REVIEWS JAZZ 05-2018


 

jazz 04 18 Youn Sun Nah

Live am 27.04. im Münchner Prinzregententheater: Youn Sun Nah bei den JAZZ NIGHTS

Sly & Robbie meet Nils Petter Molvaer - Nordub

Okeh / Sony

Ein beachtlicher Dub-Jazz-Hybrid steht ins Haus, das war jedem klar, der eines der zahlreichen Zusammentreffen der Riddim Twins mit Nils Petter Molvaer, Eivind Aarset & Vladislav Delay seit 2015 live miterleben konnte. Nun also auch als Tonkonserve: und ihre skandinavischen Jazz-& Beyond-Kollaborateure präsentieren: Nordub, als Summe von Dunbars messerscharfem Metronom, Shakespeares stoischem Bass, Molvaers herumwandernder, verfremdeter Trompetenschleifen, Aarsets zerrender Rock-Gitarre & Delays elektronischen Sound-Wolken.  Mittlerweile glänzend eingespielte Akteure aus vermeintlich entgegengesetzten geographischen und musikalischen Ecken verschmelzen in Hochform und schicken der geneigten Hörerin ein psychedelisches Genre-Clash-Gewitter auf die Kopfhörer. Fusion at its best. Auch als limitiertes Doppel-Vinyl. Play Tracks 1-3,6,7,10. Nordub-Labelsite* Sly & Robbie Webpräsenz * N.P. Molvaer Webpräsenz * Live @ Warsaw Summer Jazz Days * Live @ Schloss Elmau

TIPP!
 

jazz 04 18 SlyRobbieMolvaer Okeh Sony

Ob die Akteure How Much Are They (Wobble/Czukay/Liebezeit) kannten?

Van Morrison & Joey DeFrancesco - You´re Driving Me Crazy

Exile / Sony

Miss Otis bedauert absagen zu müssen, Van Morrison dagegen lustwandelt weiter auf dem Jazz-Pfad. In der Nachfolge von Versatile aus dem letzten Jahr tut sich der brummige Nordire aktuell mit Trompeter & Organist Joey DeFrancesco & Band für You´re Driving Me Crazy zusammen. Hammond-Virtuose DeFrancesco & Co legen sich dabei natürlich nicht mit Sir Van an, sondern fügen sich meist in die Rolle kongenialer Begleiter zum Gesangsvortrag des gelegentlich doch arg am Limit knödelnden Meisters. Erwartbar dabei Blues- & Jazz-Standards wie The Things I Used To Do, doch auch Klassiker aus Morrisons Feder wie Have I Told You Lately, The Way Young Lovers Do, Magic Time oder das abschließende Celtic Swing werden neu gegeben, all das selbstverständlich Close enough for Jazz... Am 01. & 02. August zwei Van Morrison-Live-Auftritte in Deutschland. www.vanmorrison.com * www.joeydefrancesco.com

LIVE
 

jazz 04 18 van morrison

Indra Rios-Moore - Carry My Heart

Verve / Universal

Immer für eine tolle Cover-Version gut und - laut Jazz Times - mit einer "Stimme wie Milch & Honig" gesegnet: die amerikanisch-puerto-ricanische Sängerin Indra Rios-Moore. Die Tochter des Jazz-Bassisten Don Moore hat in den letzten Jahren von ihrer damaligen Homebase Dänemark aus schon verschiedentlich aufhorchen lassen. In München war die mittlerweile in Barcelona residierende New Yorkerin bereits, um sich 2016 den Jazz Award der BMW Welt abzuholen. Nun kommt sie, mit dem bei Verve veröffentlichten, feinen Solo-Album mitsamt seiner Gospel-, Blues- & Pop-Anleihen im Gepäck erneut an die Isar und tritt mit ihrem Gegenentwurf zur politisch-gesellschaftlichen US-Realität im intimen Rahmen der Unterfahrt-Katakomben auf. Not to be missed...* www.indrariosmoore.com *Anspieltipp: Track 6, Be Mine * Introducing Video-Clip* Deutschland-Live-Dates! Am 01. Mai in der Münchner Unterfahrt, am 02.05. im Berliner A-Trane und am 05. Mai beim Movimentos-Festival in Wolfsburg. Dann am 13.07. wieder, bei den Stuttgarter Jazz Open. www.indrariosmoore.com

