reviews 10&11-09 jazz

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 Jan Garbarek Group - Dresden
ECM - Universal
 
  LIVE-TIPP
 
 
Der Schlaganfall des stilprägenden Bassisten Eberhard Weber machte kurz vor Tourbeginn 2007 eine Neuaufstellung des Ensembles von Jan Garbarek nötig. Das mit dem kurzfristig dazugestossenen Basilianer Yuri Daniel gleich die erste Liveaufnahme Garbareks überhaupt zustande kommen würde, hätte vermutlich nicht einmal ECM-Chef Manfred Eicher beschworen, der Garbarek letztlich als Co-Produzent von der Qualität der nun zum 40-jährigen Jubiläum des Labels afuf zwei Cds erscheinenden Dresdener Aufnahmen überzeugen konnte. Altes und neues Repertoire wie „12 Moons“, „There were Swallows“, „Voy Cantando“ oder „Paper Nut“ wird vom sich wacker schlagenden Bass-Neuling und den bewährten Mitstreitern Rainer Brüninghaus an Klavier und Keyboards sowie Manu Katché am Schlagzeug neu belebt, während der Chef selbst neben diversen Saxophonen auch einmal, für das interessante "Nu Bein" zur norwegischen Seljeflöte greift und zur Hochform aufläuft. Die Jan Garbarek Group im Herbst auf großer Deutschland-Tour: www.garbarek.com/ (in München am 15.11.09 Philharmonie im Gasteig)

David Sylvian - Manafon
Samadhisound - Galileo MC

Das scheue Reh im Wald. David Sylvian bewohnt schon seit einiger Zeit ein Waldhaus in New England und verbringt nach eigenem Bekunden derzeit 90% seines Lebens dort allein. Wer nach dem -als Verarbeitung von Lebenskrise und Trennung- bereits arg introspektiv geratenen Vorgänger "Blemish" auf ein zugänglicheres Album gehofft hatte, wird mit "Manafon" nicht erhört. Rhythmen oder grössere Arrangements fehlen hier völlig. Sylvians Musik funktioniert derzeit fernab der landläufigen Song-Harmonik: allein seine einzigartige, tief-sonore Stimme steht im Mittelpunkt von langen Sessions mit freien Klangfeldern, in denen er sich mit Musikern wie Evan Parker oder Christian Fennesz vorantastet. Textlich verabschiedet sich Sylvian von Mediation und Heilslehren früherer Zeiten und stellt seinen Glauben in Frage ("Small Metal Gods"). Aufgenommen wurde in den USA, sowie bei zusätzlichen Sessions in London und Tokyo. Sylvians Japan-Connection funktioniert also noch, was auch die exquisite grafische Verpackung andeutet, die sich diesmal zwischen Atsushi Fukui/Yuka Fujii und dem niederländischen Künstler Ruud van Empel (Cover) aufteilt.
 

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Roy Nathanson - Subway Moon
 
 Yellowbird / Enja
 
 

Jazz Passenger-Co-Leader Roy Nathansons Konzeptalbum zum New Yorker Untergrund fasziniert mit Spoken Word Poetry, Beat Boxing, subtilen Gesang- und Instrumentalarrangements, sparsamem Geräuscheinsatz und auch etwas Pop, vom Kaliber O´Jays bzw. Gamble & Huff: Schon der Einstieg mit der entschleunigten "Love Train"-Version nimmt für die folgenden Ideen des Saxophon-Poeten ein, die dieser passenderweise bei seinen täglichen U-Bahnfahrten zur Arbeit zwischen Brooklyn und Manhattan niederschrieb. Im Ergebnis Wort und Musik in symbiotischer Wechselwirkung, auf Albenlänge. Mögen möglichst viele Hörer durch diese neue CD auf Roy Nathanson und auch die Jazz Passengers neugierig werden.
www.myspace.com/roynathanson

 
TIPP

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 Diana Krall - Quiet Nights (Limited Edition)
 
 Verve - Universal
 
 

Diana Kralls im Oktober anstehende kleine Deutschland-Tour ist uns Anlass, die Limited Edition ihres im Frühjahr erschienenen bemerkenswerten Albums "Quiet Nights" vorzustellen. Auf die beigegebene DVD kann man getrost verzichten, alles eher lustlos abgefilmt und die kanadische Chanteuse wirkt recht zerknautscht, auch beim Trio mit Ehegesponst Elvis Costello und dem dicken Elton John. Da hört man lieber die soliden Brazil- und West Coast-Jazz-Standards noch einmal, immerhin hat der fantastische Claus Ogerman als Orchester-Arrangeur und Dirigent hier für lässige Eleganz und Atmosphäre gesorgt. Tommy LiPuma musste da nur noch den Executive Producer geben. Zwei Bonustracks. Anspieltipps: "I´ve Grown Accustomed to Your Face" und Bacharachs "Walk On By". Im Oktober live in Deutschland. München steht am 9.11. an: Philharmonie.


