REVIEWS ELECTRO 12-19 Pet Shop Boys, DJ-Kicks

 


 

1 slide electro

pet shop boys - hotspot / Yung

X2 - Kobalt / Rough Trade * Original Soundtrack - Various Artists - The DJ Hell Experience / Alive

pop 2 20 Pet Shop Boys

Cover: Farrow/PSB. Auch als Doppel-CD mit Instrumental-Bonus Disc.

1 pet shop boys

Start in Berlin: Am 1. Mai von der Mercedes Benz Arena ausgehend geht es live quer durch Europa - bis in den Juli. Am 19. Mai treten die Pet Shop Boys in der Münchner Olympiahalle auf.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
LIVE
Das Hauptstadt-Album. Erklärtermaßen wurden schon mehrere Tracks der Pet Shop Boys während der letzten 10 Jahre in Berlin geschrieben - nun zog es das Smash Hit Electropop-Duo auch zur Aufnahme in die Hansa-Studios. Hotspot, als Nachfolger von Super (2016) ist das dritte von Stuart Price produzierte Studiowerk in Folge und enthält wieder mehr Song- als Dancetrack-Strukturen. Für die bereits veröffentlichte Single Dreamland wurde mit Years & Years-Sänger Olly Alexander Nachwuchs ins Boot geholt, auf Burning The Heather  steuert Bernard ,Suede´ Butler ein paar Gitarrenakkorde bei. Am Ende steht das uber-kitschige Disco-Piece Wedding in Berlin, auf dass die Tantiemen-Kasse künftig bei jeder zweiten Gay-Hochzeit weltweit klingeln möge. Zuvor punkten insbesondere die Uptemponummern: der Wall-of-Sound-Opener Will-O-The-Wisp, das hymnische Happy People oder Monkey Business, mit Backing Vocals von Keely Hawkes und munter hüpfenden Kraftwerk-Gedächtnis-Synthies. Drei Qualitäts-Tracks aus der Zoohandlung, die sich auch im Greatest Hits-Kontext der für Mai anberaumten Europa-Tour nicht zu verstecken bräuchten... www.petshopboys.co.uk
 

"Weiblich, jung & wild" - auf dieser Schiene reitet dieser ins heutige Berlin gefilmte Schulmädchenreport-Update ganz offensichtlich - und die Presse macht gerne mit: "Yung ist ein Tabubrecher." und: "Für Väter ein Horrorfilm." (SZ). Vier gerade noch minderjährige Abi-Aspirantinnen lassen die Kamera von Regie-Debütant Henning Gronkowski (*1988) bei `clubbing, drugging, sex-chatting & fucking´ mitlaufen. Was davon inszeniert ist, offenzulassen: natürlich auch Kalkül. Inwieweit sich der frühere Nebendarsteller bei Klaus Lemke sich damit von dessen hedonistischen DIY-Kino emanzipiert, mögen Andere entscheiden, hier soll der (wie eine Modelinie) ins Yung-Merchandising eingereihte Soundtrack Erwähnung finden. Der wurde vom Music Supervisor des Projekts, dem 57-jährigen Helmut Josef Geier, zusammengestellt, co-produziert und auf dessen neuem Label The DJ Hell Experience veröffentlicht (obwohl in den Filmcredits auf der Rückseite noch Hells Trademark Gigolo Records genannt ist). Als (immer mal wieder auch von Berlin aus operierender) DJ mit dem aktuellen Club-Vibe der Hauptstadt-Kids vertraut, platziert Geier nicht nur geschäftstüchtig diverse Kraftwerk-Reminiszenzen aus seinem letzten Album Zukunftsmusik, sondern als Opener auch The Last Dance mit Yung-Performer- & Darsteller Tyrell: "I understand why people would take so many drugs in a city like this. It´s just a game, a cycle, always the same shit." 