TIPP & LIVE
 
 

jazz 04 18 IndraRiosMoore

Maceo Parker - It´s All About Love

WDR - Leopard / Goodtogo

Funk & Soul-Ikone Maceo Parker, kürzlich erst durch das opulente Life on Planet Groove - Re-Issue geehrt, beglückt zu seinem 75. (!) Geburtstag 2018 die Fans seinerseits mit seinem ersten Studioalbum seit 2004. Auf It´s All About Love präsentiert sich der langjährige Mitstreiter von James Brown, später von George Clinton und Prince, am Sax in guter Form. Bei fünf von sieben Cover-Tracks (u.a. Material der Isley Brothers, von Bobby Womack und Stevie Wonder, aber auch aus der Feder von Stephen Stills) agiert Parker darüberhinaus als Sänger - und macht seine Sache sehr ordentlich. Im Rücken die WDR Big Band Köln, für die Michael Abene in Sachen Arrangements zuständig war. Am Schlagzeug sitzt hier übrigens die ehemalige Prince-Schlagzeugerin Cora Coleman (mittlerweile bei Beyoncé).
Als lila Digipak-CD, sowie als 180g-Vinyl erhältlich.
http://maceoparker.com

 

jazz 04 18 MaceoParker

Portico Quartet - Untitled (AITAOA #2)

Gondwana Records / Groove Attack

"...an incredibly fertile period for us. We wrote a lot of music - too much." Die notorischen Grenzgänger des Portico Quartet um Duncan Bellamy schieben mit Unititled (AITAOA #2) den blass verpackten Nachfolger zum letztjährigen Album Art in the Age of Automation nach. Als Ergänzung konzipiert, großteils aus den gleichen Londoner Aufnahme-Sessions resultierend - und bei Voxton in Berlin gemischt, funktionieren diese Edel-Outtakes ohne weiteres auch als Standalone-Album. Die Jazz-Anteile wurden hier allerdings gegenüber Pop-Appeal, Ambient- & minimalistischen Passagen deutlich verringert. Play Tracks 2,3,7,8. http://porticoquartet.com

Ab 26.04. auf Tour, immer wieder auch in Deutschland - am 10.05. kommt das Portico Quartet nach München (Ampere/ Muffatwerk).
LIVE
 

jazz 04 18 PorticoQ

Robin McKelle - Melodic Canvas

Doxie Records / Membran

"Meine Phrasierungen und Voicings orientieren sich wieder mehr am Jazz - mein neues Album ist eine Rückkehr zum Wesentlichen." Die vorrangig als Interpretin gestartete New Yorkerin Robin McKelle setzt den 2016 mit The Looking Glass eingeschlagenen Weg fort. Auch auf ihrem aktuellen Album Melodic Canvas dominieren die Eigenkompositionen (sechs an der Zahl), inszeniert mit Klavier, Percussion, akustischem Bass und sparsam eingesetzter Hammondorgel. Das von McKelle arrangierte Gospel-Traditional Swing Low Sweet Chariot, eine Allen Toussaint-Nummer und das in englischer und als Bonus auch in französischer Sprache gegebene The Sun Died/Il est mort le soleil von Delanoe/Giraud komplettieren Robin McKelles melodische Leinwand im Jahr 2018 - für die Künstlerin das Äquivalent zu vielen satten Grüntönen, sandig-erdigem Beige und tiefem Blau. "Warm, gedeckt, einladend." http://robinmckelle.com * Do You Believe - Video
 
 

jazz 04 18 RobinMcKelle

Julia Biel

BrillJant / Indigo

"Ich liebe Jazzharmonien, aber ebenso das Format des Popsongs." Auch die britische Sängerin Julia Biel setzt zwischen diesen Koordinaten auf eigenes Repertoire, lediglich ein Standard (Feeling Good von Anthony Newley/Leslie Bricusse) und ein mit Co-Producer Idris Rahman gemeinsam geschriebenes Stück komplettieren den Reigen auf dem aktuellen, selbstbetitelten Album. Biel bewegt sich dabei meist im Midtempo-Bereich, ihr angerauter, sich aber auch gern in die Höhe schwingender, die Vokale dehnender Gesangsstil ist allerdings Geschmackssache, auf Albumlänge können da Ermüdungserscheinungen bei manchen Hörern auftreten. Einen prominenten Fan hat Julia Biel dagegen in Performer-Kollege Jamie Cullum. Anspieltipp: Track 3 - das herausragende, mit von Rahman arrangierten Streichern veredelte Wasting Breath. www.juliabiel.com Am 26.04. spielt Julia Biel live in Dresden, am 28.04. in Stuttgart, am 03.05. in Insbruck, am 05.05. beim Jazzfest Bonn.

