reviews 6-08 filmmusic

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Scarlett Johansson - Everywhere I Lay My Head

Rhino / Warner
 
Man könnte spekulieren, daß Scarlett Johansson etwas in der Art wie die legendäre Kollaboration von Nick Cave und Kylie Minogue schaffen wollte. Jedenfalls wurde ein komplett Tom Waits gewidmetes Album aufgenommen. Nach dem Orgel- und Bläserintro überrascht in "Town with no Cheer" die Tiefe ihrer Stimme nur diejenigen, die ihre Filme nicht im englischsprachigen Original kennen. Verpackt in dissonant- eigenwilligen Synthiesound singt die Jungdiva im Rahmen ihrer stimmlichen Möglichkeiten - öfter im Off oder von Gästen wie David Bowie dominiert. Die elektrobombastischen Arrangements treiben Waits irgendwie den dunklen Schweiss aus, ermöglichen also zumindest einen ungewohnten Blik auf seine Kompositionen - insgesamt ein merkwürdiger Musik-Klops. Immerhin nicht vorhersehbar und kein Konsenspop. Mal sacken lassen.  
 
 
Mufuti Twins - Crooning Over Sperrmüll Tapes
 
 allscore media / Indigo  
 
 
Ausgangspunkt für das Projekt der Mufuti-Zwillingsbrüder im Geiste Christofer Kochs und Markus Mehr waren tatsächlich 2003 im Augsburger Antonsviertel im Sperrmüll gefundene Tonbänder. Zu diesen Aufnahmen des vergessenen Arrangeurs Joachim Ewen, die um zusätzliche Percussion, Gitarre, Background Vocals und Mundharmonika ergänzt, sowie neu geschnitten und gemastert wurden, gesellten sich nach und nach Aufnahmen der Größen Peter Thomas (u.a. "Raumpatrouille Orion"), "Edgar Wallace") und Gerhard Heinz (u.a. "Schulmädchen-Report") Zur weiteren "Mufutisierung" (Thomas) der Aufnahmen gehörte das natürlich stark an Louie Austen erinnernde Crooning von Kochs im Stile hart arbeitender Entertainer von Welt.Ein ungewöhnliches Album, für das den Mufutis und dem Stuttgarter Label Fortüne zu wünschen ist.
PlayTracks 8, 13.


Nils Petter Molvaer - Re-Vision

Sula / EmArcy / Universal Jazz

Für den norwegischen Jazz-Trompeter und Arrangeur Nils Petter Mollvaer geht es ganz natürlich in Richtung Filmscore. Auf "Re-Vision" finden sich Soundtrackteile dreier Produktionen, als deren kleinster gemeinsamer Nenner ein Gefühl der Einsamkeit gelten kann: die Einsamkeit des Polarforschers Amundsen in "Frozen Heart", die eines zwölfjährigen, in Stockholm gestrandeten Jungen aus dem Mittleren Osten in "Hoppet" und die eines depressiven Versicherungsvertreters in "Edy". Drei Filme, ein Gefühl - daher auch ein Album, dessen Klangsynthese mit weiten Flächen, urbanen Grooves und wiederkehrenden Trompeten-Melodiefragmenten wie aus einem Guss wirkt und auch losgelöst von den Bildern der weniger bekannten Filme funktioniert. Derzeit arbeitet Molvaer an der Musik zum deutschen Film "Hanna´s Words", einem "modernen Märchen" der Mediopolis Film- und Fernsehproduktion.

 







 
 
 Greatest Love Songs  
 Various Artists – Disney / EMI  
 

Mit Micky & Minnie einfach, aber effektiv verpackte Doppel-CD mit Love Songs aus sechs Jahrzehnten "schmaltzy romance" - aus Animationsklassikern wie "The Lady and the Tramp" (´Bella Notte´), "Pinocchio" (´When You Wish Upon a Star´), "Bambi" (‘Looking For a Romance’), "Cinderella" (‘So This is Love´), "Snow White and the Seven Dwarves" (‘I’m Wishing/One Song’) oder "Robin Hood" (´Love´). In der Mehrzahl gibt es allerdings Menken & Co-Musical-Stücke aus den moderneren Disney Blockbustern wie "Aladdin", "Pocahontas", "The Lion King" bis hin zu Enchanted (‘True Love’s Kiss’) zu hören, deren hin & wieder passablen Melodien meist die meterdick aufgetragene Instrumentierung und pathetische Intonation den Garaus macht. Menken unplugged wäre dochmal eine Herausforderung. Mehr klassischer Disney wäre an dieser Stelle willkommener gewesen...Kiss The Girl.
 