 
 

electro 02 20 yung ost

Trailer * http://yungfilm.com *

www.djhell.de * Hell live dates

Ferner: Heterogene Tracks des Berliner Underground-Techno- Nachwuchs-DJ-Producers MCNZI ("klingt auf Cold World wie Velvet Underground in Andy Wahrhols´ Factory im NYC der 80er") & Pop von Vegas by Night (ebenfalls Nico-affin) aus der Berghain Kantine.

Hot Chip - A Bathful of Ecstasy / cassius - dreems

Domino / Rough Trade * Caroline / Universal

electro 10 19 Hot Chip bathful

Knallbunt verpackt - auch als farbiges Vinyl. Erstrecht in grauen Brexit-Zeiten. Das Batik-artige Album Artwork verantworten: Jeremy Deller and Fraser Muggeridge Studio.


Bis auf weiteres sind Hot Chip nur fern von Europa on Tour - Indien, Australien, USofA... www.hotchip.co.uk *

Play Tracks 1-5.

Spell - Official Video * Spell live on KEXP

 TIPP
 

1 Für Hardcore-Fans nach vier Jahren Release-Pause allemal Grund für ein kleines bisschen Ekstase: Die Londoner Indietronica-Ikonen um Alexis Taylor & Joe Goddard haben es wieder getan. Hot Chip liefern mit ihrem mittlerweile neunten Album A Bathfull of Ecstasy nach One Life Stand (2010), In Our Heads (2012) & Why Make Sense? (2015) einmal mehr so ein geschmeidiges, aber kaum seichtes Dancefloor-Statement ab. Seinem farbig schäumenden Korg-, Roland- & Yamaha-Fuhrpark entlockt das britische Synthiepop-Quintett geradezu eskapistische Houserhythmen und poppige Melodien, meist garniert von einschmeichelnden, auch mal Vocoder- oder Autotune-verfremdeten Vocals. Paradebeispiele der hymnische Opener Melody of Love, das schwer eingängige Echo oder Spell. Wie dessen Video-Clip steuern die zuweilen regelrecht melancholischen Songtexte eine weitere, zunächst nicht erwartete Facette bei. Ein veritabler Wurf, getrübt eigentlich nur durch den Unfalltod des neben Rodaidh McDonald (The XX) die Hälfte der Tracks als  Co-Produzent (sowie alle als Mixer) verantwortenden Philippe Zdar Ende Juni 2019...

2 Ed Banger-Pfeiler Philippe „Zdar“ Cerboneschi erlebte dergestalt auch - denkbar knapp - den Release seines mit Cassius-Partner Hubert „Boom Bass“ Blanc-Francard im Motorbass-Studio eingespielten fünften Studioalbums Dreems nicht mehr. Dabei sollten hier, drei Jahre nach Ibifornia, Spontanität & Spaß wieder im Mittelpunkt stehen, eine Rückbesinnung auf die Anfänge des groovenden Duos. Für Cassius-Verhältnisse in drei Monaten geradezu gehetzt eingespielt, sind illustre Feature-Gäste am Mikro, etwa Portugal The Man (Nothing About You), Beastie Boy Mike D (Cause Oui) oder die französische Künstlerin Owlle (letztere gleich dreimal, u.a. auf dem videounterstützen Don´t Let Me Be), hier das Salz in der höchst tanzbaren Frenchhouse-Suppe. Dazwischen auch etwas instrumentaler Leerlauf. Der Slogan “Cassius, rockin’ nonstop since 1999” hat sich nach 20 Jahren mit Zdars Ableben eh erledigt. Ob sein Partner Boom Bass als Cassius weitermachen wird, ist zu bezweifeln.

Play Tracks 2,5,9,12.

 

electro 10 19 cassius

Don´t Let Me Be - Video feat. Owlle

DJ Kicks Triple: Peggy Gou / Laurel Halo / Kamaal Williams

alle: !K7 / Indigo

electro 02 20 DJK Peggy GouKarriereziel accomplished: Erste südkoreanische `DJane´ im Berghain.