LIVE

jazz 04 18 julia biel

David Friedman Generations Trio - thursday

Malletmuse Records

Der Ensemblename deutet es an, im David Friedman Generations Trio schwingt zwischen den Schlagwerken von Vibrafonist & Komponist Friedman und Drummer Tilo Weber ein Altersunterschied von mehr als vier Jahrzehnten mit. Hörbar? Kaum, im Zusammenspiel finden beide scheinbar mühelos zusammen. Zumal es hier zwischen den Polen mit dem 44-jährigen Bassisten Oliver Potratz noch eine Schnittstelle gibt. Für die Veröffentlichung ihrer Musik haben der emeritierte Professor Friedman und Ex-Schüler Weber eigens ein Label gegründet. Der erste Malletmuse-Release ist das vorliegende Debüt-Album Thursday. An vier der zehn Stücke haben Weber & Potratz mitgewirkt, der Rest stammt aus Friedmanns Feder, der auch als Produzent agiert. Beim Improvisieren geht es hier kaum akademisch, sondern meist swingend oder auch mal funky und rockig zu. Das am 15.04. angesetzte Konzert in Berlin musste leider ausfallen. http://david-friedman.de/generations-trio * Trailer

LIVE
 

jazz 04 18 David Friedman

Skydive Trio - Sun Sparkle

Grappa - Hubro

Jazzrock-Fans werden es wissen. Das Skydrive Trio besteht aus dem norwegischen Gitarren-Virtuosen Thomas T Dahl, seinem Landsmann Mats Eilertsen am Bass und dem finnischen Drummer Olavi Louhivouri. Letztere beide teilen sich die Kompositionsarbeit (bis auf einen Titel). Alle drei haben sie sich schon als Leader oder Co-Leader in diversen Ensembles behauptet. Abwechselnd laut und leise, vertrackt und atmosphärisch, verhalten und dynamisch, pushen sich die Skandinavier auf ihrem vorliegenden Album Sun Sparkle wechsel- und gegenseitig - um dann wieder für eine längere ruhige Passage gemeinsam vom Gas zu gehen. Rein instrumentale, teils angedüsterte und nicht immer einfache nordische Kost ist hier geboten - spieltechnisch auf hohem Niveau. Play Tracks 1-3,8. http://hubromusic.com/skydive-trio-sun-sparkle

 
 

jazz 04 18 sky dive trio

freedoms trio II * paulo morello - sambop

Losen Records * In & Out / beide: In-Akustik *

1 "Freedom is definitely a healer, and it comes with a smile." Der zwischen Stockholm und Recife pendelnde norwegische Gitarrist Steinar Aadnekvam hat sich für sein Freedoms Trio II erneut mit dem aus Mosambik stammenden Drummer & Sänger Deodato Siquir und dem brasilianischen Bassisten Rubem Farias zusammengetan. Bereits mehr als 100 Konzerte hat das Musiktraditionen dreier Kontinente vereinende Trio bereits seit der Veröffentlichung des Albumvorgängers Freedoms Trio auf der Habenseite. Und auch mit der zwischen Samba, Afro-Rock, Funk und Jazz changierenden Nummer Zwo wird es hierzulande zu weiteren Live-Begegnungen kommen. Am 21.04. live auf der Bremer Jazzahead, dann wieder vereinzelt im August & September in Deutschland. Live @ Jazzahead-Video * www.steinarguitar.com * www.freedomstrio.com 

LIVE

jazz 04 18 Steinar

2 Im Geiste Brasilianer. Der an der Hochschule für Musik in Nürnberg als Dozent für Jazz-Gitarre tätige Cornelius Paul Schmidkunz frönt seit Jahren als Paulo Morello seiner Leidenschaft für brasilianische Musik. Der Titel des vorliegenden Albums Sambop deutet das Programm an, für das sich Morello mit drei brasilianischen Routiniers zusammentut - denn eben zwischen Samba & Bop bewegt sich das mit Lula Galvao (git), Eduardo `Dudu´ Penz (b) & Mauro Martins (dr) im Bonner Hansahaus eingespielte Repertoire. Mal werden Duke Ellington oder Cole Parter einer Sambafizierung unterzogen, mal brasilianische Nummern mit jazzig-boppigen Soli versehen. Vier Stücke stammen von Morello selbst und in den höchsten Tönen gelobt ("burning & swinging from the first note") wird das von keinem Geringeren als Randy Brecker, mit dem Morellos Gibson L5 schon verschiedentlich getourt ist.
Album-Trailer
www.paulomorello.com

