Nosferatu now & then - Dafoe, Kinski & Schreck revisited
Undead, undead, undead... ♦ Der Vampir auf der Leinwand als kultig-tragfähiger Wiedergänger - der Reiz des Stoffs ist ungebrochen, wie die Rezeption anlässlich des neuen Nosferatu-Remakes zeigt. ♦ 1. Nosferatu - Der Untote (2023) - Robert Eggers´ Obsession ♦ 2. Nosferatu - Phantom der Nacht (1979) & Shadow of the Vampire (2000) - Die Hommagen Numero 1 & 2 ♦ 3. Oh Schreck! - Nosferatu revisited: Münchner Kammerspiele ab Januar 2025 ♦ |
nosferatu - der untote ♦
Studio B / Focus Features / UPI - D-Kinostart 02.01.25 ♦
In der US-Version ohne verzichtbaren Untertitel & mit dem besseren Plakat. Im Zentrum von Eggers´ Nosferatu: der weibliche Gegenpol. ♦ "You are not for the living..." Doch die Größenverhältnisse täuschen. Wer ruft wen in dieser zentralen Szene - wer ist Opfer? Wer übt mehr Macht & Anziehung im tödlich-lustvoll-okkulten Spiel aus? "Come to me!" ♦ "I dont like thick mustaches on my vampires..." Hier im Profil (nach ersten Reaktionen ggf. aus Marketing-Gründen) nur noch zu erahnen: the `stache´, der in den Fan-Foren flächig gehasste Schnauzer von Mythen-Filmforscher Eggers´ untotem Orlok. ♦ Nach überstandener Corona-Krise weniger betont werden Pestilenz-Aspekte (die eingesetzten Ratten fallen kaum auf) & politische Ängste (letzteres wundert beim erneuten Übergang in ein Trump-Szenario schon mehr) - allein eine diffuse Angst vor dem (osteuropäisch/slawisch angehauchten) Fremden klingt an. Die Filmgewerke funktionieren über weite Strecken in fein abgestimmtem Zusammenspiel - auch der auf die Oscar-Shortlist gesetzte Chor- & Streicher-Score von Robin Carolan sei genannt. Trotz des Aufwandes nach jahrelanger Vorbereitung (Eggers erklärte Einflüsse, u.a. der serbische Filmemacher Đorđe Kadijević, Tarkowski, Dostojewski, neben dem gesamten Genrekanon, füllen ganze Archivabteile): Es entsteht bei diesem achtbaren Nosferatu keine ikonische Symphonie des Grauens wie beim - stummen - Original, oder Magie wie in Teilen von Werner Herzogs Phantom der Nacht-Hommage von 1979. Der hierzulande überflüssigerweise vergebene, der Betonung der weiblichen Hauptrolle nicht gerecht werdende Untertitel ist zudem am allerwenigsten konkurrenzfähig.
Eggers bedient sich mal hier mal da, auch beim teils parodistischen Shadow of the Vampire aus dem Jahr 2000 und sogar beim visuell überbordenden Coppola von als Bindeglied zwischen der Orlok- und der Dracula-Genre-Lesart. Eggers´ Hauptverdienst im Verschieben bekannter Akzente bleibt wohl die Zusammenführung bisheriger, unterschiedlich starker Frauenfiguren in seiner fragilen, über sich hinauswachsenden Protagonistin. Ansonsten steht er, wie er (nach einem wahren Talk-Marathon insbesondere in den Staaten) widerstrebend zugibt, mit seinem vielgelobten, vereinzelt auch kritisierten Remake eben doch auf den Schultern von Riesen. Und die können wir ggf. spätgeborenen Interessierten ausdrücklich zum Vergleich empfehlen...
* Trailer * Film-US-Website * OST-Link * Deutsche Film-Website * * Immersive Experience Nosferatu, 18-12-2024, Hollywood, CA. |
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Mit seinem vierten Langfilm fühlte sich Hollywood-Bilderstürmer Robert Eggers (* 1983) als Regisseur ausreichend gereift für den seit Jugendzeiten mit sich getragenen Traum, einst Nosferatu neu zu inszenieren. Eggers (The Witch, The Lighthouse, The Northman) setzt in seinem Remake des legendären F.W. Murnau-Stummfilmklassikers erklärter-maßen ganz auf Romantizismus statt Expressionismus und auf seine Hauptdarstellerin Lily-Rose Depp als von viktorianischen Konventionen erstickte Ellen, die sich in der Überwindung des Monströsen für das Gute opfert, ihrem Todesverlangen nachgebend. In ihrem Schatten - buchstäblich - ein bis zur Unkenntlichkeit in Latex geklebter Bill Skarsgård (It) - länger als zu sehen ist er zu hören, im komplexen Sounddesign spricht sein Orlok in peinigender Zeitlupe osteuropäisch anmutenden, das `R´ rollenden Tiefton-Dialekt. Zwei weitere Main Character haben Vampir-Erfahrung: Ellens Verlobter Thomas Hutter (Nicholas Hoult, einst als Gehilfe von Blutsauger Nicolas Cage in Renfield) und natürlich Shadow of the Vampire-Schreck/Orlok Willem Dafoe, hier als professoraler Alchimist Abraham Van Helsing, pardon: Albin Eberhart von Franz. Emma Corrin, Aaron Taylor Johnson & Simon McBurney (als Täubchen-Gourmand Knock) bleiben die Nebenparts im Ensemble. Die Namen konnte Eggers als sein eigener Script-Adaptierer bunt durchmischen, bis hin zum fiktiven deutschen Seestädtchen Wisborg, um das Copyright des Screenplays von Henrik Galeen aus den 1920er-Jahren musste er sich nicht mehr kümmern - vor gut 100 Jahren war das Nosferatu-`Original´ aufgrund versäumter Rechteklärungen am Bram Stoker-Stoff Dracula fast komplett der gerichtlich angeordneten Vernichtung anheimgefallen. Eggers & sein Kameramann Jarin Blaschke baden mit dem im zweiten Teil öfter langatmig & theatralisch erzählten Film geradezu in gothischen Schattenbildern sowie Craig Lathrops aufwendigen Sets, überbetonen den Exorzismus-Aspekt und bedienen in Spitzen auch fleischigere Horror-Gelüste eines modernen Genre-Publikums - bis hin zur abstoßenden Nekrophilie im Finale, wenn die Schönheit stirbt und der Dämon en detail zum Skelett zerfällt. Gleichwohl ein über die Jahrhunderte in der Kunst wiederkehrendes Motiv, diese Grenzüberschreitung zwischen Liebe & Tod, aus der der Vampirmythos seine Faszination zieht. "Only you can redeem us." Von Franz begreift Ellen als einziger aus der Männer-Riege. ♦ Diesmal weniger gefordert: Willem Dafoe, im schon von Coppola ziitierten Spiel mir das Lied vom Tod-Mantel bei Sicherung von Ellens Flanke. |
Das Original zur Ansicht: https://www.youtube.com/watch?v=1WCSYDpGqcc * Filmmusik-Konzert Sendlinger Tor * Nosferatu in Wismar * Jazz-Konzert mit Michael Wollny, München * Die Berliner Ausstellung zum hundertjährigen Nosferatu-Jubiläum 2022/23: www.smb.museum/ausstellungen/detail/phantome-der-nacht/ * Nosferatu (1922) - US Fans auf Location-Tour: Wismar, Lübeck, Kassel * |
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Nosferatu - Phantom der Nacht (1979) & Shadow of the Vampire (2000) - die Hommagen numero 1 & 2 ♦
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