reviews 29 - 10 - 06 - jazz

     jazz :
     


    * soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electronica * world * audiobook *

    e.s.t. - Tuesday Wonderland
    ACT / Edel

     Für die Titelblätter der europäischen Fachpresse gibt es, wenn ein neues e.s.t.-Album oder die zugehörige aktuelle Tournee ansteht, seit Jahren nur ein Thema. "Tuesday Wonderland" ist nun bereits das zehnte Werk des Trios (die letzten neun erschienen auf ACT). Und um bei derart umfangreichem Output drohender Austauschbarkeit entgegenzuwirken, setzen e.s.t. hier gleich zu Anfang kalkuliert Akzente in ihrem wiedererkennbaren Soundrepertoire und schrecken sowohl das vom Pop herübergezogene Massenpublikum sowie die Jazz-Puristen auch mal auf. Dann klingt es allerdings wie gewohnt. Auch wenn dieses Album womöglich mangels Entwicklung nicht als eines der stärkeren in die Band-Annalen eingehen wird, das Zusammenspiel des Trios ist weiter traumwandlerisch sicher und live sind e.s.t. eh eine Bank, wenn es nicht zu elektronisch wird. Esbjörn Svensson (p), Dan Berglund (b) und Magnus Öström (dr) begeben sich aktuell, nach diversen europäischen Daten wieder einmal auf umfangreiche Deutschland Tournee im November. Ausverkaufte Hallen dürften die Regel sein. Play Tracks 3,4,5,6.
     

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     Solveig Slettahjell - Good Rain
    ACT / Edel
    Victoria Tolstoy - Pictures of Me
    ACT / Edel

    Ein unglaublicher Herbst für das Münchner Vorzeige-Jazz-Label ACT. Neben den Charts-Gold-Garanten um Esbjörn Svensson veröffentlichen auch die Schwedin Victoria Tolstoy und die Norwegerin Solveig Slettahjell neue Alben.
    Letztere, betontermassen nicht Kopf, sondern gleichberechtigter Teil des hervorragenden "Slow Motion"-Ensembles mit Trompeter Sjur Miljeteig, Morten Qvenild an den Tasten, Mats Eilertsen am Bass und dem Schlagzeuger Per Oddvar Johansen, definiert die 34-Jährige nach dem Bekanntwerden ihrer atmosphärischen, entschleunigten Cover-Versionen (das Album "Silver" von 2004 wird von ACT parallel veröffentlicht und hier noch zu würdigen sein) den Begriff „Jazz-Singer/Songwriter“ vor allem mit den bemerkenswerten Eigenkompositionen, die meist in Kooperation mit Qvenild und Miljeteig entstehen und "Good Rain" noch mahr als das tolle Debüt "Pixiedust" dominieren. Lediglich je ein kurzes Stück von V.O. Fossett und (als post scriptum) Johnny Mercer haben noch den Sprung zwischen die hochklassigen eigenen, in Bugge Wesseltofts Studio aufgenommenen Werke geschafft. Weiter so. Im Herbst live in Deutschland, u.a. beim Festival in Ingolstadt. www.actmusic.com/artist_detail.php?manufacturers_id=22

    Und auch Victoria Tolstoy aus Uppsala, die Svensson und Nils Landgren so viel zu verdanken hat, hat sich nach ihren beiden ordentlichen Alben mit "Pictures of Me" deutlich weiterentwickelt. Es gibt wieder großteils gelungene Pop-Adaptionen wie Van Morrisons "The Way young Lovers Do" oder Stevie Wonders "Can't Help It" sowie Stücke aus der Feder von Paul Simon, Peter Gabriel (als Swing) oder sogar dem Duo Woolfson & Parsons. "Strollin´" von Prince beginnt wunderbar leicht, kommt dann aber leider nicht recht zu Ende. Überraschend ist die Klasse der drei eher dunkel gefärbten Eigenkompositionen des Cellisten Lars Danielsson. Bestes Stück ist das von Pianist Jakob Karlzon komponierte und Tolstoys Ehemann Per Holknet getextete "Absentee", eine weit ins Orchester ausholende Premium-Ballade und erklärtes Lieblingsstück der Sängerin, die ebenfalls aktuell fleissig live unterwegs ist. Musikalisch und stimmlich klar ihr bislang bestes Album.