 

Auch Hot Chip waren ja mit ihrem `schizo´-Mix schon vor Jahren Teil der legendären !K7-DJ Kicks-Reihe, die mittlerweile auf unglaubliche 70 Titel angewachsen ist - hier die letzten drei:

1 Auf der Nummer 69 legt die von Berlin aus operierende Südkoreanerin Peggy Gou nach einem chilligen Intro mit ihrer Exotica-Smash-Hymne Hungboo prächtig los, dann purzeln im Mix allerdings Acid-, 80´s- & 90´s-Klänge (etwa The World According To Sly & Lovechild im Andrew Weatherall Soul Of Europe Mix), versetzt mit Technoidem & Big Names a la Aphex Twin oder Carl Craig etwas willkürlich wirkend durcheinander, ohne dass sich der rechte Flow einstellen will. Eher eine Demonstration der heterogenen Einflüsse denn ein schlüssiges Set. 

www.dj-kicks.com/peggy-gou-dj-kicks

https://peggygou.bandcamp.com

2 Gou gingen bereits einige weibliche Turntablerocker in der Reihe voraus, u.a. Andrea Parker, Annie oder Maya Jane Coles. Die direkt vorhergehende Nummer 68 der !K7-Serie wurde mit Laurel Halo ebenfalls von einer Wahlberlinerin gestaltet. Die 35-jährige Amerikanerin hat für ihr Dj-Kicks-Album eine Handvoll eigener Exklusivtracks in ihr bretthartes, im Vergleich mixorientiertes Ein-Stunden-Set integriert und bittet sonst Liga-Kollegen wie  Red Axes, Parris, Rrose, Geoffrey Landers, Griffit Vigo, Dario Zenker oder Final Cut mit neuen, teils ebenfalls allein hier zu hörenden Stücken an den Start. Das Finale gehört dann den umtriebigen Soundforschern der Whitefield Brothers, Jan & Max Weissenfeldt mit einem etwas älteren Track.

www.dj-kicks.com/laurel-halo-dj-kicks

https://www.laurelhalo.com

 

electro 02 20 DJK Laurel Halo

3 Dritter im Bunde für die jüngste, Ende 2019 erschienene Numero 70 der Serie ist Multiinstrumentalist Henry `Kamaal´ Williams. Der väterlicherseits jazzig vorbelastete, später beim Hip Hop gelandete junge Fusion-Spezialist aus dem Londoner Underground hat für `seine´ DJ Kicks vier eigene exklusive Tracks (darunter eine Live in Atlanta-Version seiner Miles Davis-Reminiszenz Snitches Brew) mit für seine musikalischen Einflüsse typischen Nummern anderer Künstler zusammengebracht. House, Broken Beat, Soul, Williams speziell kreierter `Wu´-Funk oder Grime haben beim Jazz FM Breakthrough Artist 2017 ebenfalls ihr Plätzchen, nebst Beiträgen von Southern Freeze, K15, Dego und Tenderlonius, Kaidi Tatham, Peven Everett oder Steve Julien.

https://kamaalwilliams.com * Live-Studio-Video:

www.dj-kicks.com/kamaal-williams-dj-kicks

 

electro 02 20 DJK Kamaal W

High Tone - time has come / Highasakite - Uranium Heart

Jarring Effects / Broken Silence * Propeller Recordings / Rough Trade

1 Das französische Dub-Quintett High Tone ist, in wechselnden Besetzungen, bereits seit 1997 hemdsärmelig im Spannungsfeld zwischen Rave, Drum & Bass, Trance, Hip Hop, Downbeat und Dub Step unterwegs. Das Kollektiv verkriecht sich dabei allerdings nicht hinter der Studio-Konsole, sein D.I.Y.-Approach setzt auch auf handgespielte Instrumente und energetische Live-Performance. Bald (und nun bereits seit 20 Jahren ) bei Jarring Effects im Stall, entwickelten sie ihre verhallte Reggae-Basis stark in Richtung technoider anmutender Klänge weiter. Der jüngste Longplayer Time Has Come liefert die aktuelle Momentaufnahme, in der der Dub teilweise schon recht weit zugunsten verschiedener Electro-Elemente zurückgedrängt erscheint. Doch nun fehlt etwas der rote Faden.

www.hightone.org * Play Tracks 2,7.