 
 
Greatest Musicals
 
 Various Artists - Disney / EMI  
 
 
Und noch eine neue Doppel-CD-Kollektion mit 42 Songs aus Disney-Filmen (die meist eh als Musical durchgehen) und einigen Bühnenproduktionen. Mit den High School Musical-Einstieg (und dem abrupten Schwenk auf das "Jungle Book"-Origial "The Bare Necessities") werden ältere Semester möglicherweise ihre Probleme haben, aber seit geraumer Zeit steht der moderne Disney-Output eben auch für Schmalz der bei übermässigem Genuss eher unverträglichen Sorte. Mit einer kompletten Mary Poppins-Ausgabe (hier fehlt "Superkalifragilistisch") hätte man mehr Qualität, aber wohl weniger Kommerzialität im Angebot als mit der hier vorliegenden, heterogenen bunten Auswahl quer durch die Regale des Konzerns. Einige selten gehörte Fundstücke wie "The Age of Not Believing" aus "Bedknobs & Broomsticks" (hierzulande bekannt als "Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett") oder "Fortuosity" aus "The Happiest Millionaire" machen dennoch Freude.


The Film Music of Constant Lambert & Lord Berners

Chandos / Codaex

Die befreundeten Constant Lambert (1905-51) und Lord Berners (1883-1950) werden musikhistorisch meist mit britischer Ballett-Musik der 30er assoziiert, während uns eher der filmmusikalische Aspekt ihrer Arbeiten interessieren soll. Von Lambert sind Auszüge aus seinem Score für die Dokumentation von 1940 "Merchant Seamen" (1940) und für Alexander Kordas "Anna Karenina" (1948) enthalten. Vom oft als "Pastiche"-Komponisten abgetanen Lord Berners stammen hier Teile der Musiken für "Nicholas Nickleby" (1947), eine Suite aus der Geistergeschichte "The Halfway House" von 1944 und bester Music-Hall für "Champagne Charlie" (1944). Das BBC Orchestra wird dirigiert von Rumon Gamba. Ein ausführliches Booklet mit dreisprachigen Texten komplettiert diese willkommene Würdigung von der Kritik selten zart angefasster und in Deutschland selten gehörter Komponisten.


Ali N. Askin - Eisenhans!

Col Legno

Die Wiener Taschenoper nach "Das tapfere Schneiderlein" mit einer weiteren Oper für Kinder nach den Brüdern Grimm, einer Produktion aus der Vorweihnachtszeit des letzten Jahres. Der alte Märchenstoff wurde für "Eisenhans!" von Helga Utz zu einem Libretto geformt, der frischgebackene deutsche Filmpreisträger Ali N. Askin (für die Musik zu "Leroy") leitete die Aufführung musikalisch. Hat man sich an den Opernton gewöhnt, kann man auch als Erwachsener Spaß an der humorvollen Darbietung des Ensembles und der Story um den wilden Eisenhans, den Roten Ritter und die Vertreibung der "Scomorocen" haben. Wesentlichen Anteil daran haben die phantasievollen Arrangements des Wahlberliners Askin, dessen enorme E & U-Musik-Bandbreite -von Arbeiten mit dem Frank Zappa-Nachlass bis zu seinen Electronica-Remixen italienischer Filmmusik für Cinesoundz- ihn deutlich von der Mehrheit deutscher TV-Musikschaffender abhebt.
www.www.askin.info
mehr zeitgenössische E-Musik vom Label: www.col-legno.com


Susanne Kessel - Iceland

Oehms Classics

Islands Musikgeschichte gleicht einer Schatzkammer. Aufgrund der isolierten geographischen Lage im Nordmeer blieben musikalische Formen über Jahrhunderte lebendig, wie die vom Goethe Zentrum Reykjavik eingeladene deutsche Pianistin Susanne Kessel anläßlich eines Besuchs im Music Information Center anhand von meterlangen Regalen mit Partituren einheimischer Klavierwerke feststellte. Kessels unkonventionelle Programme, die Vertrautes mit Neuem kombinieren, haben in der Fachwelt große Resonanz gefunden, so ihre Zusammenarbeit mit dem Rezitator Lutz Görner. Die Pianistin doubelte für den Kinofilm „Blueprint“ 2004 auch Franka Potente in ihrer Doppelrolle einer weltberühmten Konzertpianistin. Diesem umtriebigen Talent verdanken wir nun eine interessante Sammlung neuer isländischer Klaviermusik. Ausgestattet mit einem opulenten Booklet incl. zweisprachiger Informationen zu allen Komponisten und schönen Luftbildaufnahmen von Peter Gebhard wurde die CD zudem gefördert von Icelandair und dem Music Information Center Island, während das mit trauriger Außendarstellung gesegnete Isländische Fremdenverkehrsamt sich einmal mehr ignorant zeigte.
 


















 





 

 

 








 
 
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