Gong - 2032
A-Wave/G-Wave - Indigo

"We come from an alien nation..." Glaubt man sofort, wenn sich die Prog-Jazzrock-Psychedelic-Urgesteine um Ober-Australo-Indianer Daevid Allen, Space-Großmutter Gilli Smyth und Tubular Bell-Partizipant Steve Hillage aus der vermeintlichen Gruft erheben, dabei ist nur Pierre Moerlen wirklich richtig tot und kann deswegen nicht mitmischen. GONG ist wieder mal da. Und führt sich geschickt in ganz ungewohnte Kreise ein, mit einem bemerkenswerten Video (wie schon Air´s Videoteam aktuell entdeckt hat, ist der Bruno Bozzetto der klassischen, analogen Phase ein genialer Animator gewesen) für "How To Stay Alive", kreiert vom japanischen Mood Magic-Team, bei dem Allen als Beat-Poet jwd durchs All kreist. Auch das restliche Album ist eine Art spaciges Füllhorn. Da dürfte sich ein buntgemischtes Völkchen bei den im November anstehenden Konzerten versammeln. Wir sind gespannt! Vom 8. bis 12.11. in Deutschland auf Tour, u.a. am 8.11. in München, im Metropolis!

 
LIVE TIPP

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LIVE & VIDEO-TIPP!

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 Don Grusin - The Hang
 
 Care Music - Edel
 
  LIVE-TIPP
Das in der Rubrik "Best Contemporary Jazz Album" grammy-nominierte Album der All-Star-Band "The Hang" ist auf Initiative von Jazzpianist Don Grusin zustandegekommen. Sein Bruder Dave, GRP-Gründer und filmmusikalischer "Peanuts-Erbe" ist mit dabei, des weiteren u.a. Lee Ritenour, Sadao Watanabe, Ernie Watts und Patti Austin. Funk, Fusion und ein Schuss Weltmusik würzen den lockeren Mainstream-Jazz dieses Groß-Ensembles. Natürlich kriegt man Jazzer dieser Preisklasse nicht über längere Zeit zusammen. Ein Konzert in den USA wurde für die vorliegende
Edition mitgeschnitten und auf DVD beigefügt. In Deutschland werden die Brüder Grusin immerhin mit Ritenour und Will Kennedy touren (s.u.)
www.dongrusin.com
Don, Dave & Lee live mit zwei deutschen Gästen, Wolfgang Schmid & Nils Wülker ab Ende Oktober in Deutschland unterwegs. So am 4.11. im Münchner Bayrischen Hof-Kellerclub, am 7.11. bei den Ingolstädter Jazztagen.
 

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 Charlie Mariano with Philip Catherine & Jasper van´t Hof - The Great Concert
 
 Enja Records - Edel
 
 
 
Nochmalige Ausnahme von unserer"Live-Konzerte eher selten"-Regel:Am 2. Mai 2008 versprühten die Altmeister Charlie Mariano (alto sax), Philip Catherine (git) und Jasper van´t Hof (p) im Theaterhaus Stuttgart eine solche Spielfreude, dass der Albumtitel "The Great Concert" keine Übertreibung darstellt. Zudem ist diese Veröffentlichung dem Gedenken an den, lange in Deutschland lebenden, großartigen Altsaxophonisten Mariano gewidmet, der im Juni diesen Jahres 85-jährig vestorben ist. Und damit einer Jazz-Karriere, die nach Arbeit mit Embryo oft Berührungspunkte zur Weltmusik beispielsweise eines Rabih Abou-Khalil aufwies, mit dem er oft zusammenspielte. Weitere klingende Stationen seiner Arbeit: United Jazz & Rock Ensemble, Toto Blankes Electric Circus, Eberhard Weber, Stan Kenton oder Charles Mingus. Ein Grandseigneur des weltoffenen Jazz. R.I.P.
 