 

world Reg 7 19 High Tone

electro 02 20 highasakite

 

2 Es folgt das in seiner Heimat mehrfach ausgezeichnete norwegische Indie-Electropop-Quintett Highasakite um Sängerin Ingrid Helene Håvik & Drummer Trond Bersu, das mit Uranium Heart sein mittlerweile viertes Album vorlegt. Auf dem Nachfolger von Silent Treatment (2014) und Camp Echo (2016) sticht aus dem zumeist langsamen, insbesondere von Håviks Vocals geprägten Material der einprägsame dritte Track I Call Bullshit heraus, wo Einflüsse wie Florence & The Machine sachte anklingen. Der Rest der 10 Stücke ist weniger zwingend - für den Durchbruch außerhalb Skandinaviens müsste wohl aber noch eine Schippe Songwriting draufgelegt werden. www.highasakite.no

Crazy p - age of the ego / R + - Last Summer

Walk Don´t Walk - !K7 / Indigo * Bmg Rights Management / Warner

Das britische Quintett Crazy P veröffentlichte im Frühsommer 2019 mit Age of the Ego bereits sein achtes Studioalbum. Im Uni-Umfeld von Nottingham Mitte der 90er Jahre gegründet, fand das Ensemble bald seine Labelheimat bei Paper Records in Manchester (und ist seit mittlerweile 12 Jahren auch schon nicht mehr als Crazy Penis unterwegs). Live hat man bereits im Vorprogramm von Chic oder Chaka Khan gespielt, im aktuellen Studio-Programm finden sich Elektro-, Disco- und Soul-Anleihen. Beim besten Track The Witness lässt Grace Jones überdeutlich grüßen, und auch vor seiner Hoheit Prince verneigen sich diese Groove-Verrückten gelegentlich. Mangels einer vergleichbar einprägsamem Lead-Stimme jedenfalls wird öfter auch mal mehrstimmig gesungen. Play Tracks 1,4,11. www.fbook.com/crazypmusic

 

electro 10 19 crazy p

electro 02 20 rlast summer

 

R+? - wie bitte? Etwas Geheimniskrämerie um Rollo Armstrongs neue Kollaboration mit seiner langjährigen Faithless-Kollegin Sister Bliss und seiner jüngeren Schwester Dido sollte es wohl bewusst geben. Was man dann auf The Last Summer zu hören bekommt, ist dank Didos ätherischer Stimme leidlich einschmeichelnd, aber insgesamt so aufregend nicht (was auch für die begleitenden drei Videos gilt.) Zwischen Dance und Ambient angesiedelte Tracks, recht clean & spannungsarm programmiert. Dabei hätte schon eine zusätzliche Gaststimme hier für etwas mehr Abwechslung sorgen können. 

Play Tracks 1,3,5,10.

www.rplusmusic.co.uk

HÆLOS - any random kindness / M 83 - Digital Shades Vol.2 (DSVII)

BMG Rights Management / Warner * Naive / Believe

electro 10 19 haelos

 
 

Dem seit dem Sommer 2019 vorliegenden zweiten Album der britischen Electronica-Formation HÆLOS war der vorab im Winter 2018 veröffentlichte Track Buried In The Sand vorausgegangen, mitsamt des schnell folgenden Remixes der norwegischen Disko-Koryphäen Prins Thomas & Lindstrøm. Eine solch veritable Tanzflur-Nummer gibt es dann nicht mehr auf Any Random Kindness, was verschiedentlich für Enttäuschung gesorgt haben dürfte. Das Quartett, bestehend aus Lotti Benardout, Arthur Delaney, Dom Goldsmith & Daniel Vildósola segelt hier eher weiter in ihren TripHop & Sad Pop-Breiten, Uptempo-Material wie End of World Party ist leider die Ausnahme.

