Twenties, die zweite: Glanz & Elend in der Weimarer Republik
SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT : Ausstellungs - endspurt
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In der Frankfurter Schirn geht die herausragende, von Team um Ingrid Pfeiffer kuratierte Ausstellung zur Kunst in der Weimarer Republik auf die Zielgerade. Mehr als auf dem zuletzt medial vielgepriesenen Glamour der Periode liegen Schwerpunkte hier auf den politischen und sozialen Verwerfungen der Zeit zwischen Ende des 1. Weltkriegs und Beginn der Nazi-Diktatur, die diverse beunruhigende Parallelen zu aktuellen gesellschaftlichen Phänomenen aufweist.
"Brutalität! Klarheit, die weh tut... Pinsle, was das Zeug hält - fang die rasende Zeit ein." Der Berliner Kurfürstendamm bei George Grosz (ganz oben, 1925 und hier bei Albert Birkle, 1924). Künstler als Kommentatoren und Kritiker der sozialen Verhältnisse eines nach dem Ersten Weltkrieg traumatisierten, politisch und moralisch im Umbruch befindlichen Landes. Bittere Not, Fatalismus, Zukunftsangst, aber auch das Bedürfnis nach Zerstreuung, um dem harschen Alltag zu entfliehen. Während am Tag das bettelarme Proletariat in den qualmenden Fabrikschloten der immer offener die Rechte(n) unterstützenden Schwerindustrie buchstäblich verheizt wird ... Georg Scholz: Von kommenden Dingen, 1922. Triumph des Kapitals und der Maschinen. Wissenschaft und Industrie erleben eine Blütezeit, wie vor dem Ersten Weltkrieg - zunächst bis zur Weltwirtschaftskrise 1929. Andererseits: Das Bild von der `neuen Frau´: berufstätig, emanzipiert, oft sexuell freizügig. Die Männer kehrten gebrochen aus dem Krieg zurück, während sich viele Frauen an der Heimatfront ein neues Selbstbewusstsein im Familien- und Berufsleben erarbeitet hatten. Neu: eine offenere Diskussion von Sexualität und Geschlechter-Rollen, aber auch: über eine Million illegaler Abtreibungen und die Kriminalisierung Homosexueller. Hilde Rakebrand: Selbstporträt mit Maus, 1931. Die `neue Frau´ - oft sportlich oder in selbstbewusster Pose mit Bubikopf. Ein Drittel der ausgestellten Werke stammen von Künstlerinnen. 2 Millionen Gefallene, 1,5 Millionen Kriegsversehrte. Inflation, Arbeitslosigkeit, politische Morde sind an der Tagesordnung. Das Erstarken der Nationalsozialisten, die Niederlage der Linken. Die Chance zur Erneuerung wird vertan, die Moderne wird vertagt... NOCH BIS 25. FEBRUAR IN DER FRANKFURTER SCHIRN ZU SEHEN: GLANZ UND ELEND IN DER WEIMARER REPUBLIK - DIE AUSSTELLUNG Pics © Artists / SCHIRN / HIRMER Verlag - Texts © sr - cinesoundz 2018 Siehe auch: Cinesoundz-Bookz-Special: Twenties, die Erste - Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger - inklusive Gewinnspiel. |
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Den Glamour, aber auch politische Radikalisierung & massenhaftes Elend als Kehrseite der `neuen Zeit´ dokumentiert der ebenbürtige, bei HIRMER erschienene Ausstellungs-Katalog: ... sind am Abend Zirkus & Varieté, Revuetheater und Nachtlokale voll - zumindest in der Metropole Berlin - der vielbeschworene `Tanz auf dem Vulkan´. Dörte Clara Wolff alias Dodo: Feuerwerk (für die Zeitschrift Ulk, 1929) Eine kleine Gruppe von Kriegsprofiteuren genoss das Leben in vollen Zügen, die Mehrheit kämpft ums nackte Überleben. Ebenfalls in Katalog & Ausstellung: eine Vielzahl, meist sozialdemokratischer Wahlkampf-Plakate.
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