk-Gitarrero, der seit Mitte der 80er mit wechselnden Mitstreitern die Gang of Four-Fahne hochgehalten hatte, steckte da bereits in den Vorbereitungen für eine Tribute-Compilation zum 40-jährigen Jubiläum des Gang Of Four-Debütalbums Entertainment! (1979), die seine Witwe Catherine Meyer weiterführte und im letzten Jahr abschloss. Nach Gills Tod erweiterte sie das Konzept und präsentiert nun mit The Problem Of Leisure 20 Tracks auf zwei CDs (oder LPs). Bei dieser `Celebration Of Andy Gill & Gang Of Four´ durfte jede*r teilnehmende Künstler*in einen Track nach Wahl aus der mittlerweile 40-jährigen Karriere der Band neu interpretieren.

Dabei herausgekommen sind einige ehrenwerte, im Vergleich durchaus interessante Coverversionen - wenn man nicht erwartet, dass die zeitlose Intensität der Originale von den ersten drei Gang of Four-Alben erreicht würde. Dass dies auch nicht klappt, wenn hörbar beeinflusste Bewunderer wie Helmet, Weggefährtinnen wie Gail Ann Dorsey oder Gills Freund Herbert Grönemeyer ins Studio gehen, bestätigt die Ausnahmestellung der Formation mit Gill, Frontmann Jon King, Bassist Dave Allen & Schlagzeuger Hugo Burnham. Sich an einen monolithischen Wurf wie Paralysed zu wagen, sorry Warpaint, muss wohl scheitern...............................https://andygillmusic.com

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modern love

Various Artists - BBE

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Thin Line Duke - das ikonische 77er Heroes-Cover als stimmige Titel-Skizze. Auch das darauf basierende, fragmentarische Rest-Design würde als gelungen durchgehen, wäre da nicht die durch Typo- & Farbwahl fast unleserliche erste Hälfte des Fold-out-Booklets: Punktabzug.


Khruangbin und Meshell Ndegeocello etwa machen ihre Sache erwartbar gut. Neben populären Bowie-Klassikern (Space Oddity, an dem sich We Are KING verheben oder die bereits genannten Heroes & Golden Years - an Station To Station hat sich allerdings niemand gewagt) wurde sinvollerweise auch unbekannteres Material ausgewählt, wie das frühe Silly Boy Blue oder der experimentelle Chant Of The Ever Circling Skeletal Family vom Album Diamond Dogs, das dann, ganz unterschiedlich aufgezäumt, von Nia Andrews (balladesk) oder Foxtrott (in kickendem Uptempo) zu überraschen weiß. Ebenso wie Bullions teils an Roxy Music erinnernde Version von Bowies Spätwerk Where Are We Now - auch wenn Eddie Chason & John Carroll Kirby in der Folge gesanglich in genau die gleiche Kerbe hauen: zu Japan- oder Bill Nelson-Anklängen - ihrerseits zuzeiten, alles in den frühen 80ern, bereits von Bowie beeinflusste Musiker...

www.bbemusic.com * Play Tracks 1,2,5,7,8,12-14 *

TIPP
 

Aller guten Dinge sind drei - mit dem BBE-Bowie-Tribute zum fünften Todestag der Ikone 2021. Das Duo aus DJ Drew McFadden & BBE-Gründer Peter Adarkwah wollte durch seine Auswahl neuer Interpretationen bewusst der Verbindung von Bowie zur Black Music und damit zu den das Label ausmachenden Genres Funk, Soul, R&B und Jazz auf den Grund gehen. Auf dem resultierenden, mit Spannung erwarteten Modern Love kann das prinzipiell in beiden Richtungen funktionieren: entweder hatte sich Bowie beim Ausgangstrack bereits eine ordentliche Dosis Black Music verordnet (das funky Golden Years, von der in London ansässigen Newcomerin Léa Sen samtig entschleunigt) oder das retropoppige Original (des Titeltracks) bekommt durch schwarze Künstler ein (hier letztlich unbefriedigendes R´&B´-)Genre-Treatment (durch den in Uganda aufgewachsenen Jonah Mutono). Beziehungsweise es funktioniert leider zu selten. Da halt niemand so singt, wie es Bowie vermochte, flüchten sich einige der Acts in halbgar verhuschte, verhallte und verlangsamte Versionen mit DIY-Percussion, die gegenüber den Originalen auf verlorenem Posten stehen und dem Songwriting kaum Neues abzugewinnen wissen. Dennoch lohnen eine Handvoll Tracks - das orchestrale Life on Mars-Intro (Miguel Atwood-Ferguson) oder Sessas zunächst die Seu Jorge-Karte spielendes Panic in Detroit, das in jazzige Dissonanzen mündet (noch konsequenter verjazzt Matthew Tavares gegen Ende Heroes).

© cinesoundz 02 - 2022