www.haelos.com

 
Auch unter der erklecklichen M83-Gefolgschaft wird der Nachfolger des 2007er Ambient-Albums Digtal Shades Vol.1 nicht auf ungeteilte Begeisterung stoßen. Zu intensiv und - kompromisslos unkommerziell frönt Mastermind Anthony Gonzalez auf DSV II seinen Vorlieben für 80s-Video-Games, Progrock, Shoegaze, Klaus Schulze-Gedächtnis Synthi-Schwaden und John Carpenter-Soundtracks, Billitis-Atmo und Choreinsätzen. Giallo und verwandte B-Movie-Genres lassen grüßen. Inwieweit die begleitende ambitionierte Video-Umsetzung in Jodorowsky-Manier mögliche, sich hier ergebende Fragen zu beanworten vermag, hier nur eine Synopsis: `A transdimensional semi-divine fantasy erotica writer is humbled when his heroine discovers the pen is mightier than the sword.´ und ein Auszug aus den Youtube-Kommentaren dazu: "I switched to Pornhub when my grandma walked in cause that´s easier to explain..." * 1-Temple of Sorrows-Video * 2-Lune de fiel-Video * 3-Feelings-Video  

electro 10 19 M83

http://ilovem83.com

 

Stephen Malkmus - groove denied

Domino / Rough Trade

Ein ganz unerwarteter Gast in der Electro-Sektion. Pavement-Mastermind Stephen Malmus veröffentlichte nur ein Jahr nach Sparkle Hard das vorliegende Groove Denied, das ursprünglich von seinem Label abgelehnt wurde. Wohl deswegen, weil sich insbesondere auf der ersten Hälfte des Albums elektronisch dominierte statt der gewohnten gitarrengetriebenen Indie-Klänge versammeln. Der Ableton Live Sequencer hat es Malkmus auf dem für seine 10 Tracks mit 35 Minuten recht kurz ausgefallenen Werk hörbar angetan. Als One Man Band bringt der üblicherweise für Stratocaster- & Gibson-Klänge bekannte Kalifornier hier des weiteren Drum Machine und (simulierte) Analog-Synthies zum Einsatz, seine Jicks haben Sendepause. "It´s fun to mess with things that you´re not supposed to" bringt es Malkmus auf den Punkt.

http://stephenmalkmus.com

electro 10 19 stephen malkmus

dominik eulberg - mannigfaltig

!K7 / Indigo

electro 02 20 eulberg

Mannigfaltiger Natural-Techno gegen Kilmawandel, Artensterben & neoliberale Tristesse. Videoclip Neuntöter. Ein weiteres begleitendes Video, zu Goldene Acht, stammt naheliegenderweise vom bekannten Naturfilmer Jan Haft (u.a. Die Wiese).

www.dominik-eulberg.de Wer Kontakt zum Künstler aufnehmen möchte, macht das am besten mit einer Anfrage bzgl. einer heimischen Tier- oder Pflanzenart: Eulbergs Bestimmungsservice

 
 

Auch auf seinem fünften Studioalbum bringt Soundkauz Dominik Eulberg die Natur in den Techno. Über seine elektronische Musik den Hörern auch Flora & Fauna nahezubringen, ist seit Jahren schon Eulbergs erklärtes Ziel und in Zeiten, wo es in der Welt ökologisch & politisch drunter und drüber geht, dürfte sich eine am Ansatz des Westerwälder DJs interessierte Hörerschaft stetig vergrößern. In seiner klingenden Outdoor-Nische kombiniert Eulberg minimale Elektronik mit Field Work-Aufnahmen, tanzflächentaugliche Beats tauchen erst nach gut einer halben Stunde Spielzeit auf, beim Track Fünffleck-Widderchen, der seinen Titel einem nachtaktiven Schmetterling verdankt. Neun Insekten, zwei Vögel und ein Nager haben es in die Tracklist von Mannigfaltig geschafft, wie in einem naturkundlichen Schaukasten säuberlich auf dem Cover in Formation drapiert - von Eintagsfliege, Faltern & Käfern über Dreizehenspecht & Neunöter bis zum Siebenschläfer (um hier die numerische Einsbiszwölfer-Ordnung einmal aufzubrechen).