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 Rolf Kühn - Close Up
Jazzwerkstatt
 
 

Rolf Kühn, Jazz-Klarinetten-Urgestein mit einer seit den 50ern andauernden, beispiellosen Laufbahn dies- und jenseits des Atlantik beging am 29.9. seinen 80. Geburtstag. Kühn spielte nicht nur mit Albert Mangelsdorff, seinem jüngeren Bruder, dem Pianisten Joachim Kühn, oder internationalen Stars wie Randy Brecker und Chick Corea zusammen, sondern war in jungen Jahren schon bei Benny Goodman oder Tommy Dorsey als Ensemblemusiker gefragt. Der in Köln geborene, in Leipzig aufgewachsene und in Berlin lebende Altmeister setzt sich mitnichten zur Ruhe, sondern ist mit einigen der auf dieser zum Jubiläum erscheinenden CD vertretenen, sehr viel jüngeren Musiker wie Matthias Schriefl auch live zu erleben. Mit einem Quartett wird das souveräne, muntere „Close up“ am 30.10. in der Berliner„Jazzwerkstatt“, am 12.11. im Nicolai-Saal in Potsdam und am 14.12. im „Porgy & Bess“ in Wien präsentiert.


Jazz - Lyrik - Prosa - Peter Hacks - Die Menschen sind lustige Leute Various Artists - Eulenspiegel - Edel

Die in den frühen Sechzigern von "DDR-Jazz-Pabst" Josh Sellhorn ins Leben gerufene, von Manfred Krug und den Jazz-Optimisten bekannt gemachte Programm-Reihe "Jazz-Lyrik-Prosa" sorgten drüben für volle Häuser. Seit 1997 touren alte und neue Ensemblemitglieder wie Gastsolisten wieder, belegt durch diverse Mitschnitte des Eulenspiegel-Verlages. Die jüngste Jazz-Lyrik-Prosa-Sause aus diesem Jahr bietet eine muntere Revue zu Ehren des wichtigen DDR-Dramatikers, Lyrikers und Essayisten Peter Hacks, u.a. mit Wortbeiträgen von Wiglaf Droste, Cox Habbema oder Annekathrin Bürger. Das Berliner Jazz Collegium und das ebendort verortete Swing Duo musizieren im Rücken von Ruth Hohmann dazu. Ganz nach Hacks: Es gibt kein Recht auf Heiterkeitsverzicht...


Thärichens Tentett - Farewell Songs
Traumton - Indigo

Der Pianist Nicolai Thärichen aus Berlin mit seinem vierten Tentett-Album, das u.a. ein gelungenes AC/DC-Cover ("Up To My Neck In You") und die dreiteilige, seinem verstorbenen Vater gewidmete "Farewell Suite" zu bieten hat (Thärichen ist 39). Weiterhin einen Michael Schiefel am Mikro, der im quer durch die Genres jagenden "On Being A Woman" alles geben muss. Sven Klammer, Jan v. Klewitz, Andreas Spannagel, Nikolaus Leistle, Sören Fischer, Kai Brückner, Johannes Gunkel und Kai Schönburg koplettieren das Zehnerpack. Mit diesen Herren wird es nicht langweilig.
www.thaerichen.de


Frau Contra Bass - Saal 3
Klangraum / poolmusik - Edel

Katharina Debus und Hanns Höhn wagen sich als Frau Contra Bass auch mit ihrer zweiten CD an diverse Popcover - von Michael-Gotthabihnselig-Jackson über Wonders Stevie bis Uns Udo Lindenberg. Kein reines Hitprogramm, das wäre nun zu einfach. Auch Überraschungen wie Thomas Dolbys "The Key To Her Ferrari" sind mit von der Partie. Mit dem neuen Programm waren die beiden gerade landauf landab live unterwegs. Und Saal3 ist Albumtitel deshalb, weil im gleichnamigen , mittlerweile denkmalgeschützten Studio im Funkhaus in der Berliner Nalepastrasse aufgenommen wurde.

www.fraucontrabass.de/


Sharon Brauner - Glücklich Unperfekt
Unitedshape Music Company - Edel

Und nochmal in die Haupstadt: Die 40-jährige Berliner TV-Schauspielerin und Sängerin ihrem zweiten, selbst komponierten deutschsprachigen Album, erneut ohne Platten-Major im Rücken, allein der Vertrieb wird über Edel abgewickelt. Jazz-Pop mit Chanson- und gelegentlichen Bossa-Nova-Einflüssen wird geboten, und mit „glücklich unperfekter“ Liebeslyrik vom Moment des Verliebens bis hin zu ungeliebteren Nachwehen angereichert. Und das über weite Strecken nicht uncharmant, heiter bis leicht melancholisch, mit einem Quentchen Selbstironie. Mit "Tsufil lib" ist auch ein jiddisch gesungenes Stück im Programm. Seit diesem Jahr tritt die Nichte des Film-Produzenten Arthur "Atze" Brauner auch wieder live mit ihrer Backing Band „The Jewels“ auf. Aktuelle Konzert-Termine unter:
www.sharonbrauner.de
 
LIVE-TIPP

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LIVE TIPP, s.u.

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