 

jazz 04 18 Morello

Emil BrandqVist TRio - Within A Dream / Moca - Cabriolet

Skip / Soulfood * Chin Chin / Nova MD

Wie im Traum läuft es derzeit für das Emil Brandqvist Trio. Schon das Vorgängeralbum Falling Chrystals von 2016 hatte es bis auf Platz 7 in den deutschen Jazzcharts gebracht. Nach einer Reihe von erfolgreich absolvierten Konzerten & Festivalauftritten sind die Erwartungen an das Anfang Mai anstehende vierte, von Brandqvist & Skip-Labelchef Bernd Skibbe produzierte Album Within A Dream noch einmal gestiegen. Das Ensemble um den Göteborger Schlagzeuger betont dabei zunehmend die Beiträge der übrigen beiden Mitglieder, des finnischen Pianisten Tuomas A. Turunen, der unlängst ebenfalls ein Solo-Werk beim Label veröffentlichte und des Kontrabassisten Max Thornberg. Beide steuern diesmal ebenfalls gefällige Kompositionen bei, während Langzeit-Kollaborateur Martin Brandqvist als vierter Mann erneut zusätzlich für Flöten-, Klarinetten & Bassklarinetten-Akzente sorgt. Im Mai bis in den Juni ausgedehnte Livetätigkeit im deutschen Raum - check out: http://emilbrandqvisttrio.com

LIVE

jazz 04 18 Brandquist

Die Bochumer Becker Brothers & Co mit ihrem dritten Tonträger. moca, das medial den Ball stets flach haltende, vom Quintett zum Trio geschrumpfte Ensemble um Hans Christian (keys) & Martin (git) Becker serviert nach einer längeren Veröffentlichungspause nach Wroooooooooam von 2003 und Tempomat von 2007 mit cabriolet erneut ein vom Titel her automobil aufgemachtes Album. Im überwiegend instrumental gehaltenen Uptempo-Bandsound mischen sich Funk, etwas Jazz, eine Prise Latin, Lounge- & Electro-Anklänge - ohne große Ecken & Kanten. Da wirkt vieles wie gehobenes Library-Programm. Auf zwei Tracks steuert Freakpower-Gast Ashley Slater Vocals & Lyrics bei. Der alte Tito Puente/Santana-Latin-Klassiker Oye Come Va ist die einzige Fremdkomposition, die die gut vernetzten Ruhrpott-Studiocracks hier denn auch gleich personell aufgestockt - in Kooperation mit der WDR Big Band - zum Besten geben. http://www.moca.de 

 

jazz 04 18 Moca

Thilo Seevers Ensemble - Story Telling / Reis Demuth Wiltgen - Once In A Blue Moon

Unit Records / Membran * Cam Jazz / Harmonia Mundi

Last but not least zwei weitere Piano-Trios, die ihre aktuellen Longplayer beide im italienischen Udine aufgenommen haben. 1 Auch das österreichische, vom Land Steiermark unterstützte Thilo Seevers Ensemble (Tse) ist so ein bewährtes Dreigestirn, denn mit dem alle Kompositionen verantwortenden, klassisch ausgebildeten jungen Bandleader am Piano spielen auf den in den ArteSuono-Studio-Aufnahmen für Story Telling Bassist Ivar Roban Krizic und Drummer David Dresler. Songstrukturen sind kein No-go - mal klingt es eher poppig, mal jazzig, mal impressionistisch. Und auch für Melodien und ruhigere Passagen ist im `Tse´-Improvisationsgarten Platz. Am 05. Mai live im Sendesaal Bremen, dann regelmässige Auftritte in Österreich - check out: www.thiloseevers.com

LIVE
jazz 04 18 thilo seevers

2 Während ihrer Zeit als Gymnasiasten, vor mittlerweile 20 Jahren, spielten drei der bekanntesten Musiker Luxemburgs, Pianist Michel Reis, Bassist Marc Demuth und Schlagzeuger Paul Wiltgen, erstmals zusammen. Nach einer mehr als zehnjährigen Pause trafen die drei Freunde sich erneut und gründeten 2011 das jetzige, gleichberechtigte Jazz-Trio. Reis & Co. müssen sich international nicht verstecken: als `Export Artist of the Year´ ausgezeichnet, öffneten sich bald weitere Türen für die versierten Studiomusiker, die heuer im März gerade erst mit Joshua Redman auf Tour waren. Ein zweites Album entstand 2016 in New York, für Once in a Blue Moon ging es nach Italien. Das Album erscheint aktuell bei Cam Jazz, nachdem es in den Label-eigenen Studios in Udine eingespielt wurde. Liner Notes vom schottischen Penguin Guide-Autoren Brian Morton. http://reisdemuthwiltgen.com

 
 

jazz 04 18 ReisDemWiltgen

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