le café abstrait - volume 13 / Kontor Sunset Chill 2020 Winter Edition

beide: Various Artists - Stereo Deluxe / Tonpool * Kontor / Edel

Bei der 13. Folge angekommen ist die le café abstrait-Serie des von Hamburg aus operierenden, umtriebigen Franzosen Raphaël Marionneau, der wenn er nicht auflegt, Planetarien beschallt oder klassische deutsche Stummfilme live vertont - oder eben immer weiter Tonträger mit genreübergreifend ruhigem Material in seiner Reihe herausgibt. Volume 13 ist einmal mehr dreigeteilt, diesmal in eine erste Sonntagnachmittags-Session, einen zweiten Teil, mit dem Marionneau erklärtermaßen "versucht, den Sonnenuntergang im Sommer einzufangen", sowie eine abschließende dritte CD mit vom Meister für sommernächtliche Aktivitäten empfohlenen Klängen. Insgesamt satte 44 Tracks - geneigte Fans reden anhand der betont international gehaltenen Zusammenstellung gar von Klangarchitekt RMs bisher bester. Es wird kaum die letzte bleiben.
www.abstrait.net

 
 

electro 10 19 cafe abstrait 13

In Erfüllung der Chronistenpflicht auch noch der Hinweis auf den neuesten gut vierstündigen Mix aus 60 (!) Deep House & Chillout-Tracks, den das Kontor-Label in schöner Regelmäßigkeit sommers wie winters unter das tanzwillige, aber danach auch immer wieder relativer Ruhe bedürftige Volk streut - Marke "Alltagsstress vergessen und auch im Winter entspanntes Urlaubsfeeling auf dem heimischen Sofa". Die Menge macht es einmal mehr für Fans der Serie - mit dabei auf den drei Cds diesmal eine erklärtermaßen eher winterliche Mischung von Routiniers und Newcomern im Tanzflur-Biz: Ben Böhmer & Fritz Kalkbrenner, Lane 8 & Tinlicker, Yotto, Joris Voorn, Sebjak, Eelke Kleijn, Nora En Pure, Super Flu, Andhim, Kevin Yost, Kollektiv Turmstrasse, Budakid, Jan Blomqvist, Agoria oder Maya Jane Coles (u.v.a.)., meist in Extended Versions.

https://kontorrecords.de

 

electro 02 20 kontor winter chill

fliederkind - zeitgestalt

Motor Entertainment / Edel

Das ist dann doch ein bissl arg Rückwärts Durch Die Zeit, was die befreundeten Immer-mal-wieder-Musiker Egbert Schark & Maximilian Schäfer "nach langer Schaffenspause zwischen Schülerband und Fliederkind" für ihr 2019er Projekt ausbaldowert haben. Mehr soll aus dem kruden Waschzettel gar nicht zitiert werden, doch auf Zeitgestalt präsentiert das Hamburg-Wiesbadener Elektronik-Duo eben einen unausgegorenen, so offensichtlich wie wenig gekonnt Kraftwerk oder Depeche Mode zitierenden 80´s Aufguss. Fatalerweise wird es, nach dem mit etwas gutem Willen noch durchhörbaren Opener auf Albumlänge dann auch noch im Tempo stetig langsamer, so dass auch die Texte immer mehr Nervpotential entfalten: "Licht ist, was wir öfter bräuchten in dem fahlen Seinsgeviert..." Nicht umsonst (aber fast) wird dieser Fehlschuss mit dem Schreckenscover im Internet mittlerweile für Cent-Beträge verramscht.

Flop

electro 10 19 fliederkind 25 10

 http://fliederkind.de

© cinesoundz 2019 / 2020