     

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    Torsten Goods - Irish Heart
    ACT / edel

    Laut “Jazzthing” schon im Kreis der "Deutschen Jazz-Nationalmannschaft" angekommen, hat der irisch-deutsche Vokalist & Bandleader Torsten Goods sich von seinem Debüt beim Nürnberger Entdecker-Label „Jazz4ever“ nun zu ACT hochgearbeitet. „Irish Heart“ ist eine Hommage an seine irische Seite geworden, mit dezent angejazzten Versionen bekannter Klassiker aus der Feder irischer Größen wie Van Morrison oder Bill Whelan und Titeln zeitgenössischer irischer Künstler sowie zwei Traditionals. Der Gitarrero interpretiert dabei meist konventionell, aber bereits bemerkenswert stilsicher und wo nötig auch mit Strings und voller Bläser-Sektion. Umfangreiche Live-Aktivitäten bundesweit im kommenden Herbst & Winter, Näheres dazu unter: www.torstengoods.de/


    Alessandro Carabelli Group - Aphrodite
    Nagel Heyer / Edel

    Zeitgenössischer talienischer Jazz erlebt fraglos eine Hochphase im In- und Ausland. Das Umbria Jazz Festival brummt wie in besten Zeiten, Rom leistet sich mit der Casa del Jazz eine feine Luxus-Adresse, Namen wie Enrico Rava, Enrico Pieranunzi, Paolo Fresu, Roberto Gatto u.v.a. haben einen guten Klang in der Jazz-Gemeinde. Nagel Heyer hat sich im Zuge dieser Entwicklung den Piano-Bandleader Alessandro Carabelli und sein zweites, vom Billboard hochgelobtes Album in die Familie geholt. Carabelli spielte bereits mit Kenny Clark, Phil Woods, Dexter Gordon, Cannonball Adderly, Joe Henderson, George Gruntz, oder Michael Brecker. Carabelli navigiert seine fünf spielfreudigen Mitstreiter zumeist durch Eigenkompositionen und auch die ältere italienische Jazz-Generation wird eingebunden: Gaststar des Albums ist Franco Ambrosetti Gato Barbieris langjähriger Mitstreiter. "Aphrodite" ist denn auch ein Werk der Liebe geworden und der Sorgfalt. "This disc is inspired by love, desire, sadness and expectation.", wie es Carabelli selbst im Booklet lyrisch ausdrückt. www.alessandrocarabelli.com

    Joo Kraus - Basic Jazz Lounge - The Ride
    Phazzadelic / Edel

    Tab-Two (mit Kraan-Bassmann Helmut Hattler) und die Mitarbeit bei De-Phazz sind bekannte Stationen in der Karriere des vielseitigen Trompeters Joo Kraus. Auch sein Soloalbum "The Ride" bietet mit 18 Tracks und 70 Minuten Spielzeit eine breite Stilpalette, handwerklich sauber, aber ohne allzu großen Wiedererkennungswert, denn unentscheiden springt Kraus zwischen Fusion, Herb Alpert-Anleihen, Till Brönner-Soundalikes und "Diskojazz" hin & her. Auch bei Sakamoto und dem Yellow Magic Orchestra hat der Joo offensichtlich öfter mal reingehört und über diese Passagen ist man fast schon dankbar. Generell sind (zumindest die männlichen) Vocals, ob gesungen oder gerapt, ein Schwachpunkt. Und zuguterletzt, bei der Tracklist meint man fast, eine Bibliotheks-CD in den Händen zu halten. Zwischen lauter "Lounge"-Schnipseln zB "Morning Song", " Spring Is Near" oder "Moonlight Serenade" - kann man Musik noch einfallsloser betiteln? Diese "Basic Jazz Lounge führt mehrheitlich nicht in den "Jazzheaven", auch wenn "No One Can Tell" einen hübschen Refrain, für Astrid North wie geschaffen, bietet. www.jookraus.de

    The Cover Art of Blue Note, Vol. 2
    Various Artists - Blue Note / EMI

    Die zweite "Pop meets Jazz-Gesang"-Compilation von Blue Note ist erneut sehr gefällig ausgefallen. Norah Jones eröffnet, Cassandra Wilson verdunkelt Stings "Fragile" noch ein bißchen mehr und bevor es zu verhangen für den Sonntags-Kafee wird, samtet sich Holly Cole durch "I Can See Clearly Now", ehemals von Johnny Nash, etc. Bei Steilvorlagengebern wie Bob Dylan, Elvis Costello, Van Morrison oder Tom Waits ist ja auch wenig zu verbocken, sollte man meinen. Meist ergibt das niveauvolle, harmonisch zusammengestellte Musik am Rande der gepflegten Langeweile, denn überraschend klingt hier fast nichts, die meisten Bearbeitungen gewinnen den den Originalen kaum neue Facetten ab - was gute Cover doch auszeichnen sollte. Wenn sich Ceacilie Norby an eine Curtis Mayfield-Nummer macht, ist das schon das Aufregendste dieser zumeist vorhersehbaren Blaupause. Das jüngste Label-Signing Jackie Allen wird bei der Gelegenheit gleich zweimal gefeatured und richtig belanglos leider: die Instrumentals.

